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Daniela Ryf: Wie die Ironwoman ihren Körper und Geist stählt

12.02.2019
von Simon Misteli

Die Triathletin Daniela Ryf gewann 2018 zum vierten Mal in Folge den Ironman Hawaii, wobei sie einen neuen Streckenrekord aufstellte, und wurde zur Schweizer Sportlerin des Jahres gekürt. In einem Interview mit «Fokus Gesundheit» spricht Daniela Ryf unter anderem über die körperliche und mentale Gesundheit und die wichtige Rolle, die Ernährung dabei spielt.

Daniela Ryf, Sie haben den Ironman Hawaii trotz zwei Quallenstichen mit einem Streckenrekord absolviert. Wie fühlt man sich nach einem derartigen Erfolg?
Es war unglaublich und das verrückteste Rennen, das ich je erlebt habe. Dass ich so kurz vor dem Aufgeben war und danach so stark zurückkam, hat den Sieg noch viel spezieller und emotionaler gemacht.

Beim Ironman sind Sie mehr als acht Stunden unterwegs. Worum drehen sich Ihre Gedanken während dieser Zeit?
Die meiste Zeit versuche ich mich auf den Moment zu konzentrieren. Was gerade passiert oder was ich als Nächstes tun muss. Es dreht sich vieles um die Energiezufuhr, dass man dort nichts vergisst. Ansonsten könnte das fatale Folgen haben. Ich versuche mich zudem immer Schritt für Schritt zu motivieren und in kleinen Schritten zu denken. Zum Beispiel: Wann kommt die nächste Wasserstation, was mache ich beim nächsten Hügel, drücke ich noch härter oder kann ich mich etwas erholen, etc.  Am besten ist es, wenn man nicht zu viele Gedanken hat und einfach abschalten kann. Denn im Kopf kommt es sonst immer wieder zum sogenannten «Teufelchen und Engelchen-Spiel». Bin ich müde, wird das Teufelchen logischerweise stärker. Das Ziel ist es, dieses zu unterdrücken und positiv zu denken.

Ich versuche mich zudem immer Schritt für Schritt zu motivieren und in kleinen Schritten zu denken. Daniela Ryf

Um eine solche Leistung zu vollbringen, braucht es viel Vorbereitung. Sie haben ja auch schon früh angefangen. Was brachte Sie vor 20 Jahren dazu, den Triathlon zu Ihrer Passion zu machen?

Ich hatte das Glück, dass ich da in etwas hineingewachsen bin. Als Teenager war ich in einem super Triathlon-Team, wo ich Freunde fürs Leben fand und sehr gerne ins Training ging. In erster Linie ging es um den Spass und um die Freunde und gar nicht so sehr um das Training. Wir trainierten zwar schon damals relativ hart, aber das Training hat mir sehr viel Freude bereitet und durch dieses Gefühl wollte ich dann immer mehr.

Woher nehmen Sie jeden Tag aufs Neue die Motivation zu trainieren?
Es gibt immer wieder viele kleine Dinge, die mich motivieren. Ich fühle mich sehr privilegiert, dass ich das machen darf, was ich gerne mache. Wenn ich dann aber mal extrem müde bin und keine Lust aufs Training habe, dann mache ich es einfach, weil ich weiss, dass es mir danach immer besser geht. Ich habe mich selten nach einem Training schlechter gefühlt als vorher. Ich finde, es gibt nicht viel Schöneres, als am Abend müde auf dem Sofa zu liegen, wenn man weiss, dass man einen anstrengenden Tag hatte. Zudem motiviert es mich, zu wissen, dass auch mein Team hart für mich arbeitet. Deshalb will ich etwas zurückgeben, und mein Coach motiviert mich, indem er mich immer wieder neu herausfordert.

