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Fachkräfte mit Qualifikationen sind gefragt

09.04.2018
von Selin Turhangil

In einer Welt, in der man sich in erster Linie darum sorgt, überhaupt einen Arbeitsplatz zu erringen und in zweiter, ihn zu behalten, drohen die Wünsche und Rechte der Arbeitnehmer an Gewicht zu verlieren.  Wer einer solchen Situation vorbeugen will, denkt bei der Stellensuche bereits weiter. Qualifizierte Fachkräfte sind gefragt.

Man hat ihn schon oft gehört und ebenso oft wieder in den Wind geschlagen: den Ratschlag, sich zu versichern, dass die eigenen Werte mit denen der Unternehmenskultur harmonieren, bevor man eine Stelle antritt. Allzu oft sieht man nur den grossen Berg des erfolgreichen Bewerbungsprozesses, den es zu erklimmen gilt. In Wirklichkeit handelt es sich dabei aber nur um die Spitze des Eisberges. Wer möchte schon einen Betrieb vertreten, der unlautere Marketingmethoden verwendet, von Geschlechtergleichstellung nichts hält oder gänzlich gegen Kinderwünsche ist, auch wenn er dies nicht offen ausspricht?

Auf eines kann man sich sicherlich gefasst machen: Der Arbeitgeber weiss seinerseits genau, was ihm diesbezüglich vorschwebt. Kollegialität, eine «gesunde» Work-Life-Balance und Flexibilität mögen zu den Begriffen gehören, die er im Vorstellungsgespräch gerne aus dem Ärmel zieht. Was sich tatsächlich hinter ihnen verbirgt, ist oft eine ganz andere Frage. Natürlich ist Misstrauen nicht in allen Fällen begründet, doch wie man so schön sagt: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.

Was ist mir wichtig?

Es empfiehlt sich somit, von Anfang an diejenigen Rahmenbedingungen im Kopf zu haben, die einem unabdinglich erscheinen, und sie von andern mit mehr Kompromisspotential zu unterscheiden. Zu den möglichen «Kann-» und «Muss-Kriterien» gehören beispielsweise Aufstiegschancen, Weiterbildungsmöglichkeiten, flexible Arbeitszeiten oder die Möglichkeit, von Zuhause aus zu arbeiten, eine Kantine vor Ort, ein Firmenwagen, -handy oder -laptop, oder eine flache Hierarchie.

Allzu oft sieht man nur den grossen Berg des erfolgreichen Bewerbungsprozesses, den es zu erklimmen gilt.

Wie geht man nun aber vor, um bereits im Vorfeld der Bewerbungsprozesse, das heisst während die Suche noch im Gange ist, Arbeitgeberprofile ausfindig zu machen, die unseren Werten und Rahmenbedingungen gerecht werden? Folgende Informationsquellen beantworten oft viele Fragen in diesem Bereich: die Internetseite des Betriebes sowie der Karrierebereich; sein Auftreten auf Social Media wie Facebook, Instagram und LinkedIn, aber auch die individuellen Konti für den Betrieb tätiger Schlüsselpersonen; Bewertungsportale (Glassdoor, Kununu); Vorträge, Bewerberveranstaltungen sowie Messen; Eigenkontakt (Praktika, die Bewerbung persönlich abgeben). Die Möglichkeit, bestehende Mitarbeiter zu befragen, gibt es ebenfalls, ist jedoch mit Vorsicht zu geniessen.

Es gibt immer Alternativen

Fühlt man sich der Aufgabe, potenzielle Arbeitgeber zu evaluieren, nicht gewachsen, kann man diese Aufgabe auch Drittpersonen anvertrauen. Es handelt sich dabei um Headhunter und Personalvermittlungsagenturen, die genau prüfen, was auf Sie zukommen würde.

Letztendlich braucht man jedoch nicht immer zu suchen – man kann auch gefunden werden. Viele Unternehmen begeben sich selbst auf die Suche nach qualifizierten Fachkräften, dies auf unterschiedliche Weise. Wer gefunden werden möchte, legt sich ein Profil auf LinkedIn oder Xing an, erstellt eine eigene Website oder generiert Bewerbungsvideos.

