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Digitalisierung Sponsored Weiterbildung

In der Weiterbildungsbranche darf «Digitalisierung» kein Füllwort sein

23.03.2022
von Kevin Meier

Im heutigen Berufsalltag wird man nicht müde, die Bedeutung des lebenslangen Lernens zu betonen. Schliesslich befindet sich das Umfeld durch die Digitalisierung in konstantem Wandel, entsprechend gefährdet Stillstand die Karriere. In der beruflichen Fortbildung hingegen schreitet die Transformation nur schleichend voran. Höchste Zeit, dem Begriff «Digitalisierung» in der Weiterbildung echten Inhalt zu geben.

Industrie 4.0, New Work, Smarthome und unzählige Branchen mit dem Zusatz «-Tech»: Die Digitalisierung hat alle Bereiche des Alltags und der Arbeitswelt erfasst. Über Sinn und Unsinn dieser Bezeichnungen lässt sich streiten. Solange damit Veränderungen gemeint sind, die einen spürbaren Vorteil entfalten, ist der Jargon Nebensache. Doch werden die Möglichkeiten, die eine digitale Transformation verspricht, wirklich ausgeschöpft? Ein Blick auf die höhere berufliche Weiterbildung offenbart, dass einige Chancen noch ungenutzt bleiben.

Lerninhalte von gestern für die Arbeit von morgen?

Mehrheitlich wird in der anerkannten höheren beruflichen Weiterbildung darauf gepocht, dass die Vorgaben des Prüfungsreglements für die eidgenössische Prüfung wichtiger seien als die Frage, ob das Erlernte für den beruflichen Alltag sinnvoll sei oder nicht. Hinter dem Prüfungsreglement wiederum stehen oft Berufsleute, die selbst eine solche Weiterbildung absolviert haben und nun der Meinung sind, dass dies Teil des Berufsstolzes sei.

Berufliche Weiterbildungen werden zwar evaluiert und allenfalls auch angepasst. Jedoch verhindert der Nimbus der für die Karriere unverzichtbaren Weiterbildung tiefgreifende und kritische Fragestellungen. Wie nachhaltig ist es, wenn sich Informatiker:innen heute noch in die Geheimnisse des Betriebsabrechnungsbogens (BAB) einführen lassen, der in dieser Form im beruflichen Alltag kaum eine Rolle spielt? Erforderliche Anpassungen werden durch reglementarische Vorgaben oder die falsche Rücksichtnahme auf etwelche Stakeholder gebremst.

Die Norm des Präsenzunterrichts

Gleichartiges Verbesserungspotenzial birgt auch die Pädagogik. Durch die Lockerung der Corona-Massnahmen dürfen schulische Veranstaltung wie zuvor im Präsenzunterricht stattfinden. Dieser Umstand wird sogar als Vorteil beworben. Das heisst, nach einem hektischen Tag im Geschäft geht es in verstopfte Strassen oder überfüllte S-Bahnlinien, um sich in ein Schulzimmer mit gehetzten Kolleg:innen zu setzen und einer ebenso gehetzten Lehrperson zuzuhören. Dabei wechselt sich das Ablesen von Folien mit mehr oder weniger sinnvollen Gruppenarbeiten ab.

Zweifellos hat die Weiterbildungsbranche unter den Bedingungen der Pandemie gelitten. Laut «SVEB-Branchenmonitor 2021» ist das Weiterbildungsangebot 2020 um rund 40 Prozent eingebrochen. Derselbe Bericht zeigt auch auf, dass die Anbieter schnell und flexibel auf die Umstände reagierten und neue Formate eingeführt haben. Damit gehen aber mögliche Qualitätseinbussen einher, wie die Studie selbst mahnt, da die Angebote nicht von Grund auf für ein digitales Umfeld entwickelt wurden. Die Folgen des Digitalisierungsschubs seien, dass zukünftig Qualitätssicherungsmassnahmen und die Verbindung von Online- und Präsenzunterricht nötig sein werden.

Der Fokus muss sich auf den Praxisbezug und die Erreichung der Lernziele verschieben.

Mut zur Umgestaltung

Viele Schulen haben gerade erst die schulische Revolution 2.0 gemeistert, müssten aber bereits die Ausbildung 4.0 umsetzen. In der Informatik und Wirtschaftsinformatik fehlt es oft an pädagogischem Mut, neue Unterrichtsformen zu prüfen und einzuführen. Dabei bietet insbesondere diese Branche unzählige Möglichkeiten, den Unterricht dem beruflichen Alltag der Studierenden anzunähern. Schlussendlich geht es darum, die «höheren» Berufsleute für die Digitalisierung fit zu machen. Als Schule kann man mit gutem Beispiel vorangehen, die Möglichkeiten der Transformation in den Unterricht aufnehmen und die technischen Innovationen von Grund auf selbst anwenden.

Lehrmaterialien als PDF zur Verfügung zu stellen, ist dabei erst der Anfang. Moderne Lehr- und Lernplattformen ermöglichen dezentrales und kollaboratives Lernen. So sind über virtuelle Klassen- und Arbeitszimmer flexiblere Unterrichtszeiten möglich, sodass alle lernen können, wenn es ihnen zeitlich und örtlich am besten passt. Cloudbasierte Plattformen erlauben überall und jederzeit die Bearbeitung von Aufgaben, das Teilen von Lerninhalten und die Vernetzung mit Studierenden sowie Dozierenden. Der Einbezug der beruflichen Praxis muss nicht mehr durch einen mühsamen Transfer des beruflichen Alltags ins Schulzimmer, sondern kann direkt vor Ort am Arbeitsplatz erfolgen. So rückt die Präsenzzeit in den Hintergrund; der Fokus verschiebt sich auf den Praxisbezug und die Erreichung der Lernziele.

Die Chancen der Digitalisierung

Studierende und Dozierende, die mit diesen Unterrichtsmethoden arbeiten, berichten von entspannterem und freudvollerem Lernen und Lehren. Dadurch wird auch der Lernerfolg nachhaltig gefördert. Dies kommt aber nicht nur den direkt Involvierten zugute, genauso profitieren die Arbeitnehmer von schnelleren und erfolgreicheren Ausbildungszyklen. Die Qualifizierungen der Mitarbeitenden lassen sich auf diese Weise effizient steigern und die dazugelernten Skills finden in kurzer Zeit Anwendung im Betriebsalltag. Die Digitalisierung ist nicht nur Sache der Industrie, die Berufsbildung muss mit in das Zeitalter 4.0 ziehen.

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