Swiss Tech blüht auf. Die Stadt Zug hat in den letzten Jahren den Übernamen «Crypto Valley» erhalten. Seit dem Jahr 2013 haben sich immer mehr Unternehmen und Stiftungen im Bereich Blockchain und Kryptowährung dort angesiedelt. Man darf aber nicht vergessen, dass die technologische Basis für den Erfolg des «Crypto Valley» aus einem anderen in Zug stark vertretenen Cluster stammt. Ein Deep-Tech-Cluster, welches innovative Ideen entwickelt und bis zur Marktreife führt.
Doch was ist Deep Tech überhaupt? Deep Tech sind kleine Start-ups oder Teams, die sich zum Ziel gesetzt haben, grosse technologische Herausforderungen mithilfe eigens entwickelter Produkte oder Methoden zu überwinden. Die daraus entstehenden Technologien erschaffen neue Märkte oder ordnen bestehende Märkte komplett neu. Oder in den Worten von Dr. Matthias Hölling, Team Leader der Foundation Affairs des Technoparks Zürich: «Unter einem Deep-Tech-Start-up verstehen wir, dass das Businessmodel auf einer Technologie basiert, die gerade aus der Forschung kommt und den Stand der Technik ‹herausfordert›.» Forschungsgebiete wie künstliche Intelligenz oder Biotechnologie sind hier aktuelle Beispiele. Diese Unternehmensform ist aber keinesfalls neu, eher trägt sie ein neues Label. Was früher Erfinder wie die Wright-Brüder mit dem Flugzeug oder Carl Benz mit dem Auto waren, sind heute Satoshi Nakamoto mit der Blockchain oder Sam Altman mit ChatGPT. Ebenfalls gleich geblieben ist die Tatsache, dass die Entwicklung bis zum ersten fertigen Produkt oder der ersten anwendbaren Technologie Jahre dauern kann und eine Unmenge an Kapital im Voraus benötigt. Dies ohne dass der Fortschritt auf dem noch bevorstehenden Weg genau eingeschätzt werden kann. Deep-Tech-Unternehmen sind risikoreich, aber bei einem Erfolg sind die Gewinne enorm. Nur der Nutzen für die gesamte Gesellschaft stellt die schwarzen Zahlen in den Schatten.
Der starke Standort Schweiz
Die Ansammlung von Deep-Tech-Unternehmen im Kanton Zug lässt sich auf mehrere Arten erklären. Erstens ist es die überdurchschnittliche Förderung von Deep-Tech-Unternehmen in der Schweiz. In keinem anderen europäischen Land wie der Schweiz wird im Verhältnis so viel Risikokapital in Deep Tech investiert. Ganze 35 Prozent, gefolgt von Finnland und Norwegen mit jeweils 32 und 27 Prozent. Zweitens sind es die renommierten Hochschulen wie die ETH oder die Uni Zürich, aber auch Fachhochschulen, welche Talente mit Erfindergeist und Durchhaltevermögen hervorbringen. Diese gründen dann entweder eigene Start-ups oder werden Teil bestehender Unternehmen, wo sie ihr Wissen und Ideenreichtum auf dem Weg zum revolutionären Produkt einbringen können. Drittens ist es die bereits geschaffene Umgebung des Crypto Valleys in Zug, durch kantonale Massnahmen begünstigt und durch ansässige Unternehmen ausgebaut, welche dazu führt dass sich Deep-Tech-Unternehmen in Zug niederlassen. Aber auch die Grösse des Binnenmarkts Schweiz kann ein Vorteil sein. «Einerseits ist der kleinere Markt in der Anfangsphase leichter zu durchdringen, andererseits zwingt es die Unternehmen früh, sich um Kunden aus dem Ausland zu kümmern», so Dr Hölling.
Deep-Tech-Unternehmen sind risikoreich, aber bei einem Erfolg sind die Gewinne enorm. Nur der Nutzen für die gesamte Gesellschaft stellt die schwarzen Zahlen in den Schatten.
Der Fortschritt aus regionaler Hand
Beispiele von Firmen im Deep-Tech-Bereich in Zug gibt es also viele. Hier sind nur einige Beispiele, die verdeutlichen sollen, an welchen Projekten in Zug gearbeitet wird.
Flarm ist ein Frühwarnsystem für Flugzeuge. Es kann auf Hindernisse aufmerksam machen und kommuniziert mit anderen Flugzeugen, welche mit dem gleichen System ausgerüstet sind, um vor möglichen Kollisionen zu warnen. 100 Prozent aller Segelflieger in Mitteleuropa sind mit dem System ausgestattet, und es findet auch eine Zunahme bei motorenbetriebenen Flugzeugen statt. Das neueste Projekt hat das Ziel, eine Datenbank zur Identifikation von unbemannten Drohnen zu erschaffen.
Dotphoton ist das Unternehmen, welches eine neue Methode zur Komprimierung von rohen Bilddateien entwickelt hat. Anwendungen wie Satellitenaufnahmen oder mikroskopische Aufnahmen für Forschung im Bereich Biologie können so ohne Verluste in der Auflösung verschickt und gespeichert werden. Auch ermöglicht diese Technologie in der Kombination mit KI, welcher auf der Basis von Bildern Daten generiert, bessere Resultate.
Synthara hat sich auf Computerchipdesign spezialisiert. Ihre Forschung im Bereich der Vereinigung von Prozess- und Speicherleistung auf einem Chip ermöglicht es nun, einen Computerchip zu bauen, der eine 50-fache Leistungssteigerung bietet. Diese Chips können problemlos in bestehende Herstellungsarchitekturen integriert werden, was ein enormes Plus darstellt. Synthara wurde deshalb dieses Jahr mit dem ZKB Pionierpreis Technopark ausgezeichnet.
Mut zu Swiss Tech soll gefördert werden
Der ZKB Pionierpreis Technopark fördert Schweizer Deep-Tech-Unternehmen, indem er jährlich das beste Unternehmen kürt und mit einem Preisgeld von 100 000 Franken belohnt. Bewertet werden die Unternehmen von einer Jury aus erfahrenen Experten aus mehreren Fachbereichen der Branche. Dr. Hölling ist einer davon. Ein potenzieller Anwärter für den Pionierpreis muss «es spannend finden, etwas zu tun, was bisher noch keiner gemacht hat und eine Vision zur Verbesserung der Welt haben. Trotzdem muss der Kundennutzen im Vordergrund stehen.» Die Ernennung von Synthara kommt somit nicht überraschend. In allen vier Bewertungskriterien konnten sie sich gegen ihre Mitstreiter beweisen. «Kreativität, Innovationsgehalt, soziale Relevanz und die Marktfähigkeit bzw. das Businessmodell.» Besonderer Fokus liegt auf dem Kriterium Kreativität: «Wir möchten etwas sehen, was uns erstaunt und begeistert und eine gewisse Überraschung hervorruft, dass so etwas möglich ist.» Somit ist die seit 2002 geführte Liste von Gewinnern des Pionierpreises, ein eindrücklicher Beweis für den Erfindergeist der Schweiz und seinen Einwohner:innen.
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