Normalerweise schützt das Immunsystem den menschlichen Körper vor Krankheitserregern wie Viren, Bakterien und Parasiten und bekämpft feindliches Gewebe wie einen Tumor. Manchmal gelingt es dem Körper jedoch nicht, zwischen körpereigenen und körperfremden Zellen zu unterscheiden – in diesem Fall leidet die betroffene Person an einer Autoimmunerkrankung.
Im Fall einer Autoimmunerkrankung attackiert das Immunsystem fälschlicherweise körpereigene und nicht körperfremde Zellen. Laut Experten greifen die Abwehrkräfte häufig das Nervensystem, die Schilddrüse und den Verdauungstrakt an. Einige Erkrankungen beschränken sich auf bestimmte Organe. Allerdings gibt es auch systemische Autoimmunerkrankungen, die den ganzen Körper betreffen.
Bekannte und weitverbreitete Krankheiten sind Diabetes Typ 1 – die autoimmune Variante der Zuckerkrankheit Diabetes mellitus – die Hashimoto-Thyreoiditis, die eine Schilddrüsenunterfunktion auslöst und die Multiple Sklerose (MS), welche zu Muskellähmungen führen kann. Auch die chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen Morbus Crohn und Colitis ulcerosa sowie die Zöliakie, eine Glutenunverträglichkeit, fallen in diese Kategorie.
Warum funktioniert das Immunsystem nicht richtig?
Für die Wissenschaft ist die Ursache von Autoimmunerkrankungen nach wie vor ein Rätsel. Expert:innen gehen davon aus, dass das Zusammenwirken verschiedener Faktoren dazu führen kann, dass das Immunsystem anfängt, gesundes Gewebe zu zerstören.
Wie so oft bei der physischen Gesundheit spielen auch hier die Gene eine Rolle. Manche Menschen haben wahrscheinlich Gene, die sie anfälliger für die Entwicklung einer Autoimmunerkrankung machen. Die Krankheit kann beispielsweise durch eine Virusinfektion oder eine Gewebeschädigung ausgelöst werden. Autoimmunerkrankungen können auch vererbt werden – so tritt zum Beispiel die Zöliakie familiär gehäuft auf.
Wissenschaftler:innen nehmen auch an, dass Umweltfaktoren und der Lebensstil einen Einfluss auf das Immunsystem haben. Rauchen, eine unausgewogene Ernährung, Luftverschmutzung und Chemikalien können eine Autoimmunerkrankung auslösen und verschlimmern. Auch psychischer Stress kann zu einem Ausbruch solcher Krankheiten führen. Die ersten Schübe treten häufig in Phasen auf, in denen die Betroffenen beruflich oder privat gefordert sind.
Grundsätzlich kann angenommen werden, dass die Ursache für autoimmune Erkrankungen eine Fehlreaktion auf Infektionen mit Erregern ist, die körpereigenen Strukturen ähneln. In der Folge bildet der Körper Immunzellen, in erster Linie bestimmte T-Lymphozyten sowie zum Teil auch Antikörper, die körpereigene Zellen angreifen.
Dr. med. Heike Herzog der Alpstein Clinic betont, wie wichtig es ist, gleich bei den ersten Anzeichen einer Immunsystemschwäche ein ganzheitliches diagnostisches und therapeutisches Konzept anzustreben. «Denn Vorbeugung ist immer besser und therapeutisch einfacher behandelbar als eine schon ausgeprägte und fortgeschrittene Autoimmunerkrankung», erklärt die Fachärztin. Betroffene würden häufig eine erhöhte Infektanfälligkeit zeigen. Dies kann sich zum Beispiel im vermehrten Auftreten von Erkältungen, grippalen Infekten teilweise mit Fieber, Husten, Halsschmerzen und vermehrt auftretenden Herpesbläschen äussern.
Optionen für Therapie bei Autoimmunerkrankungen
Autoimmunerkrankungen können auf unterschiedliche Weise behandelt werden. Medikamente, Bewegungstherapie, Ernährungsumstellung und psychologische Unterstützung gehören zu den verschiedenen Methoden, um die Krankheiten zu bekämpfen.
Die derzeitigen Behandlungsmöglichkeiten konzentrieren sich darauf, die Beschwerden der Betroffenen zu minimieren und ein Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern. Häufig wird eine medikamentöse Behandlung mit einer nicht medikamentösen Therapie kombiniert.
Sobald sich die autoimmune Nervenerkrankung MS bemerkbar macht, können Betroffene die Auswirkungen durch regelmässige Gymnastik lindern. Die Übungen können helfen, die Beweglichkeit zu verbessern und zu erhalten. Einer Versteifung der Wirbelsäule oder anderen möglichen Spätfolgen kann so entgegengewirkt werden.
Wichtig bei der Behandlung ist, dass die jeweilige Entzündung gehemmt wird. Dazu wird häufig Kortison eingesetzt. Ziel ist es, ein Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern und die Beschwerden zu lindern.
Eine andere Methode ist der Einsatz von Immunsuppressiva. Diese Medikamente bewirken eine Unterdrückung des Immunsystems – sodass es keinen Schaden anrichten kann. Problematisch ist dabei, dass nicht nur die Autoimmunreaktion gehemmt wird, sondern auch die Fähigkeit des Körpers, sich gegen tatsächlich fremde Substanzen zu wehren. Dadurch steigt das Risiko für bestimmte Infektionen und Krebserkrankungen.
Bekämpfung der Symptome, nicht der Ursache
Bei Nierenerkrankungen gehen Patient:innen häufig zur Dialyse. Dabei wird das Blut des Körpers gereinigt. Schädliche Antikörper werden durch ein medizinisches Gerät aus dem Blut entfernt, um das Immunsystem wieder ins Gleichgewicht zu bringen.
Bei Autoimmunerkrankungen des Darms kann eine Ernährungsumstellung das Wohlbefinden der Betroffenen deutlich verbessern. Bei Hauterkrankungen kann eine Lichttherapie Wunder wirken, wenn das Salben der entzündeten Hautstellen nicht ausreicht.
Autoimmunerkrankungen sind bis heute nicht vollständig heilbar. Dies hängt auch damit zusammen, dass die Auslöser der Krankheiten noch nicht genau bekannt sind. Eine ursächliche Behandlung ist daher (noch) nicht möglich. Insgesamt kann psychologische Unterstützung gerade bei chronischen Schmerzen sehr hilfreich sein. Wichtig ist vor allem, dass die betroffenen Menschen ein möglichst beschwerdefreies Leben führen können.
Tipps für ein starkes Immunsystem
- Kontakt mit Umweltgiften vermeiden (beispielsweise Pflanzenschutzmittel)
- ausgewogene Ernährung
- Verzicht auf Alkohol und Nikotin
- Ausreichender und guter Schlaf
- Stresssituationen vermeiden
- wiederholte, aber auch plötzliche Beschwerden von einem Arzt oder einer Ärztin untersuchen und behandeln lassen
- Nahrungsmittelunverträglichkeiten beobachten und abklären
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