bergstrasse in  schweiz
Lifestyle Nachhaltigkeit Mobilität

Ein nachhaltiges System für die Schweizer Mobilität

07.03.2020
von SMA

18 bedeutende Schweizer Unternehmen sehen in der Wasserstoffmobilität das Potenzial, um die Energiewende auf der Strasse umzusetzen. Bis 2023 wollen sie auf privatwirtschaftlicher Basis ein flächendeckendes Wasserstofftankstellennetz und mehr als 1000 schwere Brennstoffzellen-Nutzfahrzeuge in Betrieb nehmen. Dies wiederum macht den Weg frei, um den Wandel in der Mobilität auch bei den Personenwagen zu vollziehen. 

Jörg Ackermann Präsident Förderverein H2 Mobilität Schweiz

Jörg Ackermann, Präsident Förderverein H2 Mobilität Schweiz

Jörg Ackermann, weshalb soll ich ein Wasserstoffauto kaufen?

Ein Wasserstoffauto ist ein Elektroauto. Es stösst beim Fahren weder CO2 noch Russpartikel oder NOx aus. Die einzige Emission ist Wasserdampf. Im Alltag vereint es die Vorteile des Elektroantriebs mit dem Komfort, den wir heute von den konventionellen Fahrzeugen kennen. Man tankt am gleichen Ort und ebenso rasch. Und die Reichweite liegt bei den Personenwagen schon heute bei 500 bis 700 Kilometer.

Woher kommt der Strom für den Elektromotor?

Sozusagen aus dem Wasserstoff (H2). Er ist ein idealer Energieträger. Strom aus erneuerbaren Energiequellen fällt häufig dann an, wenn er nicht benötigt wird. Mit der Elektrolyse verfügen wir über ein erprobtes Verfahren, um diese Energie in Form von Wasserstoff zu speichern. Dabei wird das Wasser-Molekül H2O zerlegt. Es entstehen H2 und O2, also Wasserstoff und Sauerstoff. Die im Wasserstoff gespeicherte Energie lässt sich im Auto durch die Brennstoffzelle wieder in Strom umwandeln. Damit schliesst sich ein absolut grüner und CO2-freier Kreislauf, da bei diesem Prozess im Auto nur Wasserdampf ausgestossen wird.

Kritiker beanstanden, dass diese Technologie zu viel Strom verbraucht – der Wirkungsgrad sei schlecht.

Wie gesagt, Wasserstoff kann ideal erzeugt und grosstechnisch gespeichert werden. Wenn die Nachfrage nach Strom tief ist, kann «Überschussenergie» verwertet werden, um später als Treibstoff in der Mobilität eingesetzt zu werden. Würde dieser Strom aus erneuerbaren Quellen nicht genutzt, wären 100 Prozent der darin enthaltenen Energie verloren, obwohl die Natur diese Energie kostenlos liefert.

Aus diesem Grund ist die Frage des Wirkungsrades für dieses Mobilitätssystem nicht wirklich relevant. Im Gegenteil: Die Produzenten von nachhaltigem Strom können ihre Anlagen wirtschaftlicher betreiben.

Sie schliessen also Kreisläufe. Wieso hat sich diese Technologie in der Mobilität nicht schon früher durchgesetzt?

Das ist wohl in erster Linie die Frage nach dem Huhn und dem Ei. Wenn es keine Fahrzeuge gibt, braucht es keine Tankstellen. Und wenn es keine Tankstellen hat, gibt es keine Fahrzeuge. Die Technologie hingegen ist da und soweit erprobt, dass sie im grösseren industriellen Rahmen ausgerollt werden kann. Genau das ist unser Vorhaben. Hinzu kommt die Dringlichkeit, die CO2-Emissionen auf der Strasse rasch und nachhaltig zu reduzieren. Letzten Endes wird der Kunde entscheiden, welche der neuen Technologie für ihn wann sinnvoll und akzeptabel ist. Diese Wahl ist aber ist nur möglich, wenn eine ausreichende Infrastruktur besteht.

