frau tastet brust ab
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Die Früherkennung von Brustkrebs kann Leben retten

26.06.2020
von Flavia Ulrich

In der Schweiz erkranken jährlich rund 6200 Frauen an Brustkrebs. Dr. Nik Hauser ist Gynäkologe und Spezialist für Brustkrebs. «Fokus» erklärt er, wieso Brustkrebs bei Frauen häufiger vorkommt als bei Männern, welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt und wieso die Früherkennung so wichtig ist.

Der Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Beim sogenannten Mammakarzinom kommt es in der Brust zu einer unkontrollierten Zellvermehrung, die im frühen Stadium an eine bestimmte Stelle gebunden ist. Bei ungehindertem Wachstum kann sich dieser Tumor jedoch im Nachbargewebe einnisten und es können sich Ableger – Metastasen – bilden.

Zyklische Prozesse beinhalten Risiko

