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Digitalisierung Innovation KMU

Let’s make a deal!

25.11.2020
von SMA

Corporate Venture Capital, d.h. die finanzielle Beteiligung von etablierten Unternehmen an jüngeren Unternehmen, hat in den vergangenen Jahren eine bemerkenswerte Renaissance erlebt. In den letzten 10 Jahren ist die Anzahl der aktiven Corporate Venture Capital Einheiten massiv gestiegen und man kann weltweit von knapp 2 000 regelmässig investierenden Teams ausgehen. 

Alexander Stoeckel Director Venture Capital PM Equity Partner

Alexander Stoeckel, Director Venture Capital PM Equity Partner

Ein zentraler Beweggrund für Grossunternehmen, sich mit Startups zu beschäftigen, ist der stetig zunehmende Wettbewerbsdruck. Unternehmen wetteifern fortlaufend miteinander um die Gunst anspruchsvoller Kunden. Um in diesem Wettbewerb zu bestehen bedarf es fortlaufender Innovationen, einerseits rund um die Produkte, andererseits rund um die Effizienz der eigenen Wertschöpfungskette.

In den letzten Jahren konnten Top-Manager von Grossunternehmen viele Startup-
Erfolgsgeschichten verfolgen, die nach jeweils ähnlichen Mustern abliefen:

  • Ein Grossunternehmen identifiziert ein Startup, das eine spannende neue Technologie entwickelt hat, mit der die Produkte des Grossunternehmens dramatisch verbessert werden könnten, so dass ein substanzieller Wettbewerbsvorteil erreichbar scheint.
  • Das Grossunternehmen greift dem Startup also finanziell unter die Arme und die konzerneigenen Experten und die Startup-Unternehmer bilden ein Dream-Team, in dem sich Erfahrung und Kreativität aufs Schönste verbinden. Das Dream Team finalisiert die Produktentwicklung und dann werden die Produkte gemeinsam vermarktet.

Am Ende gewinnen alle: Die Kunden, das Startup und das Grossunternehmen.

Also worauf warten wir noch? Let’s make a deal!

Die unterschiedlichen Kulturen müssen gegenseitig verstanden, respektiert und nicht als Herausforderung, sondern als Bereicherung und Chance begriffen werden.

Herausforderungen überwinden

Ganz so einfach ist es in der Realität allerdings nicht. Diverse Herausforderungen sind seitens des Grossunternehmens und seitens der Startups zu überwinden:

  • Welche Grundausrichtung soll der hauseigenen Corporate Venture Capital Abteilung gegeben werden? Kommt es auf strategische Investments an oder einen positiven Return on Investment? Wird in Kerngeschäfts-nahe oder auch in Kerngeschäfts-ferne Unternehmen investiert?
  • Wer soll sich um die Startup-Investments kümmern? Hauseigene Manager des Grossunternehmens? Oder extern rekrutierte Venture Capital Experten? Oder ein Mix aus internen und externen Experten?
  • Wo findet ein Grossunternehmen relevante, d.h. gut passende Startups? Wie sieht der Katalog der Selektionskriterien aus, wonach wird gesucht, wie sieht ein idealer Partner aus?
  • Wie erhält das Grossunternehmen Zugang zu solchen UnternehmerInnen? Und wie lässt sich ein relevantes Netzwerk in der Startup-Welt aufbauen?
  • Ist das Investment einmal getätigt, wie geht es dann weiter? Wie lässt sich eine längerfristige und für beide Seiten gewinnbringende Zusammenarbeit etablieren?
  • Wie ist – insbesondere seitens des Grossunternehmens – mit Rückschlägen umzugehen?

Kulturelle Unterschiede als die vermutlich grösste Herausforderung

Persönlich halte ich die kulturellen Unterschiede, die Startups im Vergleich zu Grossunternehmen ausmachen, für die vermutlich grösste Herausforderung. Die unterschiedlichen Kulturen müssen gegenseitig verstanden, respektiert und mittelfristig nicht als Herausforderung, sondern als Bereicherung und Chance begriffen werden. Das fängt an bei Kleinigkeiten wie dem womöglich unterschiedlichen Dresscode und unterschiedlicher Bürogestaltung, geht über unterschiedliche Geschwindigkeiten, in denen Prozesse bearbeitet und abgeschlossen werden und endet bei unterschiedlichen Perspektiven auf unternehmerische Themen wie z.B. Branding, Vertriebsstrategie und Reporting.

Grossunternehmen wird zum Beispiel vorgehalten, langsam und bürokratisch zu arbeiten. Und auf den ersten Blick mag das stimmen. Aber blickt man hinter die Kulissen versteht man schnell, dass ein Grossunternehmen anders und formalisierter arbeiten muss, da das Management ansonsten schnell den Überblick über die unzähligen Projekte verliert, die zu jedem Zeitpunkt in einem Grossunternehmen laufen.

Grossunternehmen wird zum Beispiel vorgehalten, langsam und bürokratisch zu arbeiten. Alexander Stoeckel

Und die Startups?

Ein Startup managt parallel deutlich weniger Prozesse. Nicht selten ist es sogar vollständig auf einen zentralen Zweck bzw. ein Ziel ausgerichtet und ordnet diesem zentralen Prozess alle anderen Prozesse unter. Ein Startup kann Abkürzungen nehmen, pragmatisch vorgehen und die Dokumentation und Formalisierung einer Vorgehensweise erst einmal hintenan stellen.

Aber gerade hier liegen die grössten Chancen der Zusammenarbeit. Startup und Grossunternehmen können voneinander lernen und sich gegenseitig inspirieren. Das Startup macht das Grossunternehmen «schneller», das Grossunternehmen kann die Sorgfalt erhöhen, mit der das Start-
up seine Prozesse plant, durchführt und schliesslich auf Erfolg hin überprüft.

In meiner persönlichen Arbeit konnte ich immer wieder feststellen, dass auf beiden Seiten, d.h. in Startups und in Grossunternehmen, intelligente, kreative und hochmotivierte Leute sitzen. Alle eint der Wunsch, erfolgreich zu sein. Wenn dieser gemeinsame Nenner verstanden und gelebt wird und die Unterschiedlichkeiten der jeweils anderen Seite nicht belächelt oder ignoriert, sondern akzeptiert und respektiert werden, dann können Startups und Grossunternehmen gemeinsam fantastische Projekte auf die Beine stellen. In diesem Sinne: Let’s make a deal!

Text Alexander Stoeckel

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