Wer sind die besten Schweizer Arbeitgeber?

Orientiert man sich an dem Swiss Arbeitgeber Award, kann man im Bereich der angenehmen Arbeitgeber konkrete Namen nennen. 2017 gehörten zu den besten Grossunternehmen ISS Schweiz, der Generalunternehmer im Unterhalt von Gebäuden, sowie Möbel Pfister. Hochrangige mittelgrosse Unternehmen, die zwischen 250 und 999 Mitarbeiter zählen, seien beispielsweise die Basellandschaftliche Kantonalbank und Kambly, die Supermarktregale mit leckeren Guetzli füllt. Kleine aber feine Unternehmen sind laut dem Swiss Arbeitgeber Award das Casino Bad Ragaz und der schweizerisch-liechtensteinische Gebäudetechnikverband suissetec.

Was zeichnet in den Augen der Bewerter einen guten Arbeitgeber aus? Laut Kununu sind folgende Kriterien für viele Arbeitnehmer ausschlaggebend: Gehaltszufriedenheit, fortschrittliche Sozialleistungen, ein breites Angebot an Weiterbildungsmöglichkeiten, gute Zusammenarbeit und Kommunikation, sowie das Schätzen und Miteinbeziehen von eigenen Vorschlägen und Ideen.

Kinderwunsch: ein Tabuthema?

Auch wenn man noch lange nicht ans Kinderkriegen denkt, wird einem schnell bewusst, dass es sich beim Kinderwunsch für viele Arbeitgeber um ein rotes Tuch handelt. Das heisst – und an dieser Stelle ärgert sich Frau grün und blau – zumindest für das weibliche Geschlecht. Vorbei sind gottlob die Zeiten, in denen sich ihre Existenz aufs Kochen und Kinderkriegen reduzierte. Neben Gehaltsunterschieden bilden Schwangerschaftsurlaube aber leider ein zweites Überbleibsel jener Epoche.

Tatsächlich lohnt es sich, das Thema Kind und Karriere bereits längere Zeit im Voraus unter die Lupe zu nehmen. Ich erfuhr mit Grauen von Freunden, dass ein Stadtzürcher Spital den Vertrag einer Ärztin aus Schwangerschaftsgründen nicht verlängerte – implizit natürlich. Zwar ist es verboten, sich nach der Familienplanung eines Bewerbers zu erkundigen, und generell genauso, einer schwangeren Mitarbeiterin die Kündigung zu erteilen. Das Ausbleiben einer Vertragsverlängerung ist, oh weh, leider völlig legal. Genauso ins Fettnäpfchen tappte eine Zürcher Versicherung, die eine schwangere Mitarbeiterin bis Vertragsablauf freistellte – und dabei klar künftige Schwangerschaften fürchtete.

Alles beginnt an der Uni

In Wirklichkeit beginnt jedoch alles viel früher –genauer gesagt, an der Uni. Immer beliebter wird bei Arbeitgebern das Hochschulmarketing, das auch Studierenden sehr gelegen kommt. Es bietet sich dabei die Möglichkeit, Mitarbeitern konkrete Fragen zum Betrieb zu stellen und erste Kontakte zu knüpfen. Auch können Unternehmensbesichtigungen oder Sommerpraktika zu solchen Anlässen in die Wege geleitet werden. Der Betrieb kann von solchen Zeitfenstern, während denen auf Erwartungen eingegangen werden kann, seinerseits ebenfalls gross profitieren.

Unabhängig des Alters und des Beweggrundes der Jobrecherchen, scheint vor allem eines glasklar zu sein: Vorsicht ist besser als Nachsicht. Es informiere sich, wer kann, bevor ein bindender Vertrag abgeschlossen wird. Wenn aber jedes schlichtende Gespräch zu spät kommt, gibt es noch immer eine Lösung: Man wechselt die Stelle.

Text: Selin Olivia Turhangil

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