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Digitalisierung Finanzen

Kryptowährungen: Neue Technologien sind so lange wertlos – bis sie unbezahlbar werden!

28.02.2023
von SMA

Als globaler Strategie-Verantwortlicher hatte Ethan Schärer die Möglichkeit, gemeinsam mit Jeff McDermott,  dem früheren CEO der UBS Investment Bank (zurzeit leitet er die Nomura Investment Bank), eine erfolgreiche  Investment-Bank im «Technologie und nachhaltige Infrastruktur»-Bereich aufzubauen. Da im M&A- und Venture-Bereich  verschiedene Bewertungsmodelle angewendet werden, stellt sich die Frage: «Wie bewertet man Bitcoin?»

Ethan Schärer

Ethan Schärer
Partner honesto AG

Traditionelle Bewertungsmethoden funktionieren bei Bitcoin und anderen Kryptowährungen nicht. Verhältnisse wie z.B. Kurs-Gewinn-Verhältnis, Kurs-Umsatz-Verhältnis und Kurs-Cashflow-Verhältnis können nicht angewendet werden. Im Gegensatz zu Unternehmen produziert Bitcoin keine Umsätze, Gewinne oder Cashflows. Natürlich stehen andere technische Analyse-Tools zur Verfügung, doch können diese abhängig vom Zeithorizont irreführend sein oder sogar fehlerhafte Schlussfolgerungen ergeben. Aber wenn man versucht, das Wachstums- und Preispotenzial von Bitcoin zu prognostizieren, ist es zielführender, den Wert der Technologie und deren Massentauglichkeit einzuschätzen.

Dazu kann die Anwendung der S-Kurven-Theorie sinnvoll sein. In Bezug auf die Massenadoption eines Produktes oder Services besagt die S-Kurven-Theorie, dass die Akzeptanz zunächst langsam wächst (1. Phase), gefolgt von schnellem Wachstum (2. Phase) und, oft nach einer Korrektur oder einem Reifeprozess und schliesslich mit abnehmendem Wachstum diese dann auf einem Plateau endet (3. Phase).

Kurz gesagt, beinhaltet die Theorie, dass die Zeit, die die meisten neuen Technologien benötigen, um von 10 Prozent der Bevölkerung angenommen zu werden, in etwa der gleichen Zeit entspricht, die benötigt wird, um von 10 auf 90 Prozent zu kommen. Diese Theorie hat sich über eine Vielzahl von Trends und Zeiträumen hinweg bestätigt – von der Eisenbahn, Fax-Maschinen, PC, Internet bis zum Mobiltelefon bzw. Smartphone usw.

Achte nicht auf den Preis, der Preis spielt keine Rolle. Brian Estees

Ähnlich zur Dotcom-Euphorie, in der es viele «Mitläufer» gab, bestehen heute über 22 000 Kryptowährungen. Expert:innen zufolge verfügen aber nur eine Handvoll dieser Protokolle über einen echten «Use Case» und können als «Institutional Grade» charakterisiert werden. Daher haben die meisten dieser Kryptowährungen keine Existenzberechtigung und werden «sterben».

Die Kurskorrektur vergangenen Jahres war für viele Investor:innen eine schmerzhafte Erfahrung, aber gleichzeitig auch eine natürliche und logische Folge nach den riesigen Kursgewinnen. Sowie in der Dotcom-Blase, in der viele dieser Internetunternehmen die hohen Umsatz- und Gewinnerwartungen schlussendlich nicht erfüllen konnten, kam es zu starken Einbrüchen, und viele dieser Unternehmen gingen Konkurs und bestehen heute nicht mehr.

Das Prinzip kann in der folgenden S-Kurven-Analyse von Bitcoin dargestellt werden. Die S-Kurven-Analyse widerspiegelt den Weg der Einführung dieser neuen Blockchain Technologie. Wie in der Grafik ersichtlich ist, hat Bitcoin zehn Jahre gebraucht, um eine Verbreitung von 10 Prozent zu erreichen. Zurzeit halten ungefähr 20-25 Prozent aller US-Amerikaner:innen Bitcoin. Andere Länder widerspiegeln eine ähnliche Krypto-Adoptionsrate. Wenden wir diese Theorie auf Bitcoin an, wird bis 2029 eine Bitcoin Akzeptanz von 90 Prozent erreicht.

Zusammenfassung

Anhand dieser Massenadoptionskurve kann man erstens feststellen, in welcher Phase man investiert, und zweitens, ob man zu früh oder zu spät in einen Trend investiert.

Die Preiskorrektur (Shakeout-Phase) hat bereits stattgefunden und es scheint, dass Bitcoin und der allgemeine Kryptomarkt sich in einer Konsolidierungsphase befindet. Dadurch wird sich die Anzahl der Kryptowährungen (Protokolle) in naher Zukunft unweigerlich verringern. Obwohl zukünftige Volatilität nicht ausgeschlossen werden kann, besteht die Möglichkeit, dass sich der Preis von Bitcoin zurzeit in einer Findungsphase befindet und Bitcoin bald in die zweite Wachstumsphase übergehen kann. Die zunehmende Krypto-Adoption von grösseren Finanzinstituten und das Interesse von institutionellen Investoren, sowie auch die Regulierung der digitalen Assets auf globaler Ebene könnten die benötigten Katalysatoren für die nächste Wachstumsphase werden. Sollte der S-Kurven-Adoption folgen, ist eine Steigerung des Wertes pro Bitcoin eine unweigerliche Konsequenz.

Zugegebenermassen hat Bitcoin eine hohe Volatilität und Timing ist ein schwieriges Unterfangen. Es ist aber überaus denkbar, dass mit steigender Massenadoption und Akzeptanz die Volatilität sinkt und Bitcoin an Wert gewinnen wird. Sollte dies geschehen, wird sich Bitcoin als eigene Anlageklasse behaupten können und aus Risikosicht eine nicht korrelierte und deshalb komplementäre Anlagestrategie im Portfolio wird. Diese Sicht teilen auch andere professionelle Anleger:innen wie z.B. Yale Foundation, Stanford, MIT, die eine fünf- bis zehnprozentige Position eines Portfolios in Blockchain relevante Investitionen empfehlen. Selbst die BIZ, die Bank der Zentralbanken, sprach eine Empfehlung aus, dass die Rücklagen der Banken mit bis zu zwei Prozent in Bitcoin hinterlegt werden können.

Zurzeit besteht eine sehr vorsichtige Sicht auf Bitcoin. Die Blockchain-Technologie ist eine neuere Entwicklung, die noch eine Massenadoption durchlaufen wird. Aber anhand der bereits bestehenden Anwendungsbereiche der Blockchain-Technologie bewegt sich die Entwicklung auf einer Bewertungsachse von ursprünglich «wertlos» zu «unverzichtbar». Neue Technologien sind so lange wertlos, bis sie unbezahlbar werden, wie Brian Estees, Founder Off The Chain Capital sagt. Daher ist aus technischer Sicht sinnvoll, eine Investition in Bitcoin zum jetzigen Zeitpunkt zu prüfen.

Text Ethan Schärer

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