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Auf Nummer sicher gehen – eine gute Idee?

01.03.2018
von SMA

Wenn man bedenkt, dass Schweizerinnen eine um viereinhalb Jahre höhere Lebenserwartung haben, scheint die Theorie, Schweizer gingen zu spät zum Arzt, gar nicht so abwegig. Vorsorgeempfehlungen, von denen es heutzutage nur so wimmelt, haben jedoch noch lange nicht alle Hand und Fuss.

Bei manchen scheint der Moment zum Arzt zu gehen dann gekommen, wenn sie wortwörtlich nicht mehr gehen können. Dabei sind die Check-ups, die einem bereits im zarten Alter von 35 mit warmem Händedruck ans Herz gelegt werden, mehr als zahlreich: Im Vordergrund steht dabei erst einmal die Epidermis, die auf der Suche nach schwarzem Hautkrebs, Basaliomen und Spinaliomen unter die Lupe genommen wird. Doch auch die Bezeichnung «Cholesterinmessung» beginnt ab dem 35. Geburtstag, ein Begriff im Männerwortschatz zu werden; für Patienten mit Risikofaktoren für Herz-Kreislauferkrankungen sogar schon früher. Wie häufig man sich untersuchen lassen soll entscheidet dabei der Arzt.

Ab 45 soll bereits ein Zahn zugelegt, und die Untersuchung auf Prostatakrebs dazukommen. Anhand einer sogenannte digital-rektale Untersuchung (DRU), die genau das bedeutet das sie vermuten. Ein Finger muss hinten rein um die Prostata über den Darm abzutasten. Diese Untersuchung kann bereits fortgeschrittene Prostatakarzinome, aber auch Prostatahyperplasie oder Unebenheiten im Darm aufdecken. Auch über den PSA-Bluttest soll sich der tückische Prostatakrebs frühzeitig zu erkennen geben. Bei dieser Vorgehensweise misst man im Blut die Menge an prostataspezifischem Antigen – dumm nur, dass sie nicht selten im guten oder schlechten Sinne danebenliegt. Böse Zungen behaupten gar, dass es Urologen und Laboren bei solchen Tests um Geldmacherei ginge. Ob die Entscheidung nun für oder gegen einen PSA-Bluttest ausfällt, die Sache wird einem gottlob nicht leichtgemacht.

Süsses Gift

Auf den Zucker scheint man im goldenen Alter von 45 zu kommen. Dann empfehlen Ärzte in einem Abstand von drei Jahren die Durchführung eines Diabetes-Screenings. Was die stets zahlreichen Risikofaktoren angeht, wird man auch hier nicht enttäuscht. Bluthochdruck, Übergewicht und in der Familie verbreiteter Typ-2-Diabetes lauten die Zauberworte, die Ärzte im Vorfeld der Untersuchung aufhorchen lassen. Sind Sie noch immer sicher, dass Sie das Stück Torte in Ihrer Linken verspeisen möchten? Jetzt wo Sie wissen, dass sich ihr Zuckerwert dabei um mehrere Punkte erhöhen würde?

Ob ja oder nein, wir sind noch lange nicht am Ende der Liste angekommen: Ab 50 soll sich jedermann einem Screening zur Entdeckung von Glaukomen, die auch als grüner Star bekannt sind, unterziehen. Braucht man es noch zu sagen? Natürlich fehlt es auch in diesem Falle nicht an Risikofaktoren. Litt ein Familienmitglied bereits an der Krankheit, oder der Patient selbst an Übergewicht, hohem Blutdruck, starker Kurzsichtigkeit, musste er in der Vergangenheit eine längere Steroidtherapie über sich ergehen lassen oder ist schwarzer Hautfarbe, soll die Prozedur gleich zehn Jahre früher beginnen.

Wem beim nächsten Hausarztbesuch die Schweissperlen auf die Stirn treten, der erkundigt sich angesichts des Wirrwarrs von Empfehlungen lieber zweimal zu oft bevor er tatsächlich ins Schwitzen kommt.

Der bekannteste und gefürchtetste aller Check-ups ist wohl aber die Dickdarmspiegelung, deren Appell Männer und Frauen ab 50 gleichermassen nachkommen sollen. Gott sei Dank gehört man nur alle zehn Jahre zu den Glücklichen, die ihren Darm vor der Untersuchung durch Laxativa «gewaschen» bekommen. Ausser man gehört zur Vielzahl berüchtigter – Sie erahnen es – Risikopatienten, und haben Dickdarmkrebs in der Familie, oder aber chronische Darmentzündungen oder -polypen. Die Krankenkasse zahlt nur in letzteren Fällen.

Nicht jeder Check-up lohnt sich

Die obigen Vorsorgeuntersuchungen mögen abgesehen vom PSA-Bluttest zu den weniger Umstrittenen gehören. Treten keine entsprechenden Symptome auf, sind folgende Check-up-Empfehlungen aber Humbug: die Bestimmung von Tumormarkern, EKGs sowie Belastungs-EKGs, Urinuntersuchungen, Lungenröntgenbilder und Tests der Lungenfunktion. Wer angesichts dieser fadenscheinigen und teuren Ratschläge vor Wut fast in die Tischkante beisst, der kann sich seine Zornestränen getrost sparen: Auch für Frauen steht eine ganze Litanei von auf das weibliche Geschlecht abgestimmten Vorsorgeuntersuchungen bereit. Wie bei den Männern stellt einem das Aussortieren der Angebote auf eine Geduldsprobe. Die Krankenkasse fühlt sich dabei in vielen Fällen nicht im Geringsten betroffen.

Ganz und gar unverzichtbar

Ein ganz anderer Fall sind das regelmässige Messen des Blutdrucks und Impfungen. Ab 18 wird ersteres in Form eines Hypertonie (= Bluthochdruck) -Screenings im Abstand von drei bis fünf Jahren empfohlen. Man beginnt nicht umsonst früh, den Blutdruck zu überwachen. Hypertonie gehört zu den wichtigsten kardiovaskulären Risikofaktoren. Wenn sie früh erkannt wird, kann die Mortalität deutlich gesenkt werden.

Was Impfungen angeht geht man davon aus, dass in Kindheitsjahren bereits eine Grundimmunisierung durchgeführt wurde. Ein jeder soll sich danach im Abstand von zehn Jahren weiterhin gegen Diphterie, Keuchhusten und Tetanus impfen lassen. Wer als Kind nicht gegen Masern geimpft wurde, sollte dies auf schnellstem Wege nachholen; Männern, die mit andern Männer schlafen, werden zudem Hepatitis A und B Impfungen wärmstens ans Herz gelegt. Leidet man zusätzlich an chronischen Krankheiten oder ist über 60, ist eine allherbstliche Grippeimpfung keine schlechte Idee.

Wem beim nächsten Hausarztbesuch die Schweissperlen auf die Stirn treten, der erkundigt sich angesichts des Wirrwarrs von Empfehlungen lieber zweimal zu oft bevor er tatsächlich ins Schwitzen kommt. Viele Check-Ups können Krankheiten im Frühstadium erkennen. Andere aber sind ganze einfach überflüssig – und die Liste ist lang.

Text: Selin Olivia Turhangil

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