Und gerade in der Schweiz, ohne eigene Automobilindustrie, soll es jetzt klappen? 

Die Schweiz verfügt über besondere kulturelle Errungenschaften, die es ermöglichen, dass sich Mitbewerber im Markt an den gleichen Tisch setzen und ein Mobilitätssystem aufbauen, wie es jeder für sich allein nicht anbieten kann. Dazu bedarf es der Auflösung von Grenzen zwischen Branchen und einzelnen Unternehmen. Anders gesagt: Es geschieht, weil wir es tun.

Und das lösen Sie mit dem Förderverein?

Ja. Inzwischen sitzen 11 namhafte Transport- und Logistik-Unternehmen und 7 Tankstellenbetreiber an einem Tisch, um in der Schweiz ein nachhaltiges Mobilitätssystem auf die Beine zu stellen. Gemeinsam verfügen sie über ein Potenzial von rund 5000 Nutzfahrzeugen und über 2000 Tankstellen, die teilweise mit dem Treibstoff Wasserstoff erweitert werden.

Sie bringen so quasi Henne und Ei zusammen?

Ja und wir sind der Meinung, dass sich der Aufbau auf privatwirtschaftlicher Basis rascher und nachhaltiger in Gang setzen lässt. Die Lkws sorgen für eine planbare und konstante Grundauslastung der Tankstellen. So kann eine Wasserstoff-Tankstelle bereits mit dem Verbrauch von zehn Wasserstoff-Lastwagen wirtschaftlich betrieben werden.

Also braucht es ganz einfach genügend Wasserstoff-Lastwagen.

Dem ist so. Leider war der Weg dorthin steinig. Erst nach mehrjähriger erfolgloser Suche konnte das Start-up H2 Energy AG mit Hyundai in Südkorea einen Hersteller finden, der dieses Potenzial erkennt und bereit ist, mit uns voranzugehen und dieses Projekt in der Mobilität umzusetzen.

Es kann also losgehen?

Ja. Es geht los! Bis Ende 2020 werden in der Schweiz sechs öffentliche Wasserstoff-Tankstellen in Betrieb stehen und die ersten 50 Lastwagenzüge auf Schweizer Strassen unterwegs sein. Bis 2023 sollten es mehr als 1000 LKWs und ein flächendeckendes Tankstellennetz sein. Parallel dazu wird die Wasserstoffproduktion durch Hydrospider hochgefahren.

Das tönt nach einem einmaligen Projekt, das jetzt quasi «live» geht. Worauf sind Sie besonders stolz?

Dass bedeutende Unternehmen in diesem Land aus innerer Überzeugung zusammenstehen, um gemeinsam und privatwirtschaftlich ein einzigartiges CO2-freies Mobilitätssystem auf die Beine zu stellen

Fahren Sie selber bereits ein Wasserstofffahrzeug?

Das ist das nächste grosse Projekt (lacht). Spass beiseite. Man kann in der Schweiz bereits Personenwagen kaufen, die mit Wasserstoff betrieben werden. Sobald das Tankstellennetz einigermassen steht, werde ich umsteigen. Es muss einfach ein Modell sein, in dem auch unser Hund Platz hat….

Mitglieder des Fördervereins:

Tankstellenbetreiber Agrola AG, Avia Vereinigung, Coop Mineraloel AG, Migrol AG, Shell, Socar, Tamoil sowie die Flottenbetreiber und Importeure Camion Transport Will, Ch. Cavegn, Coop, Emil Frey Group, Emmi, Fenaco, F. Murpf, G. Leclerc, Schöni Transporte und Migros.

Der Verein wird unterstützt durch H2 Energy AG, Zürich

Weitere Informationen unter:

www.h2mobilitaet.ch

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Vorheriger Artikel «Zürich fehlt der Mut für eine klare Trennung der Verkehrsteilnehmenden»
Nächster Artikel Nicola Spirig: «Gesundheit ist das A und O in meinem Leben»