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Ernährung Gesundheit

Sich mit Intervallfasten gesund fühlen

15.06.2020
von Flavia Ulrich

Viele setzen das Fasten ausschliesslich mit dem Verzicht auf Essen in Verbindung und interpretieren es deshalb als gefährlich und gesundheitsschädigend. Doch Forschungen zeigen auf, dass das kurzzeitige und regelmässige Aussetzen der Nahrungsaufnahme unserem Körper sehr gut tut.

Der Trend des «Intermittent Fasting» ist in aller Munde. Dabei gibt es unterschiedliche Methoden, um am Tag oder in der Woche systematisch zu fasten. Auf den ersten Blick mag dieser Wunsch nach Verzicht verwundern, denn damit assoziiert man einen Mangel an Energie und eine ungesunde Lebensweise. Doch falsch gedacht! Das sogenannte Intervallfasten tut unserem Körper besser, als man denkt.

Fasten hat eine lange Geschichte

Überhaupt fasten zu können, hat im Kern einen überlebenstechnischen Aspekt. Vor Tausenden von Jahren war es den damaligen Bewohnern unseres Planeten nicht immer möglich, Essen zu jagen oder zu finden. Daraus hat sich die Fähigkeit entwickelt, dass Menschen längere Perioden ohne Nahrung aushalten. Kirsten Pirotta ist Ernährungsberaterin und Fastenleiterin und kennt sich auch mit dem Fasten bestens aus. Sie erklärt: »Der Körper stellt nach circa 14 bis 16 Stunden ohne Nahrung auf Autophagie um. Dabei beginnt der Körper sich von innen heraus zu ernähren, Abfallstoffe abzubauen und sich somit selbst zu reinigen. Es ist sozusagen ein ausgeklügeltes Recyclingprogramm.» Und obwohl wir heute zumeist unsere Nahrung im Supermarkt kaufen können, ist uns diese Fähigkeit nicht abhandengekommen.

Das freiwillige Fasten hat seit jeher in den unterschiedlichsten Kulturen, Religionen und Bewegungen einen festen Platz. Dabei wird statt der körperlichen die spirituelle Gesundheit trainiert und man besinnt sich so auf die Wichtigkeit der täglich konsumierten Lebensmittel zurück. Mit dem Heilfasten hat sich der Verzicht auf das Essen während des späten 19. und anfangs des 20. Jahrhunderts auch in der naturheilkundlichen Medizin etabliert.

Massloses Essen verhindern

Das «Intermittent Fasting» ist einer der neueren Trends in der Gesundheits- und Fitnesswelt. Mit dem bewussten Nahrungsmittelverzicht während eines gewissen Zeitintervalls benötigt man keine unnötigen und schädlichen Diäten mit Jojo-Effekt, sondern fördert fixierte Tagesabläufe und die Gewichtsabnahme. Gewissermassen geht es «Back to the Roots» – die Essenspausen unser Vorfahren werden aktiv wieder in den Alltag eingebaut.

Denn die Nahrungsaufnahme ist einerseits für unseren Körper und die Verdauung mit viel Arbeit verbunden. Andererseits fühlen sich viele Menschen von der Auswahl an verschiedensten Lebensmitteln und deren ständiger Verfügbarkeit überfordert. Die Expertin führt aus: «Unser Körper ist nach wie vor auf den Wechsel des Hungerns und Essens programmiert und kommt sehr viel schlechter mit der Überversorgung zurecht, als mit dem zeitweisen Verzicht.» Die Konsequenz des stetigen Vorhandenseins von Nahrung: Essen und Masslosigkeit gehen meist Hand in Hand. Dies möchte man mit dem Trend des «Intermittent Fasting» verhindern.

