frau beim zahnarzt
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Zahnmedizin: Gesundheit beginnt im Mund

03.04.2012
von Nadine Lehtinen

Teilweise ist die Zahnmedizin noch immer von Kuration geprägt – doch nur durch systematische, lebenslange Prophylaxe kann die Gesundheit des Patienten erreicht und erhalten werden. 

Die Zahnpflege ist so alt wie die Menschheit. Bereits in der Steinzeit stocherten sich die Menschen mit Weidenstöcken die Zähne sauber, und vor ca. 4000 Jahren entstand in Ägypten wohl die erste Zahnpasta überhaupt. Sie bestand aus gemahlenem Bims und Weinessig auf Kaustöcken. Auch die Prävention, die Krankheitsvermeidung durch Vorbeugung, ist keine Neuentdeckung der modernen Medizin. Schon vor über 2000 Jahren wurde sie von Hippokrates empfohlen. Durch die Entwicklung medizinischer Techniken trat die Idee der Gesundheitsvorsorge jedoch vor allem im letzten Jahrhundert immer weiter in den Hintergrund. 

Während es in der Medizin noch immer viele widersprüchliche präventive Konzepte gibt, da die Ursachen der einzelnen Erkrankungen nicht vollständig geklärt oder noch unbekannt sind, sind die primären Entstehungsfaktoren für Karies, Gingivitis oder Parodontitis weitgehend bekannt. Diese bedingen eine Prävention, die individuelle Lebensumstände, das Alter, allgemeinmedizinische und psychosoziale Faktoren berücksichtigt. 

Der ambivalente Charakter der Prävention

Heutzutage stellt die zahnmedizinische Prophylaxe einen wichtigen Bestandteil unseres Gesundheitssystems dar. Die primäre Prävention ist die Ausschaltung schädlicher Faktoren noch vor ihrem Wirksamwerden – beispielsweise Zähneputzen oder die Vermeidung von zuckerhaltigen Lebensmitteln. Unter sekundärer Prävention versteht man eine möglichst frühe Diagnose und Behandlung von Krankheiten durch die Routinekontrolle beim Zahnarzt. Die tertiäre Vorbeugung schliesslich versucht, die Verschlimmerung und Komplikation einer Erkrankung nach deren Diagnose zu verhindern. 

Zahnmedizinische Prophylaxe ist ein wichtiger Bestandteil unseres Gesundheitssystems.

Zahnprophylaxe ist sowohl privates als auch öffentliches Gut. Sie fördert nicht nur das Verantwortungsbewusstsein für die eigene Gesundheit und die Vermeidung von Krankheiten. Sie trägt auch einen entscheidenden Teil zur Senkung der Gesamtkosten im Gesundheitssystem bei. Sowohl das Individuum als auch die Gesellschaft profitiert somit in hohem Masse von einer Systemänderung in der Zahnmedizin: Weg von der kurativen hin zur präventiven Therapie. 

Die Hauptaufgabe des Arztes ist nicht mehr, dafür zu sorgen, dass der Patient wieder gesund wird, sondern vor allem, ihm dabei zu helfen, dass er selbst dafür sorgen kann, gesund zu bleiben. Durch umfassenden Zugang zu Informationen sind die Patienten zudem kompetenter geworden; sie verlangen nach langfristigen Lösungen zur Erhaltung ihrer Mundgesundheit. Doch es stellt eine Herausforderung dar, das Wissen, um die Prophylaxe in realisierbare Konzepte umzusetzen. Die Prävention besitzt im Praxisalltag zumeist noch nicht den Stellenwert, der ihr aufgrund der wissenschaftlichen Erkenntnisse eigentlich zustehen würde. 

Die Zahnarztpraxis der Zukunft

Der Medizin allgemein und insbesondere auch der Zahnmedizin wird laut demoskopischen und ökonomischen Voraussagen eine grosse Zukunft prophezeit. Nie zuvor hatte die Gesundheit einen so hohen Stellenwert wie heute. Das Gesundheitswesen ist zum vielleicht wichtigsten Wachstumsmarkt der Zukunft geworden. 

In der Forschung von heute spiegelt sich die Zukunft der Zahnmedizin. Ein deutlicher Trend ist in der Annäherung an die Humanmedizin zu sehen. Molekulare Mechanismen und Wechselwirkungen in der Pathogenese von Krankheiten oraler Gewebe und deren anderer Organe sind schon länger bekanntzukünftig wird die Identifizierung aller menschlichen Gene, ihrer jeweiligen Funktion und Kontrolle von Bedeutung sein. Die zahnärztliche Ausbildung der Hochschule muss aber vom Irrglauben loskommen, dass Restauration ein Zeichen von oraler Gesundheit sei; stattdessen muss Präventionstherapie zum zentralen Thema werden. 

Erfolgreiche Prophylaxe ist ein Zusammenspiel

Neben fachlichen Kenntnissen sind aber auch soziale, kommunikative und organisatorische Fähigkeiten notwendig. Erfolgreiche Prophylaxe ist nie das Werk eines Einzelnen, sondern immer das gelungene Zusammenspiel von Zahnarzt, Praxisteam und Patient. Eine gute Aus­ und Weiterbildung des Teams ist von grosser Wichtigkeit, damit alle dasselbe Grundwissen besitzen und den Patienten gegenüber dieselbe Sprache sprechen. Gemäss einer präventiven Philosophie stellt die moderne Zahnarztpraxis die Prävention in den Mittelpunkt, und das Team arbeitet mit einer präventiv orientierten Diagnostik, welche die gesamten oralen Verhältnisse untersucht (Status der Karies, des Parodontiums und der restlichen oralen Gewebe) und vorausschauend bemüht ist, die Krankheiten zu vermeiden sowie zu kontrollieren. 

Erfolgreiche Prophylaxe ist nie das Werk eines Einzelnen.

Diese Diagnostik bildet die Grundlage für eine risikoabhängige, individuelle Therapie. Die Ursachen der Erkrankungen und die notwendigen Schritte zur Heilung werden dem Patienten erklärt, und das Praxisteam ist bemüht, ein Vertrauensverhältnis zum einzelnen Patienten aufzubauen. Natürlich muss die Prophylaxe auch zum Gewinn der Praxis beitragen, also betriebswirtschaftlich rentabel sein – die erzielten Ergebnisse sollten regelmässig dokumentiert und hinterfragt werden. Die Qualität muss gesichert und zum Wohle der Patienten in den Praxisalltag integriert werden. Wenn es gelingt, die gesicherten Erkenntnisse aus der Wissenschaft und auch die zukünftigen Forschungsergebnisse bezüglich Prävention in den zahnärztlichen Praxisalltag zu integrieren, hat die auf Prophylaxe ausgerichtete Zahnmedizin eine grosse Zukunft vor sich. Ein Menschheitstraum könnte sich erfüllen. Zum ersten Mal in der Geschichte wäre die Lebenserwartung des menschlichen Gebisses so hoch wie diejenige des Menschen selbst. 

Text: Nadine Lehtinen

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