Eine gewisse mentale Stärke und Durchhaltevermögen müssen sicher vorhanden sein, um solche Leistungen zu vollbringen. Ist Ihnen dies angeboren oder kann man sich das antrainieren?
Ich denke der Wille etwas durchziehen zu wollen, ist mir sicher angeboren. Ich war auch schon als Kind ehrgeizig. Aber ich glaube durchaus, dass man lernen kann, mit schwierigen Situationen besser umzugehen. Ich glaube nicht, dass ich das Rennen mit dem Quallenbiss vor vier Jahren durchgezogen hätte. Somit hat mich die Erfahrung über die Jahre gelehrt, geduldig zu sein und dass es manchmal okay ist, seine Erwartungen und sein «Ego» runterzusetzen und es einfach nur darum geht, nicht aufzugeben.

Ich habe mich selten nach einem Training schlechter gefühlt als vorher. Daniela Ryf

Der Ironman ist bestimmt nicht nur körperlich anstrengend, sondern auch mental erschöpfend. Achten Sie in der Ruhezeit bewusst auf Ihre mentale Gesundheit? Was tun Sie dafür?
Ja, der Kopf braucht am meisten Erholung. Jedoch nicht unbedingt Erholung im Sinn von viel Schlaf oder Ruhe, denn das mache ich während der Saison schon genügend neben dem Training. Es ist mehr die Abwechslung, die ich in der Pause suche. Zum Beispiel in New York shoppen, mit Kolleginnen lange Abende geniessen und mal länger ausschlafen, wenn ich Lust darauf habe. Zudem kommen einige Sponsorenprojekte dazu, die ebenfalls eine spannende Abwechslung darstellen.

Als Hochleistungssportlerin müssen Sie speziell auf Ihre Gesundheit achtgeben. Was unternehmen Sie, um gesund zu bleiben?
Viel schlafen, ausgewogen essen, aber auch mal ein gutes Glas Wein geniessen und relaxen. Ich gehe einmal pro Woche in die Massage und «rolle» meine Beine täglich, damit ich von Verletzungen verschont bleibe. Wenn ich angeschlagen bin, hilft ätherisches Zitronenöl dem Immunsystem.

Sport und Bewegung beugen ja nachweislich Krankheiten vor. Kann man es jedoch auch mit Sport übertreiben?
Ja klar. Es ist immer eine Frage, wie viel Erholung man dem Körper geben kann. Jemand, der 100 Prozent arbeitet und gleich viel trainiert wie ich, würde ziemlich schnell in ein Übertraining kommen, da die Erholung nicht so optimiert ist. In harten Trainingsphasen achte ich bewusst darauf, dass ich keine Termine wahrnehme, um mich optimal zwischen den drei Trainingseinheiten pro Tag zu erholen. Im Triathlon und besonders im Ironman ist es sehr einfach, zu viel zu machen. Die Qualität spielt eine wichtige Rolle. Wenn man an einem Tag zu viel macht und danach zwei Wochen krank ist, hilft das dem Aufbau auch nicht. Es geht also vor allem um die Konstanz im Training und die Balance.

Wenn ich angeschlagen bin, hilft ätherisches Zitronenöl dem Immunsystem. Daniela Ryf

Wie ernähren Sie sich zur Vorbereitung auf den Ironman? Wie nach dem Rennen?
Im Training schaue ich, dass ich das zu mir nehme, was mein Körper braucht. Die letzten zwei Tage vor dem Rennen esse ich dann vor allem sehr energie- und kohlenhydratreich, um meine Speicher aufzufüllen. Zudem verzichte ich am Tag vor dem Rennen auf Nahrungsfasern wie Gemüse oder Früchte, da man dies am Renntag nicht in seinem Magen mitschleppen will. Nach dem Rennen habe ich dann meistens Lust auf etwas Frisches wie beispielsweise einen Salat und etwas deftig Salziges und Fettiges wie z.B. einen Burger oder ein Steak mit Pommes. Und das gönne ich mir dann auch.

Sie studieren Food Science & Management an der HAFL. Woher stammt das Interesse an Nahrungsmitteln?
Ich bin mit dem Studium fertig, einzig die Bachelor-Arbeit habe ich noch nicht geschrieben. Das Studium bezieht sich vor allem auf Produktentwicklung und Management im Food-Bereich. Ich habe mich schon immer sehr für neue innovative Lebensmittel interessiert und probiere immer gerne alles aus, wenn ich irgendwo im Ausland bin. Ich bin der Meinung, es gibt noch nicht genügend praktische und gesunde Lebensmittel für unterwegs.

