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Von Generalisten zu Spezialisten

03.07.2019
von Mona Martin

Zunehmend komplexe Aufgaben verlangen von den Arbeitnehmenden immer mehr Flexibilität. So gehören Weiterbildungen heute in den meisten Branchen schlicht dazu. Im Zuge dieser Entwicklung hat sich die Aus- und Weiterbildungslandschaft in der Schweiz stark gewandelt. Sie wurde vielseitiger und differenzierter. 

Für viele gehören Weiterbildungen heute zum Berufsalltag. Trotzdem sind sie nicht in jeder Branche gang und gäbe. Während beispielsweise in den Bereichen Energie, Finanzen und Versicherung die Quote hoch ist, bilden sich im Gastgewerbe nur wenige fort. Die meisten Weiterbildungen erfolgen im Bereich «Wirtschaft und Arbeit». Rund 30 Prozent der beruflichen Weiterbildungen fallen laut Bundesamt für Statistik (BfS) in diese Kategorie. Darauf folgen die Sparten Wissenschaft/Technik, gefolgt von Informatik und Sozialkompetenz. In der Tendenz zunehmend sind Angebote, welche spezifische berufliche Kompetenzen fördern. Laut Irena Sgier vom Schweizerischen Verband für Weiterbildung (SVEB) geht es dabei um Kompetenzen, welche im Arbeitsalltag unmittelbar gebraucht werden: «Die meisten Weiterbildungen werden unternommen, um à-jour zu bleiben, mit neuen Anforderungen fertigzuwerden oder sich beruflich weiterzuentwickeln.»

Digitalisierung als Katalysator

Weiterentwicklung ist essentiell, denn nie zuvor hat sich die Arbeitswelt so schnell verändert wie heute. «Die digitale Transformation führt in vielen Branchen zu einem steigenden Weiterbildungsbedarf», erklärt Irena Sgier. Damit meint sie nicht nur die Anwendung digitaler Technologien. «Die Digitalisierung beeinflusst Tätigkeitsfelder, Formen der Zusammenarbeit und die Art, wie Probleme gelöst werden. Sie verändert auch die Anforderungen an Führungspersonen.» Darauf müssen auch die Institutionen reagieren, welche Weiterbildungen für das Personal der Führungsetagen anbieten. Sgier erläutert: «Einige tun dies, indem sie neue Angebote aufbauen, andere, indem sie Kooperationen suchen, sich vernetzen oder Innovationslabors und -abteilungen einrichten.» Diese Anpassungen zeigen, dass sich die Weiterbildungsbranche auch in den kommenden Jahren stark ändern wird.

Die digitale Transformation führt in vielen Branchen zu einem steigenden Weiterbildungsbedarf Irena Sgier

«Wind of Change» in den Führungsetagen

Wie zu erwarten, absolvieren Personen in Führungspositionen vor allem Weiterbildungen in den Bereichen Leadership und Management. Organisationen, welche sich mit der Planung und Umsetzung neuer Strategien, Prozesse oder Verhaltensweisen befassen, seien hoch im Kurs. Nicht zuletzt erfreuen sich Angebote zur Persönlichkeitsbildung zunehmender Beliebtheit. «Dies deute daraufhin, dass Soft Skills, aber auch transversale Kompetenzen wie Kreativität, Querdenken und Reflexionsfähigkeit wichtiger werden», so Sgier. Die Angebotspalette habe sich generell sehr verändert und weiter ausdifferenziert. Neue Akteure seien in Erscheinung getreten, manche mit Wurzeln in der IT-Branche und nicht wie bis anhin in der Bildung. «Die Palette reicht von kleinen Start-ups bis zu grossen Technologiefirmen wie Google, die mit eigenen Weiterbildungsangeboten auf den Markt kommen.»

Der MBA wird an der Spitze abgelöst

Eine weitere Folge der Digitalisierung ist die zunehmende Spezialisierung der Arbeitsbereiche. Der Master of Business Administration (MBA) galt lange als das Non-Plus-Ultra. In verschiedenen Vertiefungen verfügbar, vermitteln MBAs in der Regel vor allem Grundlagen in Betriebs- und Volkswirtschaft, Marketing, Rechnungswesen und Führungskompetenzen. Wer bei einer Beratungs-, Revisionsfirma oder in der Finanzbranche tätig ist und eine Karriere als Führungsperson plant, dürfte mit einer solchen Generalistenausbildung in Betriebswirtschaft gut bedient sein, schätzt Sgier und fügt an, «MBAs galten lange als exklusiv, prestigeträchtig und als Garanten für beruflichen Aufstieg. Inzwischen sind Stellenwert und Prestige etwas gesunken. Eine Karrieregarantie bieten diese Abschlüsse nicht mehr, aber auf dem Arbeitsmarkt scheinen diese Generalistenausbildungen nach wie vor gefragt zu sein.» Durch die Vielzahl an Anbietern von MBAs sei es bei einem solchen Diplom auch wichtig, wer es vergebe. Für die Arbeitgeber spiele nicht nur mehr der Titel, sondern auch die dahinterstehende Bildungsinstitution eine wesentliche Rolle.

Mehr spezifische statt generalistische Lerninhalte

Mit ihrer allgemeinen Ausrichtung eignen sich MBAs in erster Linie für angehende Führungspersonen ohne Wirtschaftsstudium. Sei jemand jedoch in einem Umfeld mit starker Spezialisierung tätig, fahre die Person wahrscheinlich besser mit einer Weiterbildung in bereichsspezifischem Management-Wissen, meint Sgier. Da Spezialisierungen zunehmend gefragt sein werden, werden sich auch die Weiterbildungen dementsprechend anpassen. Dass der höchste Prozentsatz an Weiterbildungen im Bereich Wirtschaft und Arbeit stattfindet, beweist den Beginn dieser Entwicklung. Ein Punkt ist Irena Sgier noch wichtig: «Eine Weiterbildung sollte zur Person passen. Führungs- und Managementkompetenzen kann man sich auf vielen Wegen aneignen, unter anderem in diversen CAS und MAS, aber auch über Abschlüsse der höheren Berufsbildung.» Zudem: Bei einem Branchenwechsel können Weiterbildungen zwar helfen, noch wichtiger sei aber die Erfahrung. Es sei eine Illusion, zu glauben, dass eine Weiterbildung allein ausreiche, um in einer neuen Branche Fuss zu fassen, vor allem wenn man nicht mehr ganz jung sei.

Zu beachten bei der Wahl der Weiterbildung

Das Programm soll zur eigenen Person passen

Brauche ich allgemeine oder spezifische Kompetenzen?

Welchen Ruf geniesst die anbietende Institution?

Wie wird die Qualität der Angebote gesichert?

Es muss kein MBA sein

Auch Nischen-Weiterbildungen können nützliche Erfahrungen bringen

Text Mona Martin

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