Unterschiedliche Methoden

Das Konzept des Fastens gibt es in vielen verschiedenen Varianten. Dabei unterscheiden sie sich vor allem bezüglich der Zeitintervalle und der Art der aufgenommenen Nahrung während der Essensphase. Drei sehr beliebte Arten sind das Heil-, das Smoothie- und das Basenfasten. «Während beim Heilfasten nur stilles Wasser, Kräutertees und Bouillon getrunken werden dürfen, nimmt man beispielsweise beim Smoothiefasten zwei bis drei grosse Smoothies zu sich. Beim Basenfasten isst man basenbildende Lebensmittel (sprich: hauptsächlich Obst und Gemüse) in jeglicher Form», erläutert Kirsten Pirotta.

Unser Körper ist nach wie vor auf den Wechsel des Hungerns und Essens programmiert und kommt sehr viel schlechter mit der Überversorgung zurecht, als mit dem zeitweisen Verzicht. Kirsten Pirotta

Beim Intervallfasten ist der zeitliche Aspekt besonders wichtig. Je nachdem wie lange man gerne auf das Essen verzichten möchte, kann man die Zeiten verändern oder anpassen. Die gängigste Methode ist laut der Expertin die 16/8-Regel. Dabei darf man während acht Stunden etwas zu sich nehmen und fastet während den restlichen 16 Stunden. Dies lasse sich problemlos in den Alltag einbauen und dauerhaft durchführen. Weitere sehr bekannte Möglichkeiten seien die 10in2-Diät, bei der man jeden zweiten Tag fastet, und die 5:2-Diät. Bei letzterer fallen wöchentlich zwei Fastentage an.

So fastet man richtig

Möchte man gerne das Fasten in den Alltag integrieren, sollte man sich zuerst mit den unterschiedlichen Methoden befassen. Die Ernährungsberaterin rät dazu, eine Variante zu wählen, die zu einem passt. Wieso ist das so wichtig? «Anders als das ‹Zwangsfasten› früher, sollte ein Fasten heute immer freiwillig sein und mit Motivation und Überzeugung durchgeführt werden. Sonst entspricht es eher einem Hungern», merkt sie an. Da die 16/8-Regel stark mit unserem normalen Essverhalten übereinstimmt, eignet sie sich für den Einstieg ins Fasten sehr gut. Laut Kirsten Pirotta sei es weiterhin für viele Menschen keine grosse Umstellung, auf das Frühstück zu verzichten, erst am Mittag etwas zu essen und vormittags nur Wasser und ungesüssten Kräutertee zu trinken.

Essen ist etwas sehr Subjektives – ein weiterer Vorteil dieser Methode ist deshalb die Anpassungsfähigkeit an die fastende Person. Möchte man beispielsweise nicht auf das Morgenessen verzichten, ist es möglich die Zeiten umzustellen: Man kann somit um 8 Uhr sein Frühstück geniessen, isst aber nur bis zur «Zvieri»-Zeit. Beim «Intermittent Fasting» sollte man jedoch nicht wahllos essen, was man möchte, sondern möglichst gesunde Lebensmittel und Getränke zu sich nehmen. Einigen Personen rät die Ernährungsberaterin jedoch generell vom Fasten ab. Dazu gehören Kinder bis zu 16 Jahren, Schwangere und Stillende sowie Personen mit Essstörungen, akuten Erkrankungen und schweren chronischen Erkrankungen im Endstadium.

Schritt für Schritt verlängern

Kirsten Pirotta empfiehlt Einsteigern, langsam mit dem Fasten anzufangen. Da man die Zeiten wie bereits erwähnt beliebig modifizieren kann, steigt man am besten mit einer 12/12-Version ein. Denn zwölf Stunden ohne Nahrung sollten problemlos möglich sein. Diese Fastenperioden können danach laut der Expertin verlängert werden: «Wie auch immer man beginnt, wenn man gut damit klarkommt und sich wohl fühlt, kann man Schritt für Schritt die Fastenphase auf 16 Stunden verlängern. Ab 20 Uhr sollte allerdings nicht mehr gegessen werden.»

Text Flavia Ulrich

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