Stärke, Solidarität und eigenverantwortliches Handeln prägen das Bild älterer Menschen in der Krise.

David Hess-Klein
Über Monate hatte die Covid-Krise uns alle fest im Griff. Dank rigoroser Massnahmen und der richtigen Verhaltensweisen konnte man die Kontrolle über die Ausbreitung des Coronavirus erlangen. Wir sind auf dem Weg in eine neue Normalität, in der die Schutzmassnahmen Teil unseres Alltags werden.
Ältere Menschen sind besonders betroffen. Aufgrund der epidemiologischen Erkenntnisse musste diese Bevölkerungsgruppe als «besonders gefährdet» eingestuft und entsprechend besonders geschützt werden.
Ich bin dankbar für den Durchhaltewillen meiner Eltern und ihre Disziplin. David Hess-Klein, Experte Gesundheitsförderung und Prävention, Gerontologe Bundesamt für Gesundheit
Natürlich war auch meine Familie vom Lockdown betroffen und dessen Folgen beschäftigen sie weiterhin. Meine Eltern, – beide über 85 Jahre alt – leben in einer Wohnung im Rheinland. Ich habe sie seit sechs Monaten nicht mehr gesehen. Ausser den regelmässigen Besuchen einer Pflegefachfrau haben sie keinerlei physischen Kontakte mit der Aussenwelt. Die Isolation wird lediglich unterbrochen durch kleine Spaziergänge in den Abendstunden, die sie ausstaffiert mit Masken und Hygienehandschuhen unternehmen. So haben sie zumindest physisch die Krise soweit gut überstanden. Mich hat – in einer schwer zu ertragenden Entfernung – die Disziplin meiner Eltern bei der Umsetzung der empfohlenen Massnahmen sehr beruhigt und erleichtert. Und sie verdient Bewunderung; so wie auch hier bei uns in der Schweiz die zahlreichen älteren Menschen Anerkennung verdienen, die sich so gut sie konnten mit den schwierigen Verhältnissen arrangiert haben. Ihr Durchhaltewillen und ihre Stärke werden uns in Erinnerung bleiben, wenn wir an diese Zeit zurückdenken.
Meine Eltern, – beide über 85 Jahre alt – leben in einer Wohnung im Rheinland. Ich habe sie seit sechs Monaten nicht mehr gesehen.
Nicht alle sind gefährdet, aber diszipliniert
Nun werden Sie mir vielleicht entgegenhalten, dass gebrechliche ältere Menschen ein ureigenes Interesse am Schutz vor dem Virus hatten. Das mag sein. Aber was ist mit den «jungen fitten Alten», die gesund und ohne sichtbare Vorerkrankungen in die Schublade der Gefährdeten gesteckt wurden? Aus Sicht der Epidemiologie und der öffentlichen Gesundheit war diese Differenzierung in der Kommunikation nicht möglich. Mir ist bewusst, dass sich viele ältere Menschen nicht als gefährdet betrachten. Aber im Hinblick auf eine breite Sensibilisierung und den Schutz der wirklich schutzbedürftigen Menschen liess sich dieses mögliche Dilemma nicht auflösen.
Umso höher gewichte ich das solidarische Mittragen der Massnahmen. Mit grosser Disziplin und einem hohen Grad an eigenverantwortlichem Handeln im Rahmen der Empfehlungen haben die älteren Menschen einen erheblichen Anteil am Erfolg der Krisenbewältigung gehabt. Auch dieses Bild nehme ich gerne mit zurück in den Alltag.
Die vorliegende Publikation «Fokus 50 Plus» selbst ist mit ihren Beiträgen ein Bote für die Rückkehr zur Normalität. Es ist eine neue Normalität. Denn es ist immer noch Vorsicht angebracht, das Virus bleibt Teil unseres Alltags. Ich wünsche eine anregende Lektüre. Lassen Sie sich inspirieren, geniessen Sie die Natur, bewegen Sie sich und bleiben Sie gesund.
Text David Hess-Klein
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