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Gesundheit

Was bringen Gentest-Kits?

19.03.2021
von Fatima Di Pane

Online tummelt sich eine Vielzahl an Angeboten für die Genanalyse. 

Wer auf Online-Suchmaschinen nach Gentests sucht, findet sofort eine riesige Auswahl einschlägiger Ergebnisse. Diese halten eine ganze Reihe an Versprechen bereit; man soll den Migrationsweg der Verwandtschaft nachvollziehen, die ethnische Abstammung entschlüsseln und Verwandte bis zum 13. Grad aufspüren können. Auch gesundheitliche Versprechen wie das Ermitteln der Zellgesundheit, der Telomer-Länge bis zum idealen Abnehm-Plan für die genetische Veranlagung sind mit dabei.

Der Prozess ist einfach: Man bestellt das Kit bei einem der vielen Anbieter online, macht einen Wangenabstrich oder stellt eine Speichelprobe zur Verfügung und schickt das Ganze zurück an den Anbieter. Die Ergebnisse erhält die Kundschaft in wenigen Wochen. Der Kostenpunkt unterscheidet sich von Anbieter zu Anbieter drastisch. Die Preise schwanken von einem Fünfziger bis zu mehreren hundert Franken.

Woher komme ich?

Für den Griff zum Gentest gibt es viele Gründe. Einerseits lockt das Versprechen, mehr über die eigene Herkunft zu erfahren. Das Bedürfnis, mehr über sich selbst zu entdecken, steckt in jedem Menschen. Gewisse Individuen mögen sich die eine oder andere Erkenntnis davon versprechen, die eigene Herkunft genauestens aufgeschlüsselt zu bekommen. Laut DNA Weekly darf man diese Ergebnisse jedoch nicht für bare Münze nehmen, da dieses bloss eine Genauigkeit von zirka 90 Prozent erreicht. Die durchschnittliche Fehlerquote wird auf 1000 Fehler pro Analyse geschätzt. Einige der Testanbieter verfügen über Zugriffe auf Dokument-Datenbanken, welche eventuell passende Geburts-, Heirats- oder Todesurkunden liefern können. Wer sich jedoch erhofft, von einem Test eine erleuchtende Erfahrung über sein Selbst machen zu können, wird wohl leer ausgehen.

Woran werde ich erkranken?

Weitere Anbieter spezialisieren sich derweil nicht auf die Ermittlung der Herkunft, sondern auf die genetische Veranlagung zur Entwicklung verschiedener Krankheitsbilder. Ein Teil von ihnen testet die Veranlagungen für bis zu 40 Krankheiten, darunter beispielsweise Krebs und Alzheimer. Dies soll es einem ermöglichen, mit gewissen Anpassungen des Lebensstils das Risiko zu senken sowie auf betreffende Symptome schon frühzeitig zu achten. Sind solche Tests sinnvoll? «Dies hängt ganz davon, was für eine Erbgutanalyse durchgeführt wird. Im medizinischen Bereich gibt es viele sehr aussagekräftige Tests», sagt Anita Rauch, Professorin für Medizinische Genetik. «Insbesondere im Online-Bereich werden aber oft eher einfache Tests angeboten, deren Aussagekraft sehr beschränkt ist und sogar in die falsche Richtung weisen kann.»

Die psychische Belastung

Es ist zwar durchaus korrekt, dass einige Menschen ein erhöhtes Risiko mit sich tragen, gewisse Krankheiten zu entwickeln, dieses ist jedoch oftmals nur leicht erhöht. Dem psychisch labilen Menschen, dem ein erhöhtes Risiko zu Morbus Crohn mitgeteilt wird und infolgedessen beim kleinsten Bauchschmerz eine Panikattacke bekommt, ist gesundheitlich mit diesem Wissen auch nicht geholfen.

«Studien zu dieser Thematik zeigen, dass zwar anfangs für alle eine grosse Belastung entstehen kann, dann aber unter fachkundiger ärztlicher Beratung dies in der Regel bald überwunden wird», sagt Anita Rauch zu den psychischen Folgen eines Testergebnisses. Ein ausgeglichener Mensch wird mit derselben Veranlagung vielleicht Anpassungen im Alltag vornehmen und als Konsequenz eventuell tatsächlich ein gesünderes Leben führen. Beides ist möglich.

Familienanamnese

Wenn es darum geht, Veranlagungen zu gewissen Krankheiten zu ermitteln, ist der Blick in die Familiengeschichte hilfreich. Wenn Herzkrankheiten, bestimmte Krebsarten oder Immundefekte in der Familie verbreitet sind, macht in diesem Falle auch ein Blick auf die eigene Gesundheit, eventuell mit ärztlicher Begleitung, Sinn. Bei vielen der häufigen Krankheiten wie Bluthochdruck oder Diabetes hängt es aber grössenteils mit Umwelteinflüssen und dem Lebensstil zusammen ob sie sich entwickeln und manchmal ist es auch schlichtweg Pech.

Gentests, welche versprechen, den besten Ernährungsplan, die beste Sportart oder gar den genetisch passenden Partner zu finden, werden in der Medizin belächelt.

Die Sache mit den Daten

Was den Datenschutz betrifft, sind Gentest-Kits mit Vorsicht zu geniessen. «Der Datenschutz in den USA ist bekanntlich nicht mit dem in Europa zu vergleichen», sagt Anita Rauch. «Ob jemandem daraus Schaden entstehen kann, hängt von unseren gesellschaftlichen Vorgaben ab.» In den USA führte die Datenbank eines populären Gentest-Anbieters zur Aufklärung eines Mordfalles aus den 1980er-Jahren. Daraufhin wurden kritische Stimmen laut, was die Datenschutzbedenken von Gentest-Kits angehen.

Laut biorespect tangiert das Schweizer Datenschutzgesetz genetische Daten nur oberflächlich. Dies dürfte sich mit der Revision 2022 jedoch ändern.

Text Fatima Di Pane

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