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Das Velofahren ist des Schweizers Lust

07.03.2020
von Lars Meier

Das Velo steht bei Schweizerinnen und Schweizern derzeit hoch im Kurs. Kein Wunder: Das Fortbewegungsmittel ist günstig in der Anschaffung, man tut etwas für die eigene Fitness und schont obendrein noch die Umwelt. Aber wie wird sich dieser Trend in Zukunft entwickeln?

Finstere Nacht. Dunkelheit. Kurz darauf die Silhouette von Elliott, wie er mit E.T. im Korb vor dem hell leuchtenden Mond mit dem Velo entlangschwebt. Das Velo wird dabei vermutlich nur minimal dazu beigetragen haben, dass diese Szene aus dem Jahre 1982 Filmgeschichte schrieb. Zu Unrecht: Allein seine Entstehungsgeschichte und wie es sich im Laufe der Zeit verändert und entwickelt hat, hätten nämlich ohne Weiteres das Potential, einen spannenden Film zu füllen.

Schliesslich kann das Velo auf eine inzwischen mehr als 200 Jahre alte Historie zurückblicken: 1817 stellte der Deutsche Karl von Drais seine Laufmaschine vor, die später als Draisine bekannt wurde. Es handelte sich dabei um ein Fahrzeug, das vom Aussehen mit dem Velo der Gegenwart bereits viel gemein hatte. Abgesehen von der Tatsache, dass es statt mit Pedalen mit dem Laufen auf dem Boden angetrieben wurde, ähnlich wie beim Kinderlaufrad «Like a Bike».

Rund dreieinhalb Jahrzehnte später, im Jahr 1853, stellte der Schweinfurter Philipp Moritz Fischer das erste Velo mit Tretkurbelantrieb vor. Ende des 19. Jahrhunderts wurden die optisch markanten Hochräder entwickelt und freuten sich grosser Beliebtheit: Mithilfe des grossen Vorderrads war das Erreichen von viel höheren Geschwindigkeiten möglich. Im 20. Jahrhundert erlitt die Popularität des Velos einen Knick: Zunehmend drängten Motorräder und Autos das Velo in den Hintergrund, da man in der zunehmend industrialisierten Welt Velos mit weniger Wohlstand assoziierte.

Das Velo heute

Das Velo verschwand aber, wie gemeinhin bekannt, niemals komplett von der Bildfläche. Thomas Ernst, Gründer, Inhaber und Geschäftsführer eines Zürcher Velogeschäfts, weiss, wieso das Velo heute beliebter denn je ist: «Zentrale Punkte sind die Günstigkeit in der Anschaffung, das schnelle Vorwärtskommen auf Kurzstrecken in bewohntem Gebiet und die kostenlosen Parkmöglichkeiten an jeder Ecke. Nicht zu vergessen sind natürlich auch die Aspekte der Gesundheit, des Trends und der Nachhaltigkeit.» Somit überrascht es auch nicht, dass die Schweiz zu den Ländern mit der höchsten Velodichte der Welt gehört. Der Gesamtbestand an Velos in der Schweiz beläuft sich laut Erhebungen auf mehr als fünfeinhalb Millionen. Von diesen werden aber längst nicht alle gefahren, nur etwas mehr als die Hälfte wird Schätzungen zufolge auch tatsächlich genutzt.

Der Gesamtbestand an Velos in der Schweiz beläuft sich laut Erhebungen auf mehr als fünfeinhalb Millionen.

Die Bedeutung von E-Velos

Auch E-Velos werden hierzulande immer beliebter. So wurde 2018 erstmals die Marke von 100 000 verkauften Exemplaren in der Schweiz geknackt. E-Velos stellen auch klar einen eindeutigen Trend für die Zukunft dar, wie Experte Thomas Ernst bestätigt: «Der Trend geht im Alltagsbereich klar zu voluminöseren E-Bikes, sprich Transportvelos (Family- und Cargobikes).» Auch kommen immer mehr Leute auf den Geschmack eines S-Pedelecs. Diese Velos unterscheiden sich optisch nicht von den Elektrovelos, welche auf 25 Kilometer pro Stunde beschleunigen können. S-Pedelecs können Geschwindigkeiten von bis zu 45 Kilometer pro Stunde erreichen. Thomas Ernst zeigt sich folglich auch nicht über den beliebten Einsatz von S-Pedelecs zum Pendeln überrascht: «Eine zunehmende Anzahl Leute pendelt täglich gerne zwei Mal am Tag 25 Kilometer mit einem S-Pedelec anstatt im Stau zu stehen oder sich in eine überfüllte S-Bahn zu zwängen.»

Für das städtische Kleingewerbe oder auch für Velokuriere sind Cargobikes eine gute Alternative zum Geschäftsauto

Was unterscheidet aber ein E-Velo von einem herkömmlichen Velo, abgesehen von der Motorisierung? Experte Thomas Ernst weist auf das veränderte Nutzungsverhalten hin, wenn man in Besitz eines E-Velos ist: «Man fährt schneller, weiter und öfter. Der Trend geht ausserdem hin zu immer grösseren Packvolumen. Ein Gepäckträgerkorb ist Standard. Ein zusätzlicher vorne kommt oft dazu.» In der Berufswelt findet laut dem Experten ein Umdenken statt: «Auch Firmen setzen auf Cargobikes. Für das städtische Kleingewerbe (Handwerker, Fotografen, Blumengeschäfte, Servicedienstleister) oder auch für Velokuriere sind Cargobikes eine gute Alternative zum Geschäftsauto.»

Die Zukunft des Velos

Der Verkehr wird sich in der nahen Zukunft stark verändern, was die Bedeutung des Velos als Fortbewegungsmittel zusätzlich erhöht. Konkret erwarten Experten, dass der Verkehr im Zuge des Bevölkerungswachstums massiv zunimmt. Ein Teil wird – wie auf der Hand liegt – den Zug- und Strassenverkehr betreffen, ein beträchtlicher Teil aber auch den Langsamverkehr.

Der öffentliche Verkehr wird laut Zahlen des eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) bis 2040 um 51 Prozent, der motorisierte Individualverkehr weiterhin um 18 Prozent und der Langsamverkehr letzten Endes um 32 Prozent zunehmen.

Längst hat das Velo bei Schweizerinnen und Schweizern einen Stein im Brett.

Die Schweiz entwickelt sich also immer mehr zum Veloland. Experte Thomas Ernst stimmt dieser Aussage ebenfalls zu. Den Grund sieht er unter anderem im Folgenden: «Die Wintersportregionen leiden unter dem Schneemangel. Die innovativen Gebiete haben den Mountainbike- oder E-Mountainbike-Trend längst erkannt. Sie bauen extra Trails dafür oder lassen bestehende Routen neu beschriften und bewerben.» Längst hat das Velo bei Schweizerinnen und Schweizern einen Stein im Brett. Wer oder was diese Popularität in Zukunft aufhalten möchte, wird sich warm anziehen müssen!

Text Lars Gabriel Meier

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