«Es gibt keine Unternehmen, die KI nicht einsetzen – es gibt nur solche, die das glauben»
KI verspricht Unternehmen aller Branchen und Grössen neue Chancen. Doch die Umsetzung birgt Tücken: Patrick Müller, Owner der iTrust AG, erklärt im Interview, warum Technologie allein nicht reicht und wie sein Unternehmen mit einem Fokus auf das Zusammenspiel von Mensch und Maschine KI-Projekte zum Erfolg führt.

Patrick Müller
Owner
Herr Müller, Ihr Unternehmen verfolgt mit dem iTrust-Modell einen interessanten Ansatz: Die Faktoren «Mensch» und «Technologie» müssen perfekt aufeinander abgestimmt werden, damit man das volle Potenzial digitaler Tools nutzen kann. Wie übertragen Sie dieses Prinzip auf die Implementierung von KI?
Dies hängt sehr direkt davon ab, mit welchem Unternehmen und mit welcher Unternehmenskultur man es zu tun hat. Grundsätzlich beobachten wir verschiedene Haltungen zu KI im Unternehmenskontext. Es lässt sich aber kaum bestreiten, dass die Technologie einen disruptiven Charakter hat – wenn vielleicht auch nicht unmittelbar heute, dann doch sicherlich in der Zukunft. Wenn man diese Prämisse teilt, ist es für Unternehmen essenziell, jetzt wesentliche Schritte in Richtung Umsetzung zu machen.
Das ist in der Praxis zugegebenermassen oftmals leichter gesagt als getan, denn anders als der aktuelle Hype manchmal suggeriert, kann man nicht einfach einen «KI-Knopf» drücken und alles wird automatisch besser. Echte und messbare Effizienzsteigerungen durch KI im Unternehmenskontext zu erzielen, stellt heute noch eine Herausforderung dar. Genau hier setzt unser Modell an: Die Technologie allein reicht nicht, der Mensch muss befähigt und mitgenommen werden.
Welchen konkreten Rat geben Sie also Firmen, die zwar die Chancen von KI erkennen, aber vor der Umsetzung (noch) zurückschrecken?
Der Schlüssel zum Erfolg liegt darin, diejenigen Teammitglieder, die unmittelbar mit KI arbeiten und neue Wege beschreiten sollen, eng zu begleiten und zu befähigen. Gelingt dies nicht, ist das Risiko gross, dass die KI-Strategie im Sand verläuft, die Mitarbeitenden frustriert sind und die Ergebnisse bestenfalls medioker ausfallen. Deshalb raten wir allen Firmen dringend, mit überschaubaren Projekten zu starten, erste Teilerfolge zu erzielen und sogenannte Quick Wins zu verbuchen. Das ist deutlich zielführender, als untätig zu bleiben oder sich gleich am Anfang mit riesigen Projekten zu überheben. Konkret empfehle ich Firmen Folgendes: Identifizieren Sie in Ihrem Betrieb mit den vorhandenen Mitteln Anwendungsfälle (Cases), bei denen KI eine echte Hebelwirkung entfalten kann. Dann gilt es, diese Cases in der Praxis möglichst direkt zu realisieren, daraus zu lernen und auszubauen.
Können Sie ein Beispiel für einen solchen Case nennen?
Nehmen wir ein Beratungsunternehmen: Hier könnten beispielsweise gewisse Back-End-Checks, die bisher manuell erfolgten, mithilfe von KI teilautomatisiert werden. Das schafft Freiräume für anspruchsvollere Tätigkeiten. Bei der Identifikation solcher Hebel unterstützen und begleiten wir unsere Kunden aktiv.
Das klingt, als wäre neben technischer Expertise vor allem auch hohe Beratungskompetenz gefragt.
Absolut, diese Soft Skills sind sogar essenziell. Die iTrust AG agiert seit ihrer Gründung als umfassender Digitalisierungspartner – wir sind quasi ein Sparringspartner, der die digitale Zukunft unserer Kunden mitprägt, nicht nur für KI-Projekte. Bei jeder Implementierung neuer Anwendungen, egal welcher Art, hängt der Erfolg massgeblich von kommunikativer Exzellenz ab. Die «Customer-Journey», also die Reise des Kunden durch den Veränderungsprozess, muss positiv erlebt werden und Enttäuschungen müssen authentisch aufgefangen werden. Idealerweise bereiten die Transformationsprozesse Spass, damit die Mitarbeitenden motiviert sind, den Weg weiterzugehen. Hierfür ist Vertrauen unabdingbar – sowohl in die Technologie als auch in uns als Beraterinnen und Berater. Dafür steht unser Firmenname «iTrust». Die zwischenmenschlichen Aspekte sind also matchentscheidend für den Erfolg.
