Im Jahr 2023 verursachte der Verkehrssektor in Deutschland rund 146 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente – das entspricht etwa 22 Prozent der landesweiten Treibhausgasemissionen. Der Sektor hat zwar im Vergleich zu 1990 bereits Emissionen gesenkt – allerdings lediglich um 10,9 Prozent, während andere Bereiche wie Energie, Industrie oder Landwirtschaft deutlich größere Fortschritte erzielten. Wie lässt sich die Bilanz für Mobilität weiter verbessern?
Der Verkehrssektor hat seit 1990 nicht nur vergleichsweise wenig CO2 eingespart; der Anteil des Verkehrs an den Gesamtemissionen ist insgesamt sogar um neun Prozentpunkte gestiegen. Und nach Angaben des unabhängigen Expertenrats für Klimafragen hat dieser Bereich auch 2023 deutlich mehr Abgase verursacht als erlaubt. Somit verfehlte der Verkehrssektor sein Klimaziel in Deutschland bereits das dritte Jahr in Folge.
Gesetzliche Vorgaben vs. Realität
Laut den »Projektionen 2024« der Bundesregierung werden die Emissionen des Verkehrs im Jahr 2030 bei etwa 111 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten liegen – 26 Millionen Tonnen über dem Zielwert von 85 Millionen Tonnen. Kumuliert ergibt sich bis 2030 eine Überschreitung von 180 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten.
Das Bundes-Klimaschutzgesetz schreibt vor, dass Deutschland seine Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2030 um mindestens 65 Prozent gegenüber 1990 reduzieren soll, um bis 2045 klimaneutral zu werden. Zwar wurden in der Novellierung des Gesetzes im Juli 2024 die sektorspezifischen Ziele zugunsten einer sektorübergreifenden Gesamtrechnung aufgegeben; der Verkehrssektor bleibt jedoch ein kritischer Bereich, da er die Emissionen aktuell nicht ausreichend senkt.
Förderung der Elektromobilität
Das muss sich ändern. Um Klimaneutralität zu erreichen, sollen bis zum Jahr 2030 rund 15 Millionen vollelektrische Pkw auf die Straßen gebracht werden, welche die Verbrennerfahrzeuge im Bestand ersetzen. Zusätzlich soll die Elektrifizierung des Fahrzeugbestands durch elektrische LNF (leichte Nutzfahrzeuge) vorangetrieben werden. Treiber für einen Markthochlauf der Elektrofahrzeuge sind die europäischen CO2-Flottenzielwerte. Auch die Einführung einer CO2-Komponente in der Lkw-Maut soll den Umstieg auf elektrische Lkw fördern.
Damit die Antriebswende im Güterverkehr gelingt, braucht es mehr als nur Elektro-Lkw.
Doch selbst die beschlossene Verschärfung der EU-Verordnung (2023/851) und das Ausstiegsdatum aus dem Verbrennungsmotor ab dem Jahr 2035 reichen nicht aus, um die Elektrifizierung der Fahrzeuge in Deutschland in ausreichendem Maße voranzutreiben. Daher empfiehlt das Bundesumweltamt zusätzliche Maßnahmen, um die Zielvorgaben zu erreichen.
1. Reform der Kfz-Steuer
Um den Umstieg auf klimafreundlichere Fahrzeuge zu fördern, soll die Kfz-Steuer reformiert werden. Im Gespräch ist ein sogenannter »Malus«, der für neu zugelassene Pkw mit hohen CO2-Emissionen einen Zuschlag vorsieht. Dadurch würden klimaschädliche Modelle deutlich teurer, während emissionsarme Fahrzeuge im Vergleich an Attraktivität gewinnen. In Kombination mit den europäischen CO2-Flottengrenzwerten könnte diese Maßnahme den Absatz von Elektroautos zusätzlich beschleunigen, so das Umweltbundesamt in einem Kurzpapier von 2021.
2. Ausbau der Ladeinfrastruktur
Damit die Antriebswende im Güterverkehr gelingt, braucht es mehr als nur Elektro-Lkw – entscheidend ist auch eine dichte, leistungsstarke Ladeinfrastruktur mit Schnellladestationen. Eine gemeinsame Studie des Öko-Instituts mit der Hochschule Heilbronn und dem Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation aus dem Februar 2020 zeigt, dass 4000 Kilometer Oberleitung auf deutschen Autobahnen ausreichen würden, damit zwei Drittel der Lkw in Deutschland komplett elektrisch fahren und sogar während der Fahrt dynamisch laden könnten.
3. Lkw-Maut
Seit 20 Jahren müssen Lkw und Fahrzeugkombinationen mit einer zulässigen Gesamtmasse von über 3,5 Tonnen auf deutschen Bundesautobahnen sowie Tank- und Rastanlagen und Bundesstraßen Maut zahlen. Diese Pflicht tritt bereits mit der Auffahrt auf die Bundesfernstraßen in Kraft. Eine Ausweitung der Mautpflicht auf alle Straßen würde nicht nur die Lenkungswirkung verstärken, sondern auch die Antriebswende weiter fördern. Zudem könnte ein Umgehen der Maut durch Lkw auf nichtmautpflichtige Straßen verhindert werden, was die Mauteinnahmen steigern und gleichzeitig die Finanzierung für Ladeinfrastruktur sowie den Schienenverkehr stabilisieren würde.
Durch die Umsetzung dieser und weiterer Maßnahmen könnten die Treibhausgasemissionen des Verkehrssektors im Jahr 2030 so weit reduziert werden, dass die Lücke zum Zielwert geschlossen wird. Langfristig könnten die Emissionen bis 2045 auf nahezu null sinken. Eine gute Perspektive, auf die es sich hinzuarbeiten lohnt!
Hintergrund: Das Bundes-Klimaschutzgesetz
Das Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) trat am 18. Dezember 2019 in Kraft und legte erstmals verbindliche Klimaziele fest, darunter eine Reduktion der Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent im Vergleich zu 1990.
Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts 2021, das die bisherigen Regelungen als unzureichend für den Schutz zukünftiger Generationen bewertete, wurde das Gesetz überarbeitet. Die Novelle erhöhte das Reduktionsziel für 2030 auf mindestens 65 Prozent und setzte Klimaneutralität bis 2045 fest.
Am 17. Juli 2024 trat eine weitere Reform in Kraft, welche die sektorspezifischen Emissionsziele durch eine Gesamtbetrachtung ersetzte, ohne die übergeordneten Klimaziele zu verändern.
Quellen
https://www.balm.bund.de/DE/Themen/Lkw-Maut/Mauttabelle/mauttabelle_node.html
https://www.umweltbundesamt.de/themen/verkehr/klimaschutz-im-verkehr
https://www.gesetze-im-internet.de/ksg/BJNR251310019.html
https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/klimaschutzgesetz-2197410
https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/treibhausgas-projektionen-2024-ergebnisse-kompakt
https://www.stiftung-klima.de/app/uploads/2021/06/2021-06-18-Langfassung-KNDE-2045.pdf
https://www.mdr.de/wissen/lkw-oberleitung-autobahn-klimaneutraler-guertverkehr-ist-moeglich-100.html
https://www.forschungsinformationssystem.de/servlet/is/21907
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