folter im altertum
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Als Folter und Verstümmelungen Instrumente unseres Rechtsystems waren

21.01.2021
von SMA

Nur allzu gerne verbannen wir Gräueltaten wie Folter und Todesstrafe ins finstere Mittelalter. Das Mittelalter war allerdings nicht gar so finster. Folter und die schrecklichen Strafen fanden erst danach in der frühen Neuzeit Einzug in unser Rechtssystem. Natürlich gab es schon früher gelegentliche Hinrichtungen, das praktizierten schon die alten Römer.

Der Beruf des Henkers wurde erst im 15 Jahrhundert erschaffen. Die Gründe dafür waren eine extreme Verschlechterung der Lebensumstände, hervorgerufen durch einen Klimawandel, der kleinen Eiszeit. Diese verursachte Missernten, Hungersnöte, Armut und Krankheiten. Kleinere Vergehen, die man früher mit Bussen regelte, wurden bei knappen Ressourcen massiv härter bestraft. Es kam eine Vielzahl von Strafen zur Anwendung. Leichte Vergehen wurden mit Schand oder Ehrenstrafen belegt. Dazu gehören Pranger und das Halseisen, wo die fehlbaren Personen öffentlich ausgestellt wurden. Hierfür konnten noch etliche Requisiten wie Schilder, Schandmasken, Schandflöten, Lästersteine, Strohzopf usw. beigefügt werden, um den Träger zusätzlich lächerlich zu machen oder den Grund für die Bestrafung aufzuzeigen. Obwohl uns diese Praktik als noch vergleichsweise milde erscheint, konnte eine solche Behandlung schwere Folgen nach sich ziehen – bis zum völligen Ausschluss aus der Gemeinschaft.

Für schwerere Vergehen verhängte man Leibesstrafen. Die leichteste Variante war die Peitsche. Schlimmer waren Verstümmelungen wie das Brandmarken, Blenden oder Abschneiden von Händen, Ohren, Nase und Zunge.

Todesstrafe

Die unseres Erachtens schwerste aller Strafen war die Todesstrafe. Allerdings sahen das damals nicht alle so. Etliche Kriminelle schmückten ihre Tat dermassen aus, dass es sicher für die Exekution reichte. Denn diese beinhaltete auch einige Privilegien. Eine saubere Zelle, frische Kleidung, geistlicher Beistand, Tabak und Wein. Nicht zu vergessen die Henkersmahlzeit, wobei alles Mögliche bestellt werden konnte, was sich ein armer Bauer im ganzen Leben niemals hätte leisten können. Dann ein kurzer, schmerzloser Tod. Für viele erschien das angenehmer als in einem feuchten Loch oder auf einer Galeere namenlos zu verenden.

Etliche Kriminelle schmückten ihre Tat dermassen aus, dass es sicher für die Exekution reichte.

Je nach Delikt wendete man verschiedene Tötungsarten an. Am schlimmsten galt der Tod am Galgen, weil dem Verurteilten der Eintritt ins Himmelreich verwehrt wurde. Das qualvolle Sterben, mit gebrochenen Gliedern aufs Rad geflochten, war nicht minder schrecklich. Für Zauberer und Hexen waren der Scheiterhaufen, das Ertränken und lebendig begraben zu werden vorgesehen. Die Enthauptung durch das Schwert war ein Privileg und kam vor allem bei besser gestellten Verurteilten zum Einsatz.

Die Folter war ein Instrument zur Wahrheitsfindung. Es war nicht die Idee, ein Geständnis durch Schmerzen herauszupressen, sondern zu verhindern, dass der Teufel Einfluss auf den Delinquenten ausübt und somit den Ausgang des Gerichtsverfahrens für den Sünder positiv beeinflusst.

Drei Foltergrade

Bei einer Tortur kamen in einem Strafprozess drei Foltergrade zum Zug. Als erstes wurde mit Verdammnis gedroht und dazu Foltergeräte gezeigt. Danach kamen Daumenschraube, Spanischer Stiefel, oder das Fässchen zum Einsatz. Alles Geräte, bei denen etwas zusammengedrückt wird. Zum Schluss wurde der Körper an den nach hinten gefesselten Händen mit einem schweren Gewicht an den Füssen in die Höhe gezogen, das ein Auskugeln der Schulter bewirkt. Bei der peinlichen Befragung, wie die Folter auch genannt wurde, durfte kein Tropfen Blut fliessen und ein Geständnis musste nach vierundzwanzig Stunden, ohne das Zufügen von Schmerzen wiederholt werden, sonst wäre es ungültig. Das hatte allerdings die Wiederholung der Folter zur Folge. Wer aber drei Durchgänge, ohne zu gestehen überstand, wurde als unschuldig betrachtet und freigelassen.

Die Folter war ein Instrument zur Wahrheitsfindung.

Foltergeräte, die massive Verletzungen verursachen oder sogar tödlich sein können, werden entweder der Bestrafung zugeordnet, wurden missinterpretiert oder entsprangen der Fantasie von Geschichtenerzählern.

Trotzdem, die Zeiten waren hart und obwohl uns diese Praktiken als menschenverachtend und brutal erscheinen, dürfen wir dies nicht mit der heutigen Sicht der Dinge werten. In diesen Zeiten waren die Leute sehr religiös und auch abergläubisch. Gott durfte auf keinen Fall erzürnt werden, um nicht noch weiteres Ungemach heraufzubeschwören. Hier erkennen wir auch die Gründe für die Hexenverfolgung, die in Europa über Jahrhunderte an verschiedenen Orten, immer mal wieder aufflackerte und ihr Ende nach dem Justizmord an Anna Göldi in Glarus im Jahre 1782 fand. Es muss allerdings erw.hnt werden, dass die Hexenjagd nur eine Nebenrolle spielte. Es verloren weit mehr Menschen wegen sexuellen Vergehen und der Judenpogrome ihr Leben. Diese Aussagen sind gestützt auf Wolfgang Behringers Buch: «Hexen, Glaube, Verfolgung, Vermarktung».

Über das Henkermuseum

Das Henkermuseum in Sissach ist bemüht, die Geschichte
der Justiz so authentisch wie möglich darzustellen.
Die zahlreichen Originale versetzen die Besucher
immer wieder in Erstaunen. Es lassen sich auch
Parallelen zur heutigen Zeit aufzeigen. Klimawandel,
Covid-19, wirtschaftliche Einbussen usw. haben Auswirkungen
auf die Gesellschaft. Also lernen wir aus
der Vergangenheit.

Mehr Infos: henkermuseum.ch

Text Guido Varesi, Museumsleiter Henkermuseum

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