Wie gehen Sie konkret vor, um in Unternehmen Cases mit Hebelwirkung zu finden?
Manche dieser Anwendungsfälle liegen auf der Hand, viele sind aber nicht offensichtlich. Unser Ansatz besteht darum darin, direkt bei den Firmen vor Ort eine Analyse durchzuführen. In einem strukturierten Prozess schauen wir uns genau an, wie die Teams arbeiten. Dabei verbinden wir das interne Wissen des Unternehmens mit unserer externen Perspektive und Vernetzungskompetenz. Darauf basierend entwickeln wir eine Arbeitsthese und identifizieren die Punkte, an denen die wirkungsvollsten Hebel angesetzt werden können. Wir bringen Fokus und Erfahrung ein, was oft schnell zu spannenden, aber dennoch realistischen Ideen führt. Diese Mischung mündet dann in einen konkreten Plan – der oft über reine KI-Anwendungen hinausgeht und generelle Arbeitsprozesse optimiert. KI ist dabei, wie gesagt, ein wichtiger Teil unseres Ökosystems, aber eben nur ein Teil.
Nutzt die iTrust AG auch KI im Arbeitsalltag?
Selbstverständlich. Die Reise, auf die wir unsere Kunden mitnehmen, haben wir bereits selbst durchlaufen. Wir haben unsere Mitarbeitenden frühzeitig befähigt, diese neuen Technologien zu nutzen und dabei auch das unvermeidliche «Tal des Frustes» durchschritten, das anfängliche Lernkurven oft mit sich bringen. Diese Phase liegt inzwischen weit hinter uns. Wir arbeiten kontinuierlich daran, unsere eigenen Prozesse oder Teile davon zu automatisieren, beispielsweise mithilfe KI-gestützter Agents. Und natürlich legen wir grossen Wert auf die Konsolidierung unserer Daten, um eine optimale Ausgangslage für KI-Anwendungen zu schaffen.
Was empfehlen Sie nun Unternehmen, die das Gefühl haben, beim Thema KI noch ganz am Anfang zu stehen – und eventuell Angst haben, den Anschluss zu verpassen?
Zunächst eine vielleicht überraschende Feststellung: Es gibt heute hierzulande eigentlich keine Unternehmen mehr, die KI nicht in irgendeiner Form einsetzen – es gibt nur solche, die das glauben. Denn die Technologie ist bereits in der individuellen Anwendung – quasi verdeckt – im Einsatz. Meine wichtigste Empfehlung lautet daher: Entwickeln Sie eine klare Haltung zum Thema KI. Definieren Sie, in welchen Bereichen KI für Ihr Unternehmen sinnvoll sein kann und wo eher nicht. Daraus lässt sich eine Art unternehmensinterne KI-Richtlinie ableiten. Im nächsten Schritt geht es darum, Inhalte zu prüfen und einen ersten konkreten Umsetzungsschritt zu wagen. Dieser muss, wie bereits erwähnt, nicht gewaltig sein. Ein Pilotprogramm, mit dem man sich auf die «KI-Journey» begibt, kann einen guten Anfang darstellen. Der entscheidende Punkt ist: Seien Sie bereit, wenn die Technologie – und damit möglicherweise auch Ihr Geschäftsmodell – richtig abhebt.
Wagen wir einen Blick in die Zukunft: Welche KI-Themen werden Ihrer Meinung nach künftig besonders wichtig – für iTrust und Ihre Kunden?
Ich sehe im Grunde drei mögliche Entwicklungsszenarien: Ein konservatives, ein progressives sowie ein disruptives. Das konservative Szenario wäre geprägt von grossen Bedenken, knappen Budgets und mangelnder Integrationsfähigkeit; KI bliebe hier eher in einem frühen Stadium stecken. Das progressive Szenario bedeutet eine schrittweise Integration, bei der die Geschwindigkeit zunimmt, die Kosten für KI sinken und die Technologie zu einem integralen Bestandteil vieler Prozesse wird. Und das disruptive Szenario schliesslich beschreibt eine rasche Durchdringung, die ganze Branchen und Geschäftsmodelle fundamental verändert.
Wenn ich heute in die Kristallkugel schaue, glaube ich, dass das konservative Szenario eher unwahrscheinlich ist. Ich erwarte eher eine Mischung: Wir werden zunächst eine progressive Entwicklung sehen, die dann aber durchaus in disruptive Veränderungen münden kann. Für uns als iTrust bedeutet das: Wir müssen extrem nahe an der technologischen Entwicklung bleiben und gleichzeitig die Brücke zu unseren Kunden schlagen, um sie auf diesem Weg optimal zu begleiten und die Potenziale für ihr Geschäft nutzbar zu machen.
Weitere Informationen unter itrust.ch
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