philipp justus
Digitalisierung Innovation Interview

Philipp Justus: »Für mich ist Chancengleichheit eine Herzensangelegenheit«

15.09.2020
von Fatima Di Pane

Philipp Justus, Vice President, Google Zentraleuropa, verrät im Gespräch mit »Smart Great Employers«, was einen modernen Arbeitgeber ausmacht und welche Rolle Diversity dabei spielt. 

Philipp Justus, womit haben Sie Ihr erstes Geld verdient? 

In meiner Schulzeit hatte ich zwei Jobs: als Zeitungsausträger unserer Lokalzeitung und als Programmierer.

Was macht für Sie einen attraktiven Arbeitgeber aus? 

Für mich spielen mehrere Faktoren eine Rolle: eine Mission, die mich begeistert, Arbeit an bahnbrechenden Produkten und natürlich eine dynamische, offene und inklusive Unternehmenskultur, die von Vertrauen, Transparenz und Eigenverantwortung geprägt ist.

Welche Benefits sind essenziell, um Mitarbeiter langfristig zu motivieren? 

Langfristige Motivation entsteht weniger durch finanzielle Benefits, die von Mitarbeitern häufig als Hygienefaktoren wahrgenommen werden. Denn wirkliche Motivatoren sind eine Unternehmenskultur, die Eigeninitiative und die Übernahme von Verantwortung fördert, umfassende Angebote für die berufliche und persönliche Weiterentwicklung sowie ein inspirierendes Arbeitsumfeld. Deswegen bieten wir unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zahlreiche Möglichkeiten, sich weiterzuentwickeln. Neben einem sehr umfassenden Trainingsangebot gehören dazu auch 20-Prozent-Projekte, Rotationsprogramme (»Bungee Rotations»), und internationale Transfers, um die Möglichkeit zu bekommen, verschiedene Rollen, Teams oder Orte zu erkunden.

Wie bindet man hochausgebildete Fachkräfte langfristig an ein Unternehmen? 

Exzellente Mitarbeitende sind in einem innovationsgetriebenen Unternehmen wie Google natürlich essenziell. Klar, die Leistung muss honoriert werden; Förderprogramme und Fortbildungsmaßnahmen angeboten werden. Ein wesentlicher Punkt liegt zudem in den Werten und Haltungen, für die das Unternehmen steht: Wir haben die Erfahrung gemacht, dass diese immer wieder klar kommuniziert und gelebt werden müssen, damit sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in dem beruflichen Umfeld wiederfinden, sich damit identifizieren und mit vollem Einsatz einbringen können.

Welche Gesundheitsförderungsmassnahmen sollten Unternehmen heutzutage anbieten, um wettbewerbsfähig zu bleiben?

In Zeiten der weltweiten Coronapandemie kommt dem Thema Gesundheit und »Well-being« natürlich eine ganz besondere Bedeutung zu. Die meisten unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten momentan von zu Hause und wir unterstützen sie dabei, in ihrer jeweiligen Situation Arbeit, Privatleben und Gesundheit in Einklang zu bringen. Da räumlich und zeitlich flexibles Arbeiten ein Stück weit zur neuen Normalität geworden ist. Zudem stellen wir unseren Beschäftigten umfangreiche Angebote und Informationen für ihr physisches und mentales Wohlbefinden zur Verfügung. Neben den allseits bekannten Vorsorgemaßnahmen gegen das Coronavirus haben wir eine ganze Reihe von Angeboten zum Thema »Mental Health«.

In Zeiten der weltweiten Coronapandemie kommt dem Thema Gesundheit und »Well-being« natürlich eine ganz besondere Bedeutung zu. Philipp Justus

Was bedeutet Diversity für Sie? 

Vielfalt, Gerechtigkeit und Inklusion sind Grundvoraussetzungen für ein attraktives und faires Arbeitsumfeld. Für mich ist zudem das Thema Chancengleichheit eine Herzensangelegenheit: Wir müssen es einfach schaffen, faire und gerechte Chancen in der Arbeitswelt hinzubekommen, und das gilt insbesondere für Frauen und Menschen in unterrepräsentierten Gruppen. Daher setze ich mich auch persönlich für dieses Thema ein – beispielsweise im Rahmen der Initiative Chefsache, in der 25 Unternehmen und Organisationen sich gemeinsam dem Ziel der Chancengerechtigkeit verpflichtet haben.

Wie setzen Sie sich bei Google für Diversity ein? 

