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Achtung Stress: Gift für die Partnerschaft

05.12.2012
von Andrea Söldi

Das Leben mit all seinen Möglichkeiten ist hektisch geworden. Besonders Eltern ab 40 leiden häufig unter Stress. Um die Beziehung zu erhalten, muss sie gut gepflegt werden.

Manche Paare sehen sich nach der Familiengründung fast nur noch als Mami oder Papi. Im schlimmsten Fall sprechen sie sich gegenseitig sogar so an. Eltern zu werden ist eine schöne Sache. Fatal wäre es jedoch, sich auf die Mutter- oder Vaterrolle reduzieren zu lassen. Denn etwa 20 Jahre nach der Geburt ziehen die Kinder aus und brauchen die Eltern kaum noch. Partnerschaft, Beruf, Hobbys und Freundschaften hingegen können das ganze Leben hindurch tragende Elemente sein – vorausgesetzt, man pflegt sie und räumt ihnen auch während der Familienphase einen angemessenen Stellenwert ein.

Wenn beide Elternteile berufstätig sind und daneben ein Haushalt zu managen ist, kann die Zeit ganz schön knapp werden. Steht mit dem einen Kind noch ein Arzttermin an, das andere braucht neue Schuhe und man wird zum Elternabend geladen, geraten Eltern gern an ihre Grenzen. Die Partnerschaft bleibt aussen vor.

Ärgernisse im Alltag

«Stress trägt wesentlich zur Entfremdung von Paaren bei», weiss Guy Bodenmann. Der Psychologieprofessor an der Universität Zürich untersucht in einer vom Nationalfonds mitfinanzierten Studie, wie sich verschiedene Formen von Stress auf eine Partnerschaft auswirken und wie verschiedene Paare damit umzugehen wissen. Unter Stress würden Paare weniger Intimität erleben und einander nicht mehr auf dem Laufenden halten über ihre Befindlichkeit und über Wichtiges, das in ihrem Leben passiert. Die Qualität der Kommunikation nehme ab, und zwar auch bei Partnern, die generell über relativ gute kommunikative Fähigkeiten verfügen, steht für den Studienleiter bereits fest.

Bodenmann und sein Team unterscheiden zwischen verschiedenen Kategorien von Stress. Unter Makrostress versteht man einschneidende Ereignisse wie etwa ein Unfall. Die kleinen täglichen Ärgerlichkeiten, zum Beispiel im Stau stehen oder Zeitnot, fallen unter Mikrostress. Weiter gibt es internen Stress, der seinen Ursprung in der Partnerschaft selber hat, und externer, der von aussen kommt, sowie chronischer und akuter Stress. Am meisten schade einer Partnerschaft die Kombination chronischer, externer Mikrostress, hat der Professor herausgefunden.

Also zum Beispiel wenn man an der Arbeit längere Zeit stark unter Zeitdruck steht oder das Gefühl hat, nicht zu genügen. Nimmt man das mit nach Hause, leiden Partnerschaft und Kinder darunter. Am meisten ist die Gruppe der 40- bis 55-Jährigen von dieser unseligen Kombination betroffen – insbesondere Paare mit Kindern leiden an diesen Mehrfachbelastungen.

Paare sollten sich Zeit nehmen füreinander und Termine für die Zweisamkeit vereinbaren.

Wochenende zu Zweit

In seinem Buch «Was Paare stark macht» gibt der Professor Tipps für das Gelingen von Partnerschaften. Viele davon wirken einfach und scheinen naheliegend. Dennoch gelingt es nicht immer, sie zu befolgen.

Paare sollten sich bewusst Zeit nehmen füreinander und notfalls Termine für die Zweisamkeit vereinbaren, rät Bodenmann, der selber Vater und Ehemann ist. Auszeiten von den Kindern lassen das Paarleben meist aufblühen. Man erlebt sich wieder einmal als Frau und Mann, wie in der Zeit, als man sich kennen lernte. Ein Tagesausflug oder ein Wochenende zu zweit können die Beziehung regelrecht beflügeln. Ohne quengelnde Kinder und die ganze komplizierte Organisation fühlt man sich frei und unbelastet. Jedes Paar sollte sich diese gemeinsamen Erlebnisse gönnen und die Kinder ab und zu von Verwandten oder Bekannten betreuen lassen. So wichtig es ist gemeinsame Ziele zu haben und zusammen Interessen und Aktivitäten
zu pflegen, so sehr sollte man sich selber treu bleiben. Beide Partner müssen sich ihre Individualität bewahren. Eine gewisse Eigenständigkeit gewährleistet, dass man sich gegenseitig als interessante Personen wahrnimmt.

Über Wünsche sprechen

Häufig meint man, in einer langjährigen Partnerschaft wisse man längstens, was dem anderen wichtig ist. Dabei versäumt man es, seine Bedürfnisse explizit zu kommunizieren. Doch diese können sich verändern. Statt zu schmollen, sollte man dem Partner deshalb im geeigneten Moment mitteilen, was man sich von ihm wünscht. Und schliesslich erhalten kleine Aufmerksamkeiten nicht nur Freundschaften, sondern auch Partnerschaften. Positive Gesten können unspektakulär sein: eine Umarmung, ein Kompliment, etwas Aufmerksamkeit oder gar ein kleines Geschenk.

Das von Guy Bodenmann entwickelte Programm «Paarlife» der Universität Zürich fördert Paare beim Entwickeln von Kompetenzen, um die Partnerschaft langfristig zu erhalten. Die Online-Plattform Paarlife.ch stellt Paaren wertvolle Informationen, Unterlagen, Kursangebote und andere Materialien zur Verfügung. Dabei wird klar, dass einem eine glückliche Beziehung meist nicht einfach in den Schoss fällt, wie es manche Illustrierte vorgaukeln. Hinter starken Partnerschaften steht meist harte Beziehungsarbeit.

Und vor schwierigen Zeiten ist keine Partnerschaft gefeit. Wenn eine Krise länger anhält, sollte man sich nicht scheuen, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Einen Berater oder eine Therapeutin aufzusuchen ist kein Zeichen von Schwäche, sondern stellt eine Chance dar, die Beziehung unter neuen Aspekten anzuschauen. In einem neutralen Rahmen gelingt es meist besser, ruhig und überlegt miteinander zu sprechen und Lösungen zu finden. Unter der Leitung einer ausgebildeten Person werden Beziehungsmuster offenbar oder es können neue Kommunikationsstrategien eingeübt werden.

«Ein wichtiger Faktor, ob eine Beziehung Bestand hat, ist die Verbindlichkeit – treffender beschrieben mit dem englischen Begriff ‹Commitment› », weiss Guy Bodenmann. In den letzten Jahren habe diese markant abgenommen.

Text Andrea Söldi

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