Niemand ist von den Folgen des Klimawandels und den getroffenen Massnahmen zur Eingrenzung dieser ausgeschlossen. Wohin bewegt sich deshalb die Meinung der Bevölkerung? Was kommt als nächstes auf sie zu?
Mit dem «Ja» für das Klimaschutzgesetz am 18. Juni 2023 hat das Schweizer Stimmvolk seine Meinung klar kundgetan. 59,1 Prozent sind für eine Schweiz, die 2050 einen Netto-Null CO2-Ausstoss aufweist. Auch vonseiten der Politik konnte der Gesetzesentwurf Anklang finden. Alle bis auf eine der grossen Parteien befürworteten den Entwurf. Weshalb sich 40 Prozent der Abstimmenden gegen das Klimaschutzgesetz ausgesprochen haben, hat vielseitige Gründe. Kein Grund ist die Infragestellung der Klimakrise. Vielmehr ist es die Art und Weise der Massnahmen, die nun eingeleitet werden sollen, welche teilweise auf Ablehnung stiessen. Zum einen ist die Befürchtung eines eingeschränkten Privatlebens zugunsten des Erreichens der Klimaziele gross. Zum anderen stösst der nun staatlich unterstützte Bau von Solar- und Windanlagen auf Widerstand. Manche befürchten ein Überbauen der Berglandschaft der Schweiz mit Solarpanels und Windrädern oder empfinden die Subventionen als zu hoch.
Das Ziel ist es, die Energiewende so schnell wie möglich voranzutreiben. Denn je länger die Schweiz zuwartet, desto teurer werden die Folgen des Klimawandels.
Gleichzeitig erlebte die Schweiz einer der heissesten Sommer seit Messbeginn im Jahre 1864. Insbesondere die Hitzewelle im August machte vielen Menschen zu schaffen. Die Einwohner von La Chaux-de-Fonds mussten zudem noch einen verheerenden Sturm überstehen. Es kann gehofft werden, dass die Schweizer Bevölkerung dem Thema Klimawandel langsam die verlangte Aufmerksamkeit schenkt. Auch weil dessen Effekte auf das Wetter immer spürbarer werden.
Auf Worte sollen Taten folgen
Nun folgt die Umsetzung des Gesetzes. Diese soll so rasch wie möglich voranschreiten, denn laut einer Umfrage des SRF ist für zwei Drittel der Schweizer Bevölkerung der Klimawandel eine Hauptsorge. Zentraler Punkt des Wandels zu einer klimaneutralen Schweiz ist die Sicherstellung der Energieversorgung. Es wurde deshalb bereits Vorarbeit geleistet. Die Strategie im Bereich der Energieversorgung der Schweiz bis 2050 wurde vom Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE) schon im Dezember 2022 veröffentlicht. Verständlich, wenn man bedenkt, dass dieser Punkt im Vorfeld Grundlage für hitzige Debatten war. Der Bericht beschreibt vier unterschiedliche Abläufe der Energiewende in der Schweiz, abhängig von der Art der Zusammenarbeit mit Europa und der Unterstützung der Bevölkerung. In allen vier bleibt Wasserkraft das tragende Element der Stromversorgung innerhalb der Schweiz. In allen kommt es zu einem beschleunigten Ausbau des Solar- und Windenergienetzes in der Schweiz. So muss die Schweiz in allen Szenarien weiterhin Strom importieren, da der Strombedarf in der Schweiz zunehmen wird. Je nach Szenario sind das zwischen 25 und 40 Prozent. Aufgrund der sukzessiven Stilllegung der Schweizer Kernkraftwerke entsteht eine Lücke in der Stromversorgung, die durch den Ausbau der erneuerbaren Energien ausgeglichen werden muss. Dennoch gilt: Ein umgebautes Energienetz ist aufgrund von Effizienzsteigerungen günstiger als der aktuelle Zustand. Jährlich könnten so zwischen einer bis fünf Milliarden Franken eingespart werden. Und sie schafft auch Arbeitsplätze. Laut einer Studie der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften entstehen bereits im Jahr 2035 dank der ökologischen Wende 50 000 zusätzliche Arbeitsplätze. Zwei Drittel davon in kleinen bis mittleren Unternehmen. Dies auch in Regionen in der Schweiz, die mit Talentabwanderungen aufgrund mangelnder vorhandener Arbeitsstellen zu kämpfen haben.
Wer rastet, der rostet
Die politische Arbeit ruht derweil nicht. Trotz der Annahme des Klimaschutzgesetzes wäre es nun falsch zu behaupten, dass man sich nun zurücklehnen und entspannen könnte. Es werden weiterhin Demonstrationen durchgeführt und Initiativen lanciert. Bereits am 30. September findet die nächste nationale Demonstration für das Klima in Bern statt. Zudem präsentierten die Grünen am 26. August eine Initiative mit dem Titel «Solar-Initiative». Das Ziel ist es, die Energiewende so schnell wie möglich voranzutreiben. Denn je länger die Schweiz zuwartet, desto teurer werden die Folgen des Klimawandels. Laut OECD sind es wirtschaftlich gesehen ganze zehn Prozent des Bruttoinlandprodukts, welches eingebüsst wird, wenn man nicht schnell handelt. Die Solar-Initiative selbst soll die Verfahren für den Bau von Solaranlagen auf Dächern und Fassaden beschleunigen. Als Hauptargument dient hier die Rechnung, dass, wenn alle Dächer und Fassaden in der Schweiz bebaut wären, der Solarstrom den Strombedarf der Schweiz decken könnte. Derzeit nutzt die Schweiz gerade mal sieben Prozent des Potenzials aus der Solarenergie. Auch der Bau von Solaranlagen und Windrädern in den Alpen ist ein Punkt, über den kein abschliessender Entscheid gefällt wurde. Laut dem VSE sollen diese Anlagen vor allem die Stromversorgung im Winter ergänzen. Zusätzlich soll auf grünen Wasserstoff aus Europa gesetzt werden, um die Energiesicherheit im Winter zu garantieren. So kann auf den Import von Erdgas oder Öl verzichtet werden. Dies führe zu mehr Preisstabilität für die Endnutzenden. Gleichzeitig wird die Planung des Haushaltsbudgets um einiges einfacher – ein Vorteil für alle. Die Grundlage für die Entstehung einer vollständigen Kreislaufwirtschaft und einer nachhaltigen Energieversorgung wird somit in den nächsten Jahren Thema bleiben. Es konnten jedoch schon einige grosse Fragen geklärt werden.
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