ehe für alle alle für ehe  ehe für alle
Diversität Erziehung Familie Lifestyle Bildung Hochzeit Men Women

Alle für Ehe und Ehe für alle

03.03.2018
von Marija Cuk

Der europäische und globale Aufwärtstrend zur Öffnung der «Ehe für alle» ist eindeutig und die Erscheinungsform der Institution «Familie» unterliegt einem steten Wandel. Bietet das gegenwärtige Schweizer Recht genug Repertoire für die modernen, facettenreichen Familienkonstellationen?

Die imposante LGBT-Bewegung manifestiert sich aktuell in einem Umbruch in der Schweizer Politlandschaft. Die Aufmerksamkeit, Akzeptanz und Toleranz der LGBTs wächst und stellt das Schweizer Rechtssystem vor eine grosse Herausforderung. Nebst zahlreichen westeuropäischen Staaten wie Österreich oder Irland haben in den letzten Jahren auch Australien und alle Bundesstaaten in den USA die Möglichkeit der Eheschliessung für gleichgeschlechtliche Paare als gültig anerkannt. Was passiert währenddessen in der Schweiz? Aus historischen und traditionellen Gründen wird in der Schweiz die Institution der Ehe immer noch als «Bündnis zwischen einem Mann und einer Frau unter den vom Gesetz festgelegten Bedingungen» definiert. Gleichgeschlechtliche Paare müssen auf andersartige Beziehungsformen wie die «eingetragene Partnerschaft» ausweichen. Unsere Tradition und Historie spiegelt sich derweil nur bedingt in der gesellschaftlichen Realität wieder und zwingt den Gesetzgeber, aktiv zu werden.

Ehe für alle?

Über eine Million Menschen in der Schweiz wohnen in einem Einpersonenhaushalt, fast die Hälfte aller Ehen endet in einer Scheidung und gut ein Fünftel aller Kinder wird ausserehelich geboren. Nichtsdestotrotz: Laut Bundesamt für Statistik ist die Ehe wieder im Trend. In den vergangenen Jahren gab es in der Schweiz wieder mehr Eheschliessungen und weniger Scheidungen und dies obwohl die Eheschliessung gefühlt immer bürokratischer und aufwändiger wird. Neu ist beispielsweise nur noch ein Familienname pro Ehepaar zulässig – Doppelund Allianznamen sind nicht mehr erlaubt. Ende 2013 reichten die Grünliberalen die Initiative «Ehe für alle» ein. Die Initiative fordert, dass die gesetzlich geregelten Lebensgemeinschaften Paaren unabhängig von ihrem Geschlecht oder ihrer sexuellen Orientierung offenstehen und der Begriff der «Lebensgemeinschaft» in der Bundesverfassung verankert wird. Die «Ehe für alle» wäre insbesondere ein bürokratisch riesiger Brocken, den es zu bewältigen gäbe. Da mit der Öffnung der Ehe weitgehende gesetzliche Anpassungen nötig wären.

Neu ist die Stiefkindadoption unabhängig vom Zivilstand oder der sexuellen Orientierung des Adoptivelternteils möglich.

Familie heute

Familien heute sehen anders aus als noch vor 20, 30 Jahren. Mit dem soziodemographischen Bild der Bevölkerung hat sich auch der Anspruch an das Ehe- und Familienrecht verändert. Die Erscheinungsform der Familie unterliegt einem Wandel. Von der Kernfamilie bestehend aus Vater, Mutter und Kind zu Single-Parent, Stief- und Patchwork-Familien. Ein weiteres Phänomen ist die bewusste Planung einer Co-Elternschaft. Die biologischen Eltern übernehmen dabei gemeinsam, aber unabhängig voneinander die Rolle der Elternschaft eines Kindes, ohne dass sie eine romantische Beziehung eingehen – also getrennt, aber irgendwie doch zusammen. Dies bietet beispielsweise vielen Homosexuellen eine Möglichkeit, biologischen Nachwuchs zu zeugen und einen Teil der Erziehung ihrer Kinder mitzubestimmen, ohne dabei mit dem anderen Elternteil zusammenwohnen zu müssen. »Allein-und-doch-zusammen- Elternschaft»

Die Nachfrage scheint jedenfalls da zu sein. Vergangenes Jahr hat das Bundesgericht die Stiefkindadoption – also die Adoption des Kindes des Partners/der Partnerin – für alle Paarbeziehungen geöffnet. Zuvor war die Stiefkindadoption nur den gegengeschlechtlichen Partnern – in einer bestehenden Ehe lebend und ab einer gewissen Dauer der manifestierten Partnerschaft – vorenthalten. Neu ist die Stiefkindadoption unabhängig vom Zivilstand oder der sexuellen Orientierung des Adoptivelternteils möglich. Anders handhabt der Gesetzgeber die Adoption fremder Kinder. Die gemeinschaftliche Adoption von fremden Kindern durch gleichgeschlechtliche Paare ist explizit nicht erlaubt. Gleiches gilt für Konkubinatspartner.

Ein Wandel braucht Zeit

Die gesellschaftliche Realität hat sich in den letzten Jahrzehnten grundlegend verändert. Das Ehe- und Familienrecht muss sich dieses Wandels annehmen und kann ihn nicht weiter ignorieren. Eine gesetzliche Anpassung an die Änderungen in der Gesellschaft bedarf aber Zeit. Mit der Revision des Adoptionsrechts hat der Bund bereits eine Massnahme zur Angleichung des Rechts an die bestehenden Verhältnisse geschaffen. Eine Adoption wurde damit zeitgemässer, einfacher und transparenter. Das Familienrecht ist in vielerlei Hinsicht überholt und bedarf in einigen Teilen einer Reform. Die Ehe, wie wir sie heute kennen, würde mit einer Revision weder abgewertet, noch abgeschafft. Nicht-Verheiratete und vor allem deren Kinder würden aber geschützt, damit sie bei ihrer Geburt nicht in einen rechtsfreien Raum fallen.

Text: Marija Cuk

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Vorheriger Artikel Das beste Fitnessstudio steht daheim
Nächster Artikel Dank Jus-Weiterbildung attraktiv für die Arbeitswelt