Oft nicht ernst genommen oder gar ignoriert: Ein Burnout ist eine schwerwiegende Krankheit, die fachliche Unterstützung bedingt. Gesund wird, wer schnell und richtig handelt.
Der Begriff «Burnout» ist eigentlich selbsterklärend, sieht man sich die deutsche Übersetzung an: Ausbrennen. Das Wort an sich beschreibt einen Zustand der totalen Erschöpfung, sowohl körperlich als auch psychisch. Betroffene fühlen sich antriebslos und sind kaum mehr in der Lage, die an sie gestellten Anforderungen zu erfüllen. Grund dafür ist oft eine klassische Überarbeitung, nicht selten, wenn man zusätzlich permanent überfordert ist – und dies über Monate oder gar Jahre hinweg. An einem Burnout leiden meist Personen, die ihre Tätigkeit sehr ernst nehmen, pflichtbewusst und genau umsetzten möchten, daher auch der Begriff «Die Krankheit der Tüchtigen». Zwar trifft es vor allem Berufstätige, aber auch Hausfrauen, Arbeitslose oder Rentnerinnen und Rentner sind nicht davor gefeit. Studien zeigen, dass rund sieben Prozent der Erwerbstätigen unter einem Burnout leiden, noch eine viel grössere Zahl ist akut gefährdet. Dabei spielt nicht nur das Arbeitspensum eine Rolle, sondern auch Arbeitsbedingungen und andere individuelle Voraussetzungen.
Wenn die Batterien nicht mehr aufgeladen werden können
Wer nach einem langen Arbeitstag nach Hause kommt, fühlt sich erschöpft – eine völlig normale Reaktion des Körpers auf geistige oder körperliche Anstrengungen. Um sich wieder zu erholen, hilft ein entspannendes Bad, eine Joggingrunde durch den Wald oder einfach gesunder Schlaf. Doch wenn kein Mittel mehr nützt, um die Batterien wieder aufzuladen, dann kann es sehr gefährlich werden. Können Sie eine oder mehrere der folgenden Fragen mit «Ja» beantworten, sollten Sie sich ernsthaft mit dem Thema Burnout beschäftigen:
- Fühlen Sie sich nach einem entspannenden Wochenende oder gar einem Urlaub immer noch müde und erschöpft?
- Distanzieren Sie sich zunehmend von Ihrer Arbeit? Dies äussert sich in negativen Gedanken Ihrer Arbeitsstelle gegenüber, das Bedürfnis nach Erfolg stellt sich ein. Bis hin zum Gedanken, die Stelle unbedingt wechseln zu müssen.
- Leiden Sie an körperlichen Beschwerden? Ein Burnout ist oft auch mit Schlafstörungen, Appetitlosigkeit, Verdauungsbeschwerden, Kopf- und Rückenschmerzen, Schwindel, Herzrasen oder Tinnitus verbunden
- Sind Sie öfters gereizt als sonst? Spüren Sie eine innere Unruhe, eine Rastlosigkeit? Ein Burnout ruft auch Gefühle wie Resignation, Frustration oder gar eine emotionale Abstumpfung hervor.
- Können Sie Ihrer Arbeit nicht mehr gleich gut nachgehen wie zuvor? Konzentrationsstörungen, die Schwierigkeit, Entscheidungen zu treffen oder Selbstzweifel sind typische Burnout-Symptome.
- Sind Sie weniger aktiv als auch schon? Gehen Sie Ihrem Hobby nicht mehr nach oder ziehen Sie sich von Ihrem sozialen Umfeld zurück?
Externer und interner Stress
Oft ignorieren Betroffene die Symptome eines Burnouts oder spielen diese herunter, ohne sich jemandem mitzuteilen. Dabei spielt auch oft die Angst eine Rolle, wegen einem Burnout die aktuelle Arbeitsstelle zu verlieren. Die Ursachen eines Burnouts können sehr vielseitig sein und sind von Person zu Person unterschiedlich, trotzdem sind sich Wissenschaftler in der Theorie einig: Die Ursache ist chronischer Stress, welcher auf zwei verschiedenen Ebenen auf eine betroffene Person einwirkt. Zum einen spielt der externe Stress eine Rolle, welcher vor allem auf die Arbeitsbedingungen bezogen ist: Grosse Arbeitsmengen, mangelnde Ressourcen, hohe Verantwortung, fehlendes Feedback, mangelnde Kommunikation und so weiter. Aber auch Unstimmigkeiten mit den Berufskollegen oder dem Vorgesetzten, aber auch innerhalb der Familie generieren Stress. Zum anderen gibt es den internen Stress: Gewisse Persönlichkeitsfaktoren können die Grundlage für ein Burnout bilden – in Wechselwirkung mit den oben genannten Einflüssen.
Die Situation genau beurteilen
Heute dreht sich das Leben immer schneller, alles muss sofort erledigt werden. Wir sind überall erreichbar. Das führt irgendwann zum Ausbrennen, zum Burnout. Menschen, die langsam ausbrennen, leiden unter einem Mangel an Energie, sind dauernd müde, niedergeschlagen, reizbar und haben eine negative Einstellung zu sich selbst. Häufig treten Schlafstörungen auf, sie klagen über Kopfschmerzen oder Schwindel, oder leiden an Muskelverkrampfungen. Trotz Einlegen von Erholungstagen und Pausen lässt die Müdigkeit im Körper nicht nach, die Stimmung ist trüb und jeder Tag ist ein Kampf. Doch was ist in einer solchen Situation zu tun? «In solchen Momenten ist unbedingt ein Zwischenhalt notwendig, um die Situation anzusehen. Welche Schwierigkeiten bestehen im Alltag, im Beruf, in der Familie, im Umfeld, bei sich selbst? Wie reagiert der Körper, die Seele, der Geist? Was muss ich ändern?», erklärt Suzanne von Blumenthal, Chefärztin Psychiatrische Dienste Graubünden. Zur Klärung dieser Frage sei häufig ein Gesprächspartner notwendig, ein Coach, ein Berater, ein Arzt, ein Therapeut, der mit dieser Person die Situation analysiere und erste Lösungsschritte festlege.
Ziel sei es, den Motor einmal abzustellen, wirklich zur Ruhe zu kommen, und sich bewusst zu werden über die körperlichen, emotionalen und sozialen Bedürfnisse. Damit tritt man in Kontakt mit seinem Körper, mit der Seele, dem Geist, aber auch in Beziehung zu den Mitmenschen und zum Sinn im Leben.
«Die Arbeit muss auf vernünftige Zeiten reduziert werden», so von Blumenthal weiter. Dies bedeute, den Alltag zu ändern, auf regelmässige und gesunde Ernährung zu achten, möglichst ohne Alkohol, Nikotin oder andere Beruhigungsmittel, ausreichend Schlaf, regelmässige Bewegung und der Gang in die Natur. «Erst wenn man in Beziehung steht mit sich und der Umwelt, bringt man Körper und Seele in Einklang. Daraus schöpft man immer wieder neue Kraft, Hoffnung und Verbundenheit mit sich und den anderen Menschen.»
Text: Sybille Brütsch-Prévôt
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