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Patente: Schwert und Schild technischer Innovation

29.08.2020
von SMA

Wirtschaft und Gesellschaft durchlaufen eine der grössten Transformationen, die es geschichtlich je gab. In wenigen Jahren wird nicht mehr viel so sein, wie es heute ist. Die wichtigste Fähigkeit in solchen Perioden ist die Kunst der präzisen Lagebeurteilung. Nicht die Trends, sondern die Trendbrüche sind wichtig, nicht die Kontinuitäten, sondern die Diskontinuitäten. 

Eines der Hauptprobleme – nicht nur der Schweiz – ist die Tatsache, dass mehr als 90 Prozent aller Naturwissenschaftler, die je gelebt haben, heute leben und arbeiten. Unter diesen Technikern und Wissenschaftlern international die Nase vorn zu haben, ist anspruchsvoller als je zuvor.

Die gegenwärtige Devise für ein Unternehmen könnte etwa lauten «besser und mehr». Für die innovative Strategie muss sie dagegen lauten «neu und anders», wobei das «anders» vor allem auch für die Managementpraxis gilt. Die zentrale Frage des Innovationsmanagements ist auch nicht «mache ich meine Arbeit richtig?», sondern vielmehr «mache ich die richtige Arbeit?».

Innovationen, definiert als die Durchsetzung von Neuerungen, sind bei Nationalökonom Joseph Schumpeter Inbegriff unternehmerischer Leistung. Vor allem der technische Innovationsprozess ist heute eine der zentralen Managementaufgaben geworden, wenn man einmal davon absieht, dass die zentrale Aufgabe das Überleben des Unternehmens ist. Die Notwendigkeit technischer Innovation steht heute ausser Frage.

Zufall als Teil der Innovation

Wenn es um Kreativität und Innovation geht, ist «chaotische Aktion» immer besser als wohlgeordnetes, methodisches Treten an Ort. Dies gilt für das grosse wie für das kleine Unternehmen. Innovationen sind allerdings oft «Zufallstreffer». Das zeigt sich schon daran, dass praktisch keine Grossinnovationen für das gebraucht werden, wofür sie ursprünglich gedacht waren. Transistoren waren eigentlich nur für ein bestimmtes kleines Militärgerät gedacht, Xerografie nur für einen bestimmten Vorgang in der Lithografie.

Eine der Kennziffern für die Innovationsleistung eines Unternehmens ist die Innovationsrate. Wie viel Prozent des Umsatzes macht man mit Produkten oder Leistungen, die nicht älter sind als drei bis fünf Jahre? Diese Rate sollte nie unter zehn Prozent sinken.

Patente als Basis 

Aber die Kosten technischer Innovationen steigen ständig, oft sogar exponentiell. Deshalb wird es immer wichtiger, exklusiv auf dem Markt von der Innovation zu profitieren, die hohen Entwicklungskosten zu amortisieren und Gewinn zu erzielen. Diese exklusive Stellung ist nur mit Hilfe von Patenten möglich. Die eigenen Patente müssen konsequent in allen wichtigen Ländern angemeldet werden. Erst dann ist die Basis dafür geschaffen, dass sich die hohen Investitionen lohnen, abgesichert sind und notfalls gegen jeden Patentverletzer konsequent vorgegangen werden kann. Patente sind Waffen, die zum Schutz der eigenen technischen Innovation eingesetzt werden sollen.

Natürlich bereitet es Freude, wenn aus der Erfindung eine schlagkräftige Waffe geworden ist, wenn also am Ende eines oft langen Weges durch das Dickicht der Forschung und Entwicklung ein Patent steht, unter dessen Schutz die innovative Idee die ihr gebührende Entfaltung finden kann. Allein die Tatsache, dass ein Patent erteilt wurde, zeigt, dass das Patent wie das Schutzschild des Kriegers wirken kann. Wird das Patent verletzt, wird das Patent zum Schwert für den Angriff.

Vor- und Nachteile kleiner Firmen

Kleine Unternehmen sind sehr häufig ideenreich, sie sind kreativ. Sie haben kurze Wege und rasche Entscheidungen und brauchen keine Bürokratie zu überwinden, um an einer Idee arbeiten zu können. Sie kommen meistens sogar recht zügig in die «Prototyp-Phase». Soweit ist Kleinheit ein grosser Vorteil. Danach aber beginnen die grossen Schwierigkeiten: Kleine Firmen leiden immer an zwei Problemen: Sie sind underfinanced und undermanaged. Sie haben weder die finanziellen noch die personellen Mittel, um die viel schwierigeren Schritte der Serienentwicklung und der Vermarktung auch noch erfolgreich zu machen. Dies macht sie zu interessanten Übernahmekandidaten für jene, welche die Mittel und das professionelle Management-Know-how besitzen. Je besser die Innovation durch Patente geschützt ist, desto interessanter, attraktiver und lukrativer die Übernahme.

Statistische Zahlen zeigen, dass die Innovatoren meist aus der Entwicklung und nicht der Forschung kommen. Sie sind etwa 30 Jahre alt sind und dass die Erfindungen, welche in den wichtigsten Ländern durch Patente geschützt sind, einen Durchschnittswert von einer Million Franken haben.

Marktgerichtete Innovationen

Auffallend ist, dass erfolgreiche Innovationen von Betrieben gemacht werden, die verkaufsorientiert, qualitätsorientiert und kundenorientiert sind. Sie sind nach aussen – auf den Markt hin – ausgerichtet. Sie haben die besten Leute an der Front und führen eine aggressive Patentpolitik. Vor allem aber strahlen sie einen spürbaren Optimismus aus. Eine Kraft, den Kopf hochzuhalten, wenn alles fehlzuschlagen scheint. Die Kraft, Rückschläge zu ertragen. Eine Kraft, die die Zukunft niemals dem Konkurrenten lässt, sondern sie für sich mit Patenten als Schwert und Schild in Anspruch nimmt.

Text Richard A. Egli, Patentanwalt

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