Der 1. Januar 2025 war für den Immobiliensektor ein unangenehmer Stichtag: Mit dem Inkrafttreten der finalen Vorgaben des Reformpakets Basel III werden Banken verpflichtet, höhere Eigenmittelanforderungen für Kreditvergaben zu erfüllen. Für dringend notwendige Immobilienprojekte dreht der Bund damit die Schraube zusätzlich an.
Mit Basel III schnürte die Schweiz ein umfassendes Reformpaket, das ursprünglich darauf abzielte, die Widerstandsfähigkeit des Finanzsystems zu stärken. Und obschon es vor allem darum ging, mit diesen Massnahmen die Stabilität des Bankensektors zu erhöhen, sind deren Auswirkungen heute direkt im Immobilienbusiness spürbar: Kreditnehmer:innen, vor allem bei Projektentwicklungen und Promotionen, spüren zunehmend die Auswirkungen der finalen Umsetzung von Basel III, die in der Schweiz seit Beginn dieses Jahres schrittweise greift. Denn durch dieses Massnahmenpaket verschärft sich die Ausgangslage für die Aufnahme von Fremdkapital – was laut Fachleuten den hiesigen Immobilienmarkt nachhaltig dämpfen könnte.
Strengere Regeln, höhere Hürden
Wo liegt genau das Problem? Den Kern von Basel III bilden erhöhte Eigenmittelanforderungen für Banken. Das bedeutet, dass Banken für gewisse Kreditgeschäfte mehr eigenes Kapital als Sicherheit hinterlegen müssen. Diese Verschärfung der Regularien hat, wie bereits angetönt, direkte Folgen für Kreditnehmer:innen im Immobiliensektor: Da Banken mehr Eigenkapital vorhalten müssen, steigen ihre Kapitalkosten. Diese Kosten werden in Form von höheren Zinsen und Gebühren an die Kreditnehmer weitergegeben. Dies veranlasst Banken, konservativer zu agieren, (noch) strengere Kriterien anzulegen und reduziert überdies die Bereitschaft, höher zu belehnen. Die erschwerte Kreditaufnahme für Bauprojekte und Immobilieninvestitionen kann verschiedene Auswirkungen auf den Schweizer Immobilienmarkt haben. Marktkenner:innen erachten vor allem eine Verlangsamung der Bautätigkeit als denkbar. Denn höhere Finanzierungskosten und schwierigere Kreditbedingungen könnten dazu führen, dass weniger Neubauprojekte initiiert werden oder bestehende Projekte sich verzögern. Dies dürfte die ohnehin äusserst angespannte Situation auf dem Wohnungsmarkt in vielen Regionen der Schweiz weiter verschärfen – besonders in den urbanen Zentren.
Da Banken mehr Eigenkapital vorhalten müssen, steigen ihre Kapitalkosten. Diese Kosten werden in Form von höheren Zinsen und Gebühren an die Kreditnehmer weitergegeben.
Erschwerend kommt hinzu, dass durch die Integration der Credit Suisse in die UBS eine bedeutende Akteurin wegfiel. Die neue Besitzerin UBS habe laut Fachleuten das von der CS stammende Kreditportfolio massiv reduziert – und andere Banken hätten die auf diese Weise entstandene Lücke nicht gefüllt. Die Folge sei die derzeit zu beobachtende «Kreditklemme».
Die Situation im Alltag
Wie sich diese neue Ausgangslage konkret manifestiert, zeigt ein Praxisbeispiel: Nehmen wir das Beispiel einer Immobilieninvestorin aus der Region Zürich, die ein sanierungsbedürftiges Mehrfamilienhaus mit sechs Wohneinheiten erwerben möchte. Ihr Geschäftsmodell basiert darauf, die Liegenschaft zu erwerben, umfassend zu sanieren und die Wohnungen anschliessend zu vermieten. Bisher konnte sie solche Projekte mit einem Fremdkapitalanteil von rund 70 Prozent realisieren. Vor der finalen Umsetzung von Basel III hätte die Immobilieninvestorin bei ihrer Hausbank wahrscheinlich relativ unkompliziert eine Finanzierung für den Kauf und die Sanierung erhalten. Doch nun sieht die Situation anders aus: Die Bank fordert jetzt einen deutlich höheren Eigenkapitalanteil, in der Regel 40 Prozent des Gesamtinvestitionsvolumens (Kaufpreis plus Sanierungskosten). Dies bedeutet, dass die Investorin deutlich mehr eigenes Kapital aufbringen muss, was die finanziellen Spielräume einschränkt. Und da die Bank weniger bereit ist, einen hohen Belehnungsgrad zu gewähren, zwingt dies die Investorin dazu, entweder weniger Fremdkapital aufzunehmen und/oder die Sanierung weniger umfangreich zu gestalten. Kurzum: Die höheren Finanzierungskosten und der geringere Fremdkapitalanteil schmälern die erwartete Rendite des Projekts – und dies betrifft alle Akteure am Immobilienmarkt.
Diese Entwicklungen wirken sich auch auf die Gesellschaft aus: Die Schweiz verzeichnet ein Bevölkerungswachstum und kämpft gleichzeitig mit einem bereits hohen Regulierungsdruck im Bausektor. Dringend benötigte Wohnraumprojekte drohen nun, auf das Abstellgleis zu geraten. Immobilieninvestor:innen sowie Projektentwickler:innen müssen sich auf diese veränderte Ausgangslage einstellen und ihre Finanzierungsstrategien entsprechend anpassen.
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