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Polyarthritis & Co.: Das Leben trotz Krankheit aktiv gestalten

21.11.2011
von SMA

Zahlreiche Menschen leiden an chronischen Krankheiten und müssen ihren Alltag anpassen. Drei Betroffene sprechen darüber, wie sie mit ihren Beschwerden umgehen.

Bereits nach dem 30. Lebensjahr nahm Susanne Sieber* diskrete, wandernde Schmerzen in den Armen und Beinen wahr. Bei der Gartenarbeit taten ihr jeweils die Handgelenke weh. Weil ihre Mutter an Polyarthritis leidet, schöpfte sie Verdacht und liess sich von einer Ärztin untersuchen. Doch der Bluttest ergab keine erhöhten Rheumawerte. Vor rund sechs Jahren wurden die Schmerzen in Händen und Füssen heftiger. Ausserdem hatte sie Gefühlsstörungen und es fielen ihr vermehrt Dinge aus den Händen.

«Ich konnte es nicht mehr verdrängen», blickt die heute 52-Jährige zurück. Ein Besuch beim Hausarzt bestätigte diesmal den Verdacht: Sieber ist an einer chronischen Polyarthritis erkrankt – kombiniert mit der lästigen Schuppenflechte Psoriasis, welche sie bereits seit rund 20 Jahren regelmässig an den Ellbogen befällt. Es folgte ein mühsames Jahr: Um die schubhaft auftretenden Schmerzen zu lindern, musste sie verschiedene Medikamente ausprobieren. Sie vertrug sie schlecht, litt an Nebenwirkungen wie Übelkeit, Schwindel, Ausschlägen, Fieber und entwickelte einmal sogar eine schmerzhafte Gürtelrose. Auch die Angst vor deformierenden Spätschäden liess die Zürcherin nicht los.

«Damals haderte ich mit dem Schicksal», räumt die aktive, kulturinteressierte Frau ein. Als letzte Hoffnung blieb ein sehr teures, neueres Medikament, welches man alle zwei Wochen spritzen muss. Dieses half. Seit der Behandlung sind die Schmerzen auszuhalten. Für den Selbstbehalt fallen Kosten von jährlich gegen 3000 Franken an – doch die Besserung ist es Sieber wert. Ganz schmerzfrei ist sie auch mit den Spritzen, welche sie sich unterdessen selber setzt, nicht. Doch sie fühle sich recht gesund, sagt sie. Allzu viel nachdenken oder sich mit der Krankheit befassen, mag sie nicht: «Wenn ich abgelenkt bin, spüre ich die Schmerzen am wenigsten.»

Angst vor Spätfolgen der Krankheit

Schmerzen hat Hans Steiner* keine. Doch Spätfolgen sind auch für den Diabetiker ein Thema. Die Autoimmunerkrankung wurde bei ihm im Alter von vier Jahren entdeckt. «Ich kann sehr gut damit umgehen und habe mich nie eingeschränkt gefühlt», sagt der 45-Jährige. Während er früher Diät halten musste, ist er heute freier in seinem Menüplan. Er passt die Insulindosis einfach der bevorstehenden Mahlzeit an. «Bis jetzt fühle ich mich sehr gesund.» Etwas mehr Sorgen bereiten Steiner und seiner Frau jedoch ihre beiden Söhne.

Obwohl die Chance, Diabetes zu vererben, lediglich etwa bei 5 Prozent liegt, sind beide Kinder betroffen. «Meine Frau hat sehr mit dieser unglücklichen Fügung gehadert», sagt Steiner. Die Angst vor Spätfolgen lässt die Ernährungsberaterin, die im Spital traurige Schicksale mitansehen musste, nicht in Ruhe. Der schwankende Blutzuckerspiegel kann mit den Jahren zur Schädigung von Blutgefässen führen. Gefürchtete Konsequenzen sind Erblindung, Nierenschäden und schlechte Wundheilung – im schlimmsten Fall werden sogar Amputationen nötig.

Der schwankende Blutzuckerspiegel kann mit den Jahren zur Schädigung von Blutgefässen führen.

Geburtstagskuchen abwägen

Die neun- und elfjährigen Jungen tragen eine Insulinpumpe auf sich, damit sie nicht jedes Mal neu spritzen müssen. Um ihren Kindern die Teilnahme an möglichst allen Aktivitäten zu ermöglichen, betreiben die Eltern einen Mehraufwand: Sie begleiten sie mit einer Waage an Kindergeburtstage, um das Kuchenstück abzuwägen und die Insulindosis zu berechnen. Sie stehen häufig nachts auf, um ihren schlafenden Buben den Blutzucker zu messen. Sie instruieren Lehrer, damit sie die Kinder in Lagern oder auf der Schulreise gut betreut wissen.

Statt ins Pfadilager gehen die Jungs in ein extra Diabetikerlager, wo es ihnen jedoch bestens gefällt. Doch gekocht wird bei der Familie Steiner zu Hause ganz normal: gesund und ausgewogen. Dass Hans Steiner eine Ernährungsberaterin zur Frau hat, ist nicht ganz zufällig: Er sei sozusagen Versuchskaninchen gewesen bei ihrer Diplomarbeit. Als Abschluss ihrer Ausbildung schrieb sie ein Kochbuch für Diabetiker. Mit den neueren Behandlungsmethoden ist eine spezielle Ernährung jedoch nicht mehr nötig.

Lange Suche nach Ursache der Krankheit

Auch Esther Weidmann* ist in letzter Zeit sozusagen zur Ernährungsspezialistin geworden. Zwangsläufig: Seit rund fünf Jahren weiss sie, dass sie an einer Histaminintoleranz leidet. Der Stoff, der besonders in vergorenen Lebensmitteln wie Hartkäse, Sauerkraut, Wurst, Fischkonserven sowie schweren Weinen und Bier konzentriert vorkommt, kann bei Personen mit einer Unverträglichkeit diverse unspezifische Beschwerden auslösen: Bauchschmerzen, Blähungen, Durchfall, Übelkeit, Kopfschmerzen, triefende Nase, Hautausschläge, schneller Puls, Müdigkeit und allgemeines Unwohlsein. Da all diese Symptome auch andere Ursachen haben können, wird die Unverträglichkeit oft erst nach einem langen Leidensweg diagnostiziert. So auch bei Esther Weidmann.

Seit rund fünf Jahren weiss sie, dass sie an einer Histaminintoleranz leidet.

Über Jahre hinweg hatte die dreifache Mutter häufig mit Beschwerden zu kämpfen, was hin und wieder auch auf ihre Stimmung drückte. «Wer etwas hat, von dem man nicht weiss, was es ist, gilt als psychisch angeschlagen», musste die heute 63-Jährige erfahren. Sie hätte sich gewünscht, früher über die Krankheit aufgeklärt zu werden. Doch erst kürzlich ist diese stärker ins Bewusstsein gerückt. Weidmann ist nach langem Suchen im Internet auf die Histaminunverträglichkeit gestossen. Seit sie weiss, woran sie leidet, hält sie eine strikte Diät ein – und lebt damit eigentlich gesund. Denn frische Nahrungsmittel sind bei einer Histaminintoleranz das A und das O.

*Die Namen wurden auf Wunsch der Auskunftspersonen geändert.

Text Andrea Söldi

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