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Die Automatisierung im Flugzeugbau

31.10.2018
von Sven Hoti

Genau wie die Automobilindustrie hat auch die Flugzeugherstellung weitreichende Veränderungen mitgemacht. Die Automatisierung und Digitalisierung sind schon lange angekommen und vereinfachen und verselbständigen den Flugzeugbau immer mehr.

Was bereits in der Automobilindustrie erfolgreich umgesetzt wird, etabliert sich nun auch langsam im Flugzeugbau. Roboter in der Produktion und die sogenannte «Moving Line» sind Auswüchse einer voranschreitenden Automatisierung und Digitalisierung der Industrie. Dabei vergisst man schnell, dass zahlreiche bahnbrechende Ideen früher noch auf Werkbänken mit Papier und Stift kreiert wurden.

Die revolutionäre Douglas Aircraft Company

Im Jahre 1932 sandte der Vizepräsident der Transcontintal and Western Air Inc. (TWA) einen Brief an eine Handvoll Flugzeughersteller mit der Bitte, ein komplett aus Metall gebautes Transportflugzeug zu bauen. Gesagt, getan. Die «Douglas Aircraft Company», welche mehr als ein halbes Jahrhundert später von der «Boeing Company» aufgekauft werden sollte, revolutionierte mit der DC-1 und den Nachfolgemodellen die kommerzielle Luftfahrtindustrie. «Flugzeuge wie die Douglas DC-3 machten den Luftverkehr sicherer und schneller», erläutert Urs Holderegger, Leiter Kommunikation beim Amt für Zivilluftfahrt (BAZL).

Doch Innovationen kamen nicht nur vonseiten der Douglas Company. Auch Boeing mischte eifrig mit im Rennen um den besten und modernsten Flieger. Hauptkonkurrent des dazumal populären «Douglas Commercial Model 3» war die «Boeing 247». Nie dagewesener Komfort für die Flugpassagiere, ein einziehbares Fahrwerk sowie die Flugzeugenteisung sind nur ein paar wenige Neuerungen, mit denen Boeing zu überzeugen versuchte. Nichtsdestotrotz blieb die DC-3 das schnellere Flugzeug und konnte obendrein doppelt so viele Personen befördern wie die Boeing 247. Darüber hinaus war es der erste Airliner, der durch den Personenverkehr Profit machte. Bis 1939 flogen 75 Prozent aller Flugpassagiere an Bord einer DC-3.

Nie dagewesener Komfort für die Flugpassagiere, ein einziehbares Fahrwerk sowie die Flugzeugenteisung sind nur ein paar wenige Neuerungen, mit denen Boeing zu überzeugen versuchte.

Der Krieg als Innovationsbeschleuniger

Die Geschichte des Flugzeugbaus ist auch immer eine Geschichte von Kriegen. Der Erste Weltkrieg offenbarte das Potential von Flugmaschinen als Waffen. Zuerst nur zur Luftaufklärung gedacht, erkannten die Streitkräfte schnell die Vorteile, die mit der Luftüberlegenheit einhergingen. Durch technische Fortschritte konnte ein Flieger schon bald als Bomber oder «fliegendes Maschinengewehr» eingesetzt werden, um Feinde und gegnerische Infrastrukturen zu zerstören. Erste Flugplätze entstanden, die Technik des Flugfunks wurde entwickelt und Flugzeugmotoren gewannen an Leistungskraft. Der Erste Weltkrieg begünstigte die Entstehung einer nie dagewesenen Flugzeugindustrie.

Der Zweite Weltkrieg stand ganz im Zeichen der Massenproduktion. Die Hersteller produzierten rund um die Uhr. Die Arbeiter schliefen oft in den Fabriken, um einen ununterbrochenen Betrieb zu ermöglichen. Boeing und ihre Konkurrenz produzierten zu Kriegszeiten Tausende von Flugzeugen, darunter Bomber, Jäger und Transporter in unterschiedlichsten Formen und Grössen.

Die North American Aviation Inc. (NAA) errichtete unter der Führung von James Kindelberger, ehemaliger Vizepräsident bei Douglas, eine äussert effiziente Montagelinie. Diese orientierte sich an der damaligen Automobilproduktion. Mehrere Förderbänder waren ununterbrochen im Einsatz, der «Workflow» wurde durch die Verlagerung von Arbeitsprozessen auf Schienen bzw. in die Höhe effizienter gestaltet und ausbalanciert. Das «overhead conveyor system» – also erhöhte Förderbänder – verhalf der Douglas Company zu einer Produktivitätssteigerung von 150 Prozent.

Die Förderprozesse erfuhren immer wieder Veränderungen und Verbesserungen. Das «multiline production system» von Boeing optimierte die Montage nochmals massgeblich. Dabei hat man grosse Teile des Flugzeugs vormontiert und dann an die Endmontage weitergeleitet, um sie mit dem Rumpf zu verbinden. Die Arbeiter verzögerten dadurch die finale Montage bis ganz zum Schluss, anstatt, wie bisher, so früh wie möglich damit anzufangen. Der Abschluss bildet dann lediglich noch das Zusammenstecken der Teile und Verbinden der technischen Komponenten.

Weitgehende Automatisierung und Digitalisierung der Flugzeugmontage

Weiteren Verbesserungen in der Produktion und neueren Materialien folgten bald die Automatisierung und Digitalisierung einzelner Prozesse. Die Boeing 777 war der erste Jetliner, den komplett digital entworfen und vormontiert hat. Ingenieure verabschiedeten sich buchstäblich von Stift und Papier und verliessen sich ab den 1990er Jahren weitgehend auf Computersoftware. «Die Fachleute sind in der Produktion heute mehr mit der Überwachung als mit der eigentlichen Fabrikation betreut. Mit der vermehrten Automatisierung kommt damit auch stärker der Schichtbetrieb zum Tragen», erklärt Holderegger.

Roboter übernehmen bereits heute Teile der Flugzeug-Montage. Da die Hand-Montage zu teuer und zeitaufwendig ist, hat sich Boeing entschieden – ganz dem Vorbild der Automobilindustrie folgend – Teile ihres 737-Modells von Robotern montieren zu lassen. Damit erhofft sich das Unternehmen eine Reduzierung des Zeitaufwands um einen Drittel sowie einen Rückgang der Produktionsfehler um zwei Drittel.

Inzwischen hat sich auch die «Moving Line» bewährt. Dabei zieht man die Flugzeuge an einer Kette durch die Halle. Bei dieser Art der Fliessbandfertigung konnte Boeing die Durchlaufzeit eines 737-Jets von 28 auf 12 Tage verringern.

Und wie steht es eigentlich um die E-Revolution in der Flugzeugindustrie? «Aus Gründen der heutigen Batteriekapazitäten setzt man momentan mehr auf die Karte Hybrid (Start und Landung mit Elektroantrieb, Cross-Country mit Verbrennungsmotor).» Kleinflugzeuge oder senkrecht startende Multirotorflugzeuge hingegen werden nach Ansicht Holdereggers in Zukunft eher auf den Elektroantrieb setzen.

Text Sven Hoti

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