mut zum eigenen weg
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Die Frau Editorial

Mut zum eigenen Weg

13.12.2025
von SMA

Frauen gestalten heute Unternehmen, führen Teams und gehen ihrer Karriere nach. Dabei erleben viele ihren Berufsalltag noch immer als Balanceakt zwischen Erwartungen, Rollen und der eigenen Authentizität. Hinzu kommen sichtbare und unsichtbare Barrieren, die ihren Karriereweg erschweren. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, gibt es verschiedene Strategien.

Dr. Karina Audrey JekerGründerin Female Business Seminars

Dr. Karina Audrey Jeker
Gründerin Female Business Seminars

Seit über zehn Jahren setze ich mich mit meinem Trainings- und Beratungsunternehmen «Female Business Seminars» dafür ein, Frauen in der Wirtschaft zu stärken, sichtbar zu machen und in Führungspositionen zu bringen. In dieser Zeit ist viel geschehen. Das Bewusstsein für Gender-Diversität hat in Wirtschaft und Gesellschaft spürbar zugenommen. Immer mehr Unternehmen sprechen über Chancengleichheit und Diversität in der Führungsetage. Dennoch zeigt die Praxis: Der Weg an die Spitze bleibt anspruchsvoll.

Noch immer wirken unbewusste Vorurteile und subtile Erwartungen, die Frauen in enge Rollenbilder drängen. Während die gesellschaftliche Rolle der Frau häufig mit Wärme, Kooperation und Fürsorglichkeit assoziiert wird, verlangt die normative Führungsrolle Stärke, Durchsetzungsfähigkeit und Dominanz. Zeigt sich eine Frau durchsetzungsstark, wird sie rasch als unnahbar oder zu fordernd wahrgenommen. Entspricht sie dagegen ihrer gesellschaftlichen Rolle, wird ihre Führungskompetenz infrage gestellt, sie gilt als «nett, aber schwach». Egal wie sich die Frau verhält, sie kann schwer gegensätzlichen Erwartungen gerecht werden. Dieses Spannungsfeld, der sogenannte Double Bind, begleitet viele Frauen durch ihre gesamte Laufbahn.
Hinzu kommt, dass sich viele Frauen im Berufsalltag noch immer zurücknehmen. In Gesprächen mit verschiedenen Frauen höre ich immer wieder, dass sie sich oft zu wenig Gehör verschaffen, eigene Leistungen relativieren oder Konflikten aus dem Weg gehen. Nicht aus Unsicherheit, sondern aus Sorge vor negativen Konsequenzen. Diese Zurückhaltung ist nachvollziehbar, doch sie erschwert es, die eigene Position zu behaupten und Einfluss zu gewinnen.

Gerade in den oberen Etagen wird Frauen besonders viel abverlangt. Je höher die Position, desto seltener finden sich weibliche Vorbilder oder Gleichgesinnte und desto stärker gilt es, sich in männlichen Strukturen zu behaupten. Wer sich immer wieder beweisen muss, braucht Ausdauer, innere Stärke und einen bewussten Umgang mit der eigenen Energie. Auch haben wir Frauen einen anderen Zugang zu Macht. Während Männer sowohl ein Dominanz-Hierarchie-Motiv als auch ein Anerkennungsmotiv verfolgen, ist für Frauen nur das zweite, also Anerkennung, ein Treiber, um eine machtvolle Position anzustreben. Dominanz und Ordnung sind in einer matriarchalischen Gemeinschaft weniger wichtig. Das Zusammenarbeiten wird wesentlich egalitärer organisiert und ist meist auf gleichberechtigte Beziehungen ausgelegt.

Der Weg hin zur Gleichberechtigung in der Wirtschaft ist noch nicht vollendet und viele Rahmenbedingungen bleiben herausfordernd. Doch auch im Rahmen unserer Trainings und Eins-zu-Eins-Coaching zeigt sich, dass es wenig hilft, sich auf das zu konzentrieren, was (noch) nicht funktioniert. Wir können nur bei uns selbst ansetzen und unseren Blick auf das lenken, was im eigenen Einflussbereich liegt.

Entscheidend ist, den eigenen Weg zu gehen, auf sich selbst zu achten und sich nicht entmutigen zu lassen von Rahmenbedingungen, die oftmals nach wie vor schwierig sind.
Dr. Karina Audrey Jeker, Gründerin Female Business Seminars

Deshalb ist es entscheidend, Verantwortung für die eigene persönliche Entwicklung zu übernehmen. Auch dann, wenn es unbequem wird. Eine resiliente Grundhaltung, Selbstfürsorge, Achtsamkeit und ein Growth-Mindset sind dabei keine Schlagworte, sondern Schlüsselkompetenzen. Sie helfen, mit Herausforderungen umzugehen, aus Rückschlägen zu lernen und den eigenen Weg selbstbewusst zu gestalten. Wer lernt, für sich selbst einzustehen und sich nicht entmutigen zu lassen, stärkt nicht nur die eigene Position, sondern ebnet auch den Weg für andere Frauen.

Wie das gelingt? Ein erster Schritt ist, bewusst zu reflektieren, wo man steht und was einem wirklich wichtig ist. Wer seine Werte, Stärken und Schwächen kennt, kann Prioritäten gezielt setzen und Entscheidungen klarer treffen. Ein zweiter Schritt ist die eigene Haltung gegenüber Herausforderungen. Schwierigkeiten sind selten ein dauerhaftes Hindernis, sondern meist nur eine Phase, die überwindbar ist. Wer neue Situationen als unerwartete Chance betrachtet und Rückschläge als Erfahrung verbucht, entwickelt innere Stärke.

Diesen Weg muss niemand allein gehen. Das bewusste Schaffen von unterschiedlichen Netzwerken, innerhalb und ausserhalb des Unternehmens, ist wichtig, um auf verschiedene Ressourcen zurückgreifen zu können. Mentor:innen, Vorbilder, inspirierende Frauen, aber auch männliche Allys können Türen öffnen, Perspektiven erweitern und Mut machen.

Nach über einem Jahrzehnt intensiver Arbeit mit Frauen und Gender-Diversität lässt sich feststellen: Vieles ist erreicht, doch noch mehr bleibt zu tun. Unbewusste Vorurteile sind zäh und kultureller Wandel braucht Zeit. Gleichzeitig machen sich immer mehr Frauen für sich selbst und andere Frauen stark, fordern ein, was ihnen zusteht, und gestalten die Rahmenbedingungen aktiv mit.

Veränderung beginnt, wenn Frauen sich selbst vertrauen und selbstbewusst ihren Platz einnehmen. Damit gestalten sie nicht nur ihre eigene Zukunft, sondern schaffen auch Raum, in dem andere Frauen wachsen können. Entscheidend ist, den eigenen Weg zu gehen, auf sich selbst zu achten und sich nicht entmutigen zu lassen von Rahmenbedingungen, die oftmals nach wie vor schwierig sind.

Text Dr. Karina Audrey Jeker, Gründerin Female Business Seminars

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