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Editorial Industrie Innovation KMU

Neue Unternehmen: Es muss nicht direkt ein Firmenkauf sein

25.10.2019
von SMA

In der Pharmabranche ist es ganz offensichtlich: Junge Unternehmen entwickeln innovative neue Wirkstoffe so weit zur Reife, bis sie von Pharmakonzernen übernommen werden. Mit ihrer Finanzkraft wird der Wirkstoff bis zur Zulassung weiterentwickelt, über ein weltweites Distributionsnetz verkauft und kann vielleicht zu einem Blockbuster werden. Pharmakonzerne sind laufend bestrebt, ja, gezwungen, ihre Produkte-Pipeline zu füllen. Dieses Innovationsmodell, das als Ergänzung der eigenen Forschung auf Firmenkäufen basiert, ist akzeptiert und weit verbreitet.

In anderen Industrien sind grössere Unternehmen aber noch zurückhaltend, sich die Innovationskraft von kleineren Einheiten zunutze zu machen. Wenn sie auf Firmenkäufe erpicht sind, dann wollen sie meist etablierte und profitable Unternehmen schlucken. Sonst lohnt sich der Aufwand nicht. Mit Kleinfirmen gehen sie allenfalls, wenn sich intern jemand besonders dafür einsetzt, Kooperationen ein, wenn diese einen augenfälligen Nutzen haben.

Meiner Erfahrung nach ergänzen aber immer mehr Grossunternehmen, die sich ihre Innovationskraft bewahren oder sie erneuern wollen, ihre Corporate-Venturing-Aktivitäten mit finanziellen Beteiligungen an Startup-Unternehmen. Und das ist richtig so: Nur als Startup-Aktionär erhält das Management tiefen Einblick in aufstrebende Technologien und Marktveränderungen. Gleichzeitig übt es sich in unternehmerischer Entscheidungsfreudigkeit. Zudem kann es sich gegenüber der Konkurrenz einen Vorteil im Falle einer späteren Akquisition sichern. Mit punktuellen Kooperationen erreicht man diese strategischen Ziele nicht. Die Summen, die für Beteiligungen nötig sind, sind nicht enorm. Sie betragen einen Bruchteil dessen, was für Firmenkäufe ausgegeben wird.

Nur als Startup-Aktionär erhält das Management tiefen Einblick in aufstrebende Technologien und Marktveränderungen. Steffen Wagner, Co-founder & CEO investiere.ch

Aus Sicht der Jungunternehmen ist Corporate Venturing ebenfalls erwünscht, können intelligente strategische Investoren doch Hilfe leisten zur eigenen Entwicklung, z.B im Vertrieb.

Es lohnt sich auf jeden Fall, in Grossunternehmen (und auch in nicht ganz so grossen) auf Ebene des Verwaltungsrates zu diskutieren und abzuwägen, welche Wege am sinnvollsten sind, um sich den Zugang zu externer Innovation zu sichern: Sind es ausschliesslich Kooperationen, die einem bestimmten Geschäftszweck dienen, bei denen aber kaum Know-how fliesst? Sind es Käufe von Unternehmen, mit denen man teuer künftige Umsätze ersteht? Oder setzt man mit Minderheitsbeteiligungen an Startups auf einen niederschwelligen Zugang zu innovativen Jungunternehmen? Die zudem in wesensverwandten Gebieten tätig sind, und eines Tages vielleicht sogar zu einem neuen Geschäftszweig werden könnten?

Text: Steffen Wagner

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