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Mobilität Sicherheit

Die Fussgängerfreundlichkeit muss steigen

16.06.2022
von SMA

Fokus Verkehrssicherheit: Jeder vierte Verkehrstote in der Schweiz ist heute eine Fussgängerin oder ein Fussgänger. Im Gegensatz zu den Autounfällen, deren Zahl in den letzten Jahren abgenommen hat, nehmen Unfälle mit Fussgängerbeteiligung weiter zu.

Die Fussgänger:innen-Gefährdung steigt mit der gefahrenen Geschwindigkeit und der Anzahl der Fahrzeuge. Sicherheit ist eine notwendige Bedingung, damit sich Menschen überhaupt zu Fuss bewegen. Denn ohne sichere Fusswege ist es schwierig, jemanden zu überzeugen, häufiger zu Fuss zu gehen. Im Rahmen des Projekts «GEHsund – Städtevergleich Fussverkehr» wurde die Fussgängerfreundlichkeit in 15 Kleinstädten und Agglomerationsgemeinden genau untersucht.

Die Resultate zeigen deutlichen Handlungsbedarf. umverkehR, Fussverkehr Schweiz und die Ostschweizer Fachhochschule empfehlen gezielte Massnahmen wie barrierefreie Haltestellen, mehr Veloabstellplätze abseits des Trottoirs, Zebrastreifen auch in Tempo-30-Zonen und Massnahmen für sichere Schulwege, um die Situation im Fussverkehr weiter zu verbessern.

Die Projektverantwortlichen haben in einer zweiten Phase die Fussgängersituation in Adliswil, Allschwil, Bülach, Dübendorf, Emmen, Frauenfeld, Horgen, Meyrin, Nyon, Lyss Olten, Renens, Sion, Thun und Uster detailliert untersucht. Die Fussgängerfreundlichkeit wurde mit drei verschiedenen Teilprojekten erhoben.

Adliswil, Horgen und Meyrin erhalten «goldene Schuhbürsten»

Mit einer Begehung wurde die Situation vor Ort beurteilt (Fussverkehrstest). Eine Bevölkerungsbefragung ermittelte die Zufriedenheit (Umfrage). Bewertet wurden zudem die Aktivitäten der öffentlichen Hand zur Förderung des Fussverkehrs (Planungspraxis). In jedem Teilprojekt wurde der Grad der erreichten Anforderungen in Prozentwerten ausgedrückt.

Die Anforderungen stützen sich auf geltende Normen sowie auf vorbildliche Methoden, Praktiken oder Vorgehensweisen. Adliswil schneidet bei der Bewertung der Infrastruktur am besten ab, Horgen bei der Planungspraxis und Meyrin bei der Zufriedenheit (siehe Kasten). Diese drei Gemeinden erhalten je eine «goldene Schuhbürste». Diese symbolisiert, dass die Gemeinde zwar gut abgeschnitten hat, aber weiter an der Fussgängerfreundlichkeit polieren muss, um zu brillieren.

Kontinuierliches Monitoring

Die Analysen zeigen die spezifischen Bedürfnisse von Zufussgehenden auf, welche in den Gemeinden oft vergessen werden. Es lohnt sich, für alle Gemeinden mit mehr als 10 000 Einwohner:innen eine kontinuierliche Erhebung der Fussgängerfreundlichkeit durchzuführen. Die dazu nötigen Werkzeuge wurden erarbeitet und werden zur Verfügung gestellt.

umverkehR, Fussverkehr Schweiz und die Fachhochschule Ostschweiz empfehlen den Gemeinden die Umsetzung der beschriebenen Massnahmen sowie ein kontinuierliches Monitoring und fordern die kantonalen Fachstellen auf, bei der Erhebung im Sinne eines Controllings eine federführende Rolle zu übernehmen.

Schweden als Vorbild

Eine Studie der European Automobile Manufacturers Association bescheinigt Schweden das sicherste Strassennetz in der Europäischen Union (EU). Das skandinavische Land verzeichnet «lediglich» 25 Verkehrstote pro eine Million Einwohner. Zum Vergleich: Der EU-Durchschnitt liegt bei 49. Und auch eine Reihe anderer nördlicher Länder schneidet im EU-Vergleich erfreulich gut ab. Auf Platz 2 hinter Schweden folgt Grossbritannien mit 28 Todesfällen auf eine Million Einwohner.

Dänemark belegt Rang 3 mit durchschnittlich 30 Verkehrstoten, in Irland (Platz 5) sind es 33 und in Estland 36 (Platz 6). Generell gesehen ist die Zahl der Verkehrstoten in der EU in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen. Fielen 2001 noch etwa 55 000 Menschen einem Verkehrsunfall zum Opfer, waren es 2017 weniger als halb so viele. Als Zahl: etwa 25 000. Damit ist Europa der weltweit verkehrssicherste Kontinent überhaupt

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Details zu den prämierten Gemeinden

Meyrin hat die zufriedensten Fussgänger:innen aller untersuchten Gemeinden. In den letzten Jahren wurden dort deutliche Verbesserungen wahrgenommen. Die Ausstattung von Plätzen und Parks wird als nahezu vorbildlich wahrgenommen. Auch bei der Ausstattung der Bus- und Tramhaltestellen wird Meyrin von der Bevölkerung gut bewertet.

Adliswil erzielt bei der Bewertung der Fussverkehrsinfrastruktur (Teilprojekt Fussverkehrstest) gute Werte. Oft fallen die Platzverhältnisse und der ebene, gut begehbare Belag positiv auf. Bei den Haltestellen ist der Vorsprung im Vergleich mit den übrigen Gemeinden deutlich. Vielerorts sind barrierefreie Zugänge und erfassbare Wegführungen für Sehbehinderte vorhanden. Aber auch Adliswil muss in diesem Punkt noch nachbessern. Die Stadt Adliswil hat im Bereich Planungspraxis die gleiche Punktzahl wie Horgen und damit ebenfalls den Bestwert erreicht.

Horgen überzeugt im ganzen Teilprojekt Planungspraxis. Besonders hervorzuheben ist der Bereich Controlling. Dank einer Spezialanalyse des Mikrozensus verfügt Horgen über eine gute Datengrundlage im Fussverkehr. Zudem werden im Rahmen von Projektevaluationen auch Zählungen des Fussverkehrs durchgeführt. 

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