Googles Ziel liegt darin, die Informationen dieser Welt zu organisieren und allgemein zugänglich und nutzbar zu machen. Also ist unser Diversity-Ansatz eine natürliche Erweiterung dieses Vorhabens: Chancen verbessern, Barrieren abbauen und eine integrative und vielfältige Arbeitsplatzkultur fördern, die ganzheitliche Produkte hervorbringt. Wir legen großen Wert auf die Verbesserung der Vielfalt unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und möchten eine inklusive Kultur für alle schaffen. Ausserdem ist unsere unternehmensweite Strategie in der weiteren Operationalisierung unserer vier langjährigen Verpflichtungen verankert.

Die Gerechtigkeit: Förderung von Fairness in den Arbeitsabläufen von Google, sowie bei der Verteilung unserer Ressourcen und Möglichkeiten.

Die Vielfalt: Streben nach der Entwicklung, Förderung und Bindung unterrepräsentierter Talente auf allen Hierarchiestufen von Google, und die Nutzung oder Ausweitung des verfügbaren Talentpools.

Die Inklusion: Gewährleistung, dass Google ein Arbeitsplatz ist, in dem sich jeder Mitarbeiter willkommen, respektiert, unterstützt und wertgeschätzt fühlt. Wir bemühen uns um die Förderung von Vielfalt und wollen Arbeitsbedingungen schaffen, in denen jeder Mitarbeiter sich bestmöglich entwickeln kann.

Integrität: Wir legen größten Wert darauf, dass Google und die Mitarbeiter sich jederzeit an unsere Werte, unseren Verhaltenskodex und an das Gesetz halten.

Google ist oft Gegenstand von Kritik, beispielsweise in Bezug auf Privatsphäre. Wie kann man dieser entgegenhalten?

Google hat sich in kürzester Zeit von einem Start-up in einer Garage zu einem großen Unternehmen mit weltweiten Aktivitäten entwickelt. Mit zunehmender Größe wächst auch unsere Verantwortung, und natürlich werden uns auch mehr Fragen gestellt. Deswegen begegnen wir solchen Fragen mit größtmöglicher Transparenz über unsere Produkte und Richtlinien sowie mit entsprechenden Entscheidungen. Denn so ist unser Münchner Standort mit mehr als 1 200 Googlern unser weltweites Zentrum für Produkte rund um Datenschutz und Datensicherheit. Googles Datenschutz ist made in Germany.

Google hat sich in kürzester Zeit von einem Start-up in einer Garage zu einem großen Unternehmen mit weltweiten Aktivitäten entwickelt. Philipp Justus

Wie definieren Sie Privatsphäre? 

Privatsphäre bedeutet für mich, die Kontrolle über meine eigenen Daten zu haben. Welche Daten gebe ich preis, und wie werden sie verwendet? Fragen, deren Antwort jeder kennen und keiner lange suchen sollte. Daher arbeiten wir kontinuierlich daran, Nutzerinnen und Nutzern transparent aufzuzeigen, welche Daten wir wofür verwenden. Auch geben wir ihnen mit dem Google Konto einfache Werkzeuge an die Hand, mit denen sie selbst die Einstellungen treffen können, die zu ihnen passen. Langfristig ist unser Ziel, mit noch weniger Daten noch mehr für die Nutzer zu tun.

Gibt es technische Fortschritte, die Ihnen Angst machen? 

Technischer Fortschritt ist die Basis dafür, dass sich eine Gesellschaft weiterentwickelt, dass die Wirtschaft wächst, dass neue Jobs entstehen und dass sich der Lebensstandard verbessert. Bei einem Unternehmen wie Google arbeiten zu können, das technische Innovationen vorantreibt, zeigt mir, dass damit auch viel Verantwortung einhergeht und dass technische Errungenschaften zum Beispiel nur unter Einbeziehung ethischer, datenschutzrechtlicher und gesellschaftlicher Grundsätze her entwickelt und eingesetzt werden dürfen.

Wann sind Sie komplett offline? 

Viel zu selten (lacht).

Welche Klischees über Menschen aus der Tech-Branche sind wahr? 

Meine Wahrnehmung: Es stimmt, dass in der Tech-Branche überdurchschnittlich viele aufgeschlossene und neugierige Menschen arbeiten, die optimistisch in die Zukunft schauen und etwas bewegen wollen. Dagegen stimmt es nicht, dass man dafür männlich sein oder ein T-Shirt mit Science-Fiction-Aufdruck tragen muss.

Philipp Justus in Kürze

Wellness oder Abenteuer?
 Abenteuer
Streaming oder Kino? Streaming, natürlich vor allem auf YouTube.
Arbeiten im Sitzen oder am Stehpult?
 Sowohl als auch – mein Tisch lässt sich rauf- und runterfahren.
Tee oder Kaffee? Je nach Uhrzeit. Morgens Tee, tagsüber Kaffee.
Motivierende Musik oder Binaural Beats? Motivierende Musik, von Coldplay bis zu KitschKrieg

Interview Fatima Di Pane Bild Markus Mielek

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