In einem Interview haben Sie Ihr Interesse gegenüber Mood-Food ausgesprochen. Wie stark kann die richtige Ernährung unsere mentale Stärke beeinflussen?
Der Einfluss ist enorm. Nur wenn man dem Körper gibt, was er braucht, kann er optimal funktionieren. Jedes Lebensmittel liefert neben seinem Geschmack und der Energie ja mit seinen Inhaltsstoffen eine Funktion, die dann einen Einfluss auf unseren Körper und daher auch auf das Verhalten oder die Laune haben kann.

Wie stehen sie dem aktuellen Trend des veganen Lifestyles gegenüber?
Als Sportlerin bin ich kein Fan von 100 Prozent veganer Ernährung, da ich überzeugt bin, dass der Körper das tierische Eiweiss braucht. Ich esse sehr viel Fisch und Fleisch, weil ich das Gefühl habe, dass es mir guttut. Ich ergänze jedoch meine Smoothies oft mit veganen Proteinen wie z.B. Lupin- oder Hanfprotein, beide hervorragend für die Erholung.

Ich bin jedoch begeistert von der Kreativität der veganen Köche oder Foodblogger, da sie mit anderen Zutaten extrem tolle Produkte kreieren. Zum Beispiel einen Avocado- Schokoladenkuchen, der ist zwar richtig deftig, aber superlecker und liefert zudem wirklich brauchbare Energie und Funktionalität.

Was halten Sie von Low- oder No-Carb-Diäten?
Ich bin kein Fan von extremen Diäten, da sie einfach nicht machbar sind. Ich glaube, dass in gewissen Phasen oder je nach Ziel (Gewichtsabnahme) Low-Carb ganz gut sein kann. Aber schlussendlich geht es in der Ernährung um die Balance und darauf, auf den Körper zu hören. Zum Beispiel esse ich am Abend oft wenig Kohlenhydrate, da ich dann das Gefühl habe, besser zu schlafen und mich besser zu erholen. Ich bin der Überzeugung, dass unser Körper uns sagt, was wir brauchen, wenn wir nur gut auf ihn hören. Je nachdem wie wir uns ernähren, bemerken wir, ob es uns guttut oder nicht.

Nur wenn man dem Körper gibt, was er braucht, kann er optimal funktionieren. Daniela Ryf

Sie sind dieses Jahr zur Schweizer Sportlerin des Jahres gekürt worden. Wie unterscheidet sich dieses Erfolgsgefühl von dem des Ironman-Rekords?
Es ist eine unglaubliche Ehre von der Schweizer Bevölkerung, den Medien und Sportlern diese Anerkennung zu erhalten, besonders weil alle nominierten Sportlerinnen so eine tolle Saison gezeigt haben. Es ist ein Preis, den man nicht beeinflussen kann und es freut mich natürlich sehr zu sehen, dass die Leute für mich abgestimmt haben und dass das, was ich das ganze Jahr so tue, nicht unerkannt bleibt.

Dieser Titel impliziert eine Vorbildfunktion seiner Trägerin. Wie nehmen Sie diese Funktion wahr?
Ich bin mir der Vorbildfunktion bewusst und versuche mein Bestes, diese zu erfüllen. Nur bin ich bei Weitem nicht perfekt und mache auch Dummheiten. Aber ich versuche, den jüngeren Menschen ein gutes Vorbild zu sein.

Wie engagieren Sie sich beim Triathlon- und Duathlon-Leistungszentrum Solothurn?
Es läuft viel und ich bin sehr stolz darauf. Ab Februar wird ein australischer Coach nach Solothurn kommen, um die Athleten zu trainieren. Ich bin auch im Vorstand und versuche das TLS finanziell zu unterstützen und ihm zu helfen, neue Sponsoren zu finden.

Haben Sie sich schon Gedanken gemacht, was Sie nach Ihrer Sportkarriere machen werden?
Ich möchte sicher weiterhin im Triathlon etwas bewegen. Aber nebenbei auch noch weitere Projekte mit Partnern im Food-Bereich und Kleidungsbereich angehen.

Interview: Simon Misteli

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