fachkräftemangel der fachkräftemangel in  schweiz
Karriere Weiterbildung Bildung Industrie Innovation Wirtschaft

Der Fachkräftemangel in der Schweiz

28.02.2019
von Simon Misteli

Fachkräfte sind eine wichtige Säule für die Wirtschaft und deren Wachstum. In der Schweiz wird seit einigen Jahren schon ein Fachkräftemangel festgestellt, der sich in Zukunft noch verstärken sollte. Geeignete Lösungen sind schwer zu finden und werden noch diskutiert. 

Mit der dualen Berufsbildung in der Schweiz ist im Gegensatz zu anderen Ländern, in denen eine starke Akademisierung vorherrscht, für fähige und qualifizierte Arbeitskräfte gesorgt. Das flexible Schulsystem, mit dem man sich immer weiterbilden kann, lässt auch Raum zur Spezialisierung und Veränderung. Und dennoch steht die Schweiz seit längerem vor dem Problem des Fachkräftemangels. Dieser Mangel ist natürlich von den jeweiligen Fächern abhängig. Eine Untersuchung der Adecco Group besagt, dass im Treuhandwesen die meisten offenen Stellen auf qualifizierte Personen auf Arbeitssuche kommen. In einer Studie der Universität Basel sind es die Gesundheitsberufe, in denen die meisten Stellen unbesetzt bleiben. Der Fachkräftemangel ist in der Schweiz schon seit längerem ein viel diskutiertes Thema. Und das WEF dieses Jahres hat gezeigt, dass diese Herausforderung nun auch auf der globalen Agenda auftritt.

Fachkräfte und deren Mangel

Als Fachkraft wird eine Person bezeichnet, die eine gewerbliche, kaufmännische oder sonstige Berufsausbildung erfolgreich absolviert hat. Im Gegensatz zu einem häufig falsch verwendeten Verständnis, werden Personen mit akademischen Grad offiziell nicht in den Begriff eingeschlossen. Nicht nur im Treuhandwesen und im Gesundheitswesen fehlt es an solchem Personal. Weitere Berufsbranchen, in denen ein Mangel vorherrscht sind Ingenieur-, Techniker- und Informatikerberufe, so wie auch das Bildungswesen. Egal in welchen Berufsfeldern sie nun fehlen, ihre Abwesenheit macht Firmen sowie Wirtschaftsexperten nervös.

Der Fachkräftemangel ist in der Schweiz schon seit längerem ein viel diskutiertes Thema.

Denn Fachkräfte bilden das Rückgrat einer starken Wirtschaft. Offensichtlich braucht es Fachkräfte für die fähige Abwicklung der täglichen Geschäfte des jeweiligen Faches. Ohne sie würden Produktion oder Dienstleistungen, wie im Gesundheitswesen zum Teil ersichtlich ist, an Qualität einbüssen. Darüber hinaus sind sie aber auch für die Entwicklung der Wirtschaft überaus wichtig. Die Schweiz gehört zu den konkurrenzfähigsten Ländern der Welt und das obwohl sie ein Hochpreisland ist. Fachkräfte sind ein gewichtiger Grund, weshalb die Schweizer Wirtschaft fähig ist, sich neuen Gegebenheiten anzupassen. Sie sorgen für eine rasche Implementierung von Innovationen, da sie das nötige Verständnis und Know-how des Faches mitbringen.

Kurz- oder Langfristig?

Bei der Diskussion um Fachkräftemangel ist es sinnvoll, zwischen dem eventuellen aktuellen Fachkräftemangel und dem langfristigen Arbeitsmarktungleichgewicht zu unterscheiden.

Ein kurzfristiger Fachkräftemangel kann durch die Ausbildungszyklen offenbar werden. Auch im Bereich der Berufsausbildung bestehen Konjunkturzyklen. Die subjektive Wahrnehmung eines Fachkräftemangels führt zu einer erhöhten Ausbildungsrate in den nachgefragten Bereichen. Doch Ausbildungen benötigen eine gewisse Zeit, bis sie beendet sind. Wenn eine hohe Nachfrage nach Arbeitskraft zu einer erhöhten Zahl an Ausbildungsbeginnern führt, steigt die Anzahl Fachkräfte erst nach einer gewissen Zeit. Während dieser Zeit erscheint es zwar so, als würde es an qualifizierten Arbeitnehmern mangeln, doch der Arbeitsmarkt steht nach Ablauf jener Zeit wieder im Gleichgewicht. Als Beispiel kann die Anzahl von Informatikern für Internet-Technologien genannt werden, die während dem Aufkommen des Internets gestiegen ist. Nach der anfänglichen Ausbildungszeit entwickelte sich für kurze Zeit ein Überschuss an derartigen Fachkräften. Mittlerweile wird in dieser Branche der Fachkräftemangel jedoch wieder als sehr hoch prognostiziert.

Eine steigende Nachfrage nach Fachkräften deutet auf ein langfristiges Problem hin.

Einen Fachkräftemangel als langfristiges Arbeitsmarktungleichgewicht verursachen andere Faktoren. Die Demografie spielt eine wichtige Rolle. Beispielsweise kann das Angebot an Fachkräften aufgrund jährlich höherer Pensionsrate als Ausbildungsrate zurückgehen. Wenn dann dabei angenommen werden muss, dass weder die Erhöhung der Erwerbsquoten noch der Bildungsbeteiligung diesen Rückgang ausglichen kann, wird ein langfristiges Arbeitsmarktungleichgewicht befürchtet. Zudem deutet eine steigende Nachfrage nach Fachkräften auf ein langfristiges Problem hin. Diese kann entstehen, wenn bestimmte Sektoren an Bedeutung gewinnen oder wenn technologische Entwicklungen den Einsatz von Fachkräften erfordern. Die Entwicklung hin zur Industrie 4.0 führt zum Beispiel zu einer erhöhten Nachfrage nach IT- oder Technikfachkräften, da Maschinen und Internettechnologien unqualifizierte Arbeiter ersetzen und spezialisierter Fachkräfte bedürfen, die mit den neuen Technologien umzugehen wissen.

Schlechte Aussichten

In der Schweiz handelt es sich um ein langfristiges Ungleichgewicht. Bereits heute kann die Schweiz ihren Fachkräftebedarf nur durch entsprechende Zuwanderung decken. Die demografische Entwicklung mit niedrigen Geburtenraten und einer zunehmenden Lebenserwartung führt zur Prognose, dass sich der Mangel auch in Zukunft nicht reduzieren lässt, sondern möglicherweise sogar verstärkt. Man könnte diese Lücke mit Veränderungen der Wirtschafts- oder Ausbildungsstruktur reduzieren. Jedoch wird eine vollständige Deckung des Mangels dadurch nicht möglich sein. Zusätzlich wäre eine massive Erhöhung der Erwerbsbeteiligung erforderlich. Beispielsweise durch die Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Es gibt viele qualifizierte Frauen, die sich um Kind und Haushalt kümmern, aber bereit wären, wieder in die Arbeitswelt einzusteigen. Weiterhin könnte das gesetzliche Rentenalter erhöht werden. Allerdings erscheint angesichts des verfügbaren Erwerbspersonenpotenzials eine derartige Erhöhung unwahrscheinlich.

Durch Studien und Diskurs versuchen Staat und Wirtschaft weiterhin eine Antwort auf den langfristigen Mangel zu finden. Bis dahin müssen sich die Unternehmen weiterhin auf dem umkämpften Arbeitsmarkt messen.

Text Simon Misteli

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Vorheriger Artikel Industrie 4.0: Herausforderungen der digitalen Produktion
Nächster Artikel Nicolas Bideau: Die Schweiz ist Weltmeisterin