auch jugendliche können an diabetes erkranken.
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Leben mit Diabetes

17.04.2012
von Sybille Bruetsch-Prevot

Knapp 250 Millionen Menschen leiden weltweit an Diabetes, im Jahr 2030 werden es nach Schätzungen 200 Millionen mehr sein. Eine Wohlstandskrankheit ist Diabetes aber nur zum Teil – vom Diabetes Typ 1 sind besonders junge, aktive Menschen betroffen.

Joël ist 15 und ein Teenager wie andere auch. Fast jedenfalls. Denn erstens ist er ein ambitionierter Leistungsschwimmer und zweitens Diabetiker. Zwei Attribute, die nicht unbedingt zusammenpassen, würde man meinen. Für den aktiven Teenie aber schon!

Weltrekordschwimmer als Vorbild

Er möchte so gut werden wie Weltrekordschwimmer Michael Phelps. Doch vorerst geht es um die Schweizer Meisterschaft. Allein das Training wäre schon Herausforderung genug für den jungen Wassersportler. Doch Joël vom Schwimmklub Limmat Sharks Zürich hat noch mit etwas anderem zu kämpfen: der richtigen Einstellung seines Blutzuckers. Der junge Schwimmer leidet an Diabetes Typ 1 – dem insulinabhängigen Diabetes mellitus. Dieser Typ Diabetes beginnt meist im Kindesalter und macht ca. 10 Prozent aller Zuckerkrankheiten aus.

Bei Diabetes Typ 1 kann der Körper das Insulin nicht produzieren, das in der Bauchspeicheldrüse gebildet wird. Das Insulin ermöglicht die Aufnahme von Zucker in die Zellen. In den Zellen wird der Zucker zu Energie verbrannt. Wenn dies aus Mangel an Insulin nicht passieren kann, «verhungern» die Zellen, obwohl die Zuckerkonzentration im Blut immer weiter ansteigt. Ab einem gewissen Niveau wird der überschüssige Zucker über den Urin ausgeschieden. Mit der Zuckerausscheidung wird dem ganzen Körper zusätzlich Wasser entzogen. Das führt zu überdurchschnittlichem Durst. Eine weitere Aufgabe des Insulins ist die Hemmung der Zuckerbildung in der Leber. Auch dadurch steigt der Zucker im Blut weiter an.

Bei Diabetes Typ 1 kann der Körper das Insulin nicht produzieren, das in der Bauchspeicheldrüse gebildet wird.

Mit dem Blutzuckermessgerät kann der Diabetiker den eigenen Blutzuckerspiegel messen. Dieser Wert, die Nahrungsmenge und das Ausmass der körperlichen Aktivitäten bestimmen die Menge des zu spritzenden Insulins. Das ist für Joël im harten Training nicht einfach. Gerade in Trainingslagern ist die Zuckereinstellung für Joël eine Herausforderung. «In Trainingslagern weiss ich zu Beginn nicht genau, wann es etwas zu essen geben wird. Häufiger als sonst muss ich deshalb meinen Blutzucker kontrollieren», erklärt Joël.

Ausserdem kommt in Trainingslagern ein weiteres Problem auf den jungen Athleten zu: Körperliche Aktivität erhöht die Insulinsensitivität. Das harte Training verändert also die Insulinmengen, die er zuführen muss. «Wir trainieren meist vormittags und nachmittags je zwei Stunden im Wasser, dazwischen noch Kraft und Ausdauer. So ist mein Blutzucker zum Beispiel am Morgen noch okay, aber nach dem zweiten Training muss ich die Insulingaben reduzieren. Das ist gar nicht so einfach, denn ich weiss oft nicht, um wie viele Einheiten ich zurückgehen kann», meint Joël. Als Leistungsschwimmer kennt er seinen Körper gut. Trotzdem gilt in solchen Situationen: messen, messen, messen!

Positive Einstellung

Für Joël ist sein Diabetes kein unüberwindbares Hindernis. Er geht verantwortungsvoll mit seinem Körper um und verfolgt seine Ziele mit viel Disziplin und Konsequenz. Blutzuckerschwankungen bei Sport oder Bewegungen kommen auch bei Diabetes Typ 2 vor. Ein grosser Unterschied liegt darin, dass beim Typ 1- Diabetes die Schwankungen nach unten und oben meist deutlich ausgeprägter und auch rascher geschehen. Typ 2–Diabetiker sind zudem meist älter oder leiden zusätzlich an Übergewicht, sodass für sie Spitzensport kein Thema ist, wohl aber dosierte Bewegung wie Wandern, Walking, Aquafitness, eventuell leichtes Joggen. Die Kombination von Typ 1 -Diabetes und Leistungssport macht die optimale Einstellung des Diabetes besonders anspruchsvoll.

Mit Diabetes Typ 2 älter werden

Diabetes Typ 2, auch bekannt als Altersdiabetes (wird heute allerdings nicht mehr so benannt, weil auch jüngere Menschen davon betroffen sind), tritt vor allem bei übergewichtigen Menschen auf. Dieser Diabetes-Typ macht etwa 90 Prozent der Diabeteserkrankungen aus, in der Schweiz leiden ca. 350 000 Menschen daran. Eine meist vererbte Veranlagung, chronisch überhöhte Nahrungsaufnahme und zu wenig Bewegung sind verantwortlich dafür, dass Insulin nicht mehr richtig wirken kann. Das wird als Insulin-Resistenz bezeichnet. Die Bauchspeicheldrüse produziert immer mehr Insulin, um der mangelnden Wirkung entgegenzuwirken. Irgendwann ist die Bauchspeicheldrüse erschöpft, die Insulinproduktion geht zurück. Das macht oft auch bei Typ 2-Diabetikern eine Insulinbehandlung nötig.

Diabetes – Typ 2 Patienten müssen auf gesundes Essen achten. Eine Ernährungsberatung ist immer sinnvoll, denn es geht darum, sich falscher Gewohnheiten bewusst zu werden und Wege zu finden, sich umzustellen. Empfohlen wird, 50 Prozent des Essens in Form von Kohlenhydraten, 30 Prozent in Form von Fetten und 20 Prozent in Form von Eiweiss zu sich nehmen.

«Die Blutzucker-Selbstkontrolle hilft dem Patienten zu verstehen, wie sein Körper auf alltägliche Ereignisse reagiert. Er lernt, zu beobachten, wie sich seine Werte verändern, wenn er sich bewegt oder unterschiedliche Mahlzeiten zu sich nimmt», sagt Frau Dr. Petra Elsässer, Diabetologin aus Moutier, «deshalb ist die Blutzucker Selbstkontrolle ist für jeden Diabetes-Patienten, unabhängig vom Alter, das wichtigste Instrument, seine Krankheit zu verstehen und bestmöglich damit umzugehen.» Dem Arzt ermöglicht die Selbstkontrolle das Anpassen und optimale Einstellen der Therapie. Da gerade ältere Menschen mit dem Diabetes konfrontiert sind, ist es Frau Dr. Petra Elsässer wichtig, dass sie die Diagnose nicht als Strafe, sondern als Herausforderung annehmen können. «Denn mit einer guten Blutzucker-Einstellung und einem angepassten Lebensstil kann man heutzutage mit Diabetes ohne Probleme gesund älter werden», ist sie überzeugt.

Text Sybille Brütsch-Prévôt

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