nicola spirig beim training
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Nicola Spirig: «Gesundheit ist das A und O in meinem Leben»

18.03.2020
von Fatima Di Pane

Im Juli wird die Olympiasiegerin im Triathlon Nicola Spirig bereits zum fünften Mal an den Olympischen Spielen teilnehmen. Die Sportlerin verrät, wie sie sich motiviert und welche Werte sie ihren drei Kindern weitergeben möchte. 

Nicola Spirig, im Sommer treten Sie an den Olympischen Spielen in Tokio an. Wie bereiten Sie sich mental darauf vor?

Indem ich mich mit relativ viel Vorlauf mit dem Wettkampf auseinandersetze. Ich setze mir Ziele und arbeite dann im Training bewusst auf diese hin. Das heisst, ich weiss beispielsweise, für welchen Moment im Wettkampf ich ein bestimmtes Training absolviere. Ich stelle mir mental vor, gegen welche Athleten ich antrete, mit welchen ich in der Velogruppe sein werde oder wo ich sie angreifen könnte. Ich antizipiere mögliche Rennsituationen und wie ich auf diese reagieren will, was meine Taktik sein könnte. So bin ich am Tag X auf verschiedene Szenarien vorbereitet und kann richtig reagieren.

Welche Gefühle kommen spontan hoch, wenn Sie an die diesjährigen Olympischen Spiele denken? 

In erster Linie ganz viele positive wie Vorfreude, aber natürlich auch Nervosität. Ich habe die Olympischen Spiele eigentlich jedes Mal unter anderen Voraussetzungen bestritten; vom unerfahrenen Rookie 2004 zur Athletin, die wusste, dass sie in London 2012 eine Medaille gewinnen kann bis zur Titelverteidigerin in Rio – und nun, als dreifache Mutter, ist wieder alles anders! Was jetzt noch kommt, ist die Zugabe. Ich freue mich ungemein darauf, in Tokio vor meinem Mann und unseren Kindern zu laufen, dass meine Eltern und zahlreiche Freunde und Bekannte am Streckenrand sein werden, die mich schon in Rio, London und zum Teil bereits in Peking und Athen unterstützten. Für mich ist das ein Privileg.

Es ist bereits Ihr fünftes Mal Olympia. Hat sich Ihre Einstellung dadurch geändert? Bleibt die Nervosität dieselbe?

Wenn am 28. Juli das Olympische Rennen ansteht, werde ich sicher wie jedes Mal grosse Nervosität verspüren. Gleichzeitig werde ich aber auch von meiner Erfahrung profitieren können, beispielsweise in Rennsituationen oder in den Tagen zuvor, wenn die Olympischen Spiele laufen und man als Athletin ein ganz anderes Umfeld vorfindet, als das bei «gewöhnlichen» Wettkämpfen der Fall ist. Andere Sportlerinnen und Sportler, erhöhte mediale Beachtung, viel potentielle Ablenkung und grosser Druck – da ist es wichtig, zu wissen, wie man trotzdem den richtigen Fokus findet, um seine Bestleistung abrufen zu können.

Ich setze mir Ziele und arbeite dann im Training bewusst auf diese hin. Nicola Spirig

Wie motivieren Sie sich für das fordernde Training? 

Mit einem grossen Ziel, das mir einen guten Grund für die harten Trainings gibt, und mit Leidenschaft. Es gibt nicht viele, die ihr Hobby als Beruf ausüben können. Triathlon macht mir nach all den Jahren noch immer sehr viel Spass. Zudem kann ich dadurch reisen und mit meiner Familie spezielle Momente erleben. Ich habe für die Kinder zwischen den Trainings Zeit, kann mir meinen Tag ziemlich flexibel selbst einteilen, lerne Menschen aus der ganzen Welt kennen und erlebe grosse Emotionen. Mir gefällt was ich tue immer noch sehr und ich habe das Glück, dass es auch für meine Familie aktuell so stimmt. Ich schätze es extrem, Familie und Sport so verbinden zu können.

Was bedeutet Gesundheit für Sie? 

Sehr viel, die Gesundheit ist im Leben von mir und meiner Familie das A und O. Als Profisportlerin kommt hinzu, dass der Grat zwischen Topform und Verletzung manchmal sehr schmal ist. Zum Beispiel als ich wenige Monate vor Rio 2016 meine Hand brach, musste ich im Training umdisponieren und erfinderisch sein, um mein Saisonziel nicht zu gefährden oder sogar zu verpassen. Aber schlussendlich sind das Kleinigkeiten im Vergleich zu Krankheiten, die einen an Leib und Leben bedrohen. Dessen bin ich mir stets bewusst. An Training kann ich nur denken, wenn die Familie bei bester Gesundheit ist und es auch mir gut geht.

Als Profisportlerin kommt hinzu, dass der Grat zwischen Topform und Verletzung manchmal sehr schmal ist. Nicola Spirig

Wie achten Sie, speziell als Sportlerin, auf Ihre Gesundheit?

Erholung, Schlaf, Ernährung und angepasstes Training. Ich kenne meinen Körper sehr gut und habe über die Jahre gelernt, seine Signale zu verstehen und auf diese zu hören. Das hilft mir in vielen Situationen, Krankheiten und Verletzungen zu vermeiden. Ich habe das Glück, dass Triathlon eine sehr Sportart ist, welche die Gesundheit fördert und keine Langzeitschäden hervorruft. Als Athletin habe ich ansonsten von Natur aus schon einen sehr gesunden Lebensstil ohne Rauchen oder Alkohol und mit viel Bewegung. Vom Triathlon-Verband aus mache ich auch alle paar Monate einen Bluttest, um meine Gesundheit zu testen, Mängel frühzeitig zu erkennen und auf jene reagieren zu können.

Seit einer ganzen Weile wird auf Social Media die eigene Fitness und Gesundheit zelebriert. Was halten Sie davon? 

Ich finde es grundsätzlich toll, wenn Leute aktiv sind, Sport treiben und ihre Begeisterung dafür via Social Media mit ihrem Umfeld teilen. Der Sport war für mich die bestmögliche Lebensschule und entsprechend glaube ich, dass man Freude am Sport gar nicht genug fördern kann. Deshalb habe ich auch den Kids Cup by Nicola Spirig sowie eine Stiftung lanciert, in dessen Rahmen Kinder schon früh mit Sport in Berührung kommen und ihre Begeisterung dafür entdecken und ausleben können.

Welche Sportart liegt Ihnen gar nicht?

Tanzen! (lacht)

Ihr Mann ist ebenfalls Triathlet. Kommt es da manchmal zu Konkurrenzkämpfen?

Reto hatte eine tolle Karriere und ich bin dankbar für seine Tipps und seine Hilfe. Er ist auch immer noch unglaublich fit und fordert mich manchmal beim Joggen. Aber einen Konkurrenzkampf kennen wir bei uns zu Hause nicht.

Neben dem Profisport haben Sie ein Jurastudium abgeschlossen – wie kriegt man das hin? 

Für mich war es vor allem eine Frage des Zeitmanagements. Zudem habe ich vermutlich von meinen Erfahrungen im Sport profitiert, wo ich früh lernte, fokussiert auf ein Ziel hinzuarbeiten und sehr effizient zu sein. Zu guter Letzt hat es sicher auch geholfen, dass ich zur damaligen Zeit bewusst eine Abwechslung zum Sport gesucht habe und immer auch andere Interessen im Leben hatte als den Sport.

Welchen Ernährungsgrundsätzen folgen Sie? 

Ich ernähre mich grundsätzlich sehr bewusst und ausgewogen, einen speziellen Ernährungsplan verfolge ich jedoch nicht. Für mich ist wichtig, dass ich ganz normal mit meiner Familie essen kann. Zwischen gesunden Hauptmahlzeiten gehören für mich auch Schokolade oder ein Nussgipfel dazu. Das ist Energie, die ich danach im Training wieder verbrenne und die meinem Gemüt guttut.

Zwischen gesunden Hauptmahlzeiten gehören für mich auch Schokolade oder ein Nussgipfel dazu. Nicola Spirig

Wie entspannen Sie sich? 

Mit der Familie, beim Spielen mit unseren Kindern, bei einem Bad oder abends auf dem Sofa mit meinem Mann.

Was möchten Sie in Zukunft erreichen, beruflich oder privat? 

Im Moment ist mein Fokus noch sehr auf die Olympischen Spiele in Tokio gerichtet. Was danach kommt, wird man sehen. Meine Familie wird sicher auch die kommenden Jahre die wichtigste Rolle in meinem Leben spielen. Dazu werde ich Aktivitäten wie den Kids Cup, die ich zum Teil jetzt bereits angestossen habe, sicher auch in Zukunft begleiten.

Welche Werte möchten Sie Ihren Kindern mitgeben?

Dass es sich lohnt, sich für seine Träume und Ziele einzusetzen und für diese hart zu arbeiten. Auch wenn man die Ziele schlussendlich vielleicht nicht immer erreicht, lernt und erlebt man auf dem Weg dorthin so viel, dass es die Mühe fast immer wert ist!

Meine Familie wird sicher auch die kommenden Jahre die wichtigste Rolle in meinem Leben spielen. Nicola Spirig

Wir möchten, dass unsere Kinder etwas finden, für das sie Freude und Leidenschaft haben und diese so ausleben können, wie wir es durften.

Zu wem schauen Sie auf?

Ich hatte immer sehr viel Respekt für meinen Grossvater. Von vielen Seiten war er hoch angesehen und vor allem ein grossartiger Grossvater. Er wusste das Leben so zu nehmen, wie es kommt und meistens das Positive in jeder Situation zu sehen. Er schätzte und freute sich daran, was er noch machen konnte und trauerte nicht jenen Dingen nach, die nicht mehr gingen.

Kurz & knapp

Poulet oder Tofu?
Poulet

Rotwein oder Weisswein?
Rotwein, aber sehr selten

Entspannen mit einem Buch oder einem Film?
Ich liebe Lesen, momentan sind es aber eher täglich Kinderbücher mit meinen Kindern, in den letzten Jahren kam ich nur noch selten dazu, selbst ein Buch zu lesen.

Nachteule oder früher Vogel?
Früher Vogel. Mich findet man immer früh im Bett und früh wieder wach.

News-Feed oder Tageszeitung?
Tageszeitung auf dem Online-Portal

Interview Fatima Di Pane  
Bild Kirsten Stenzel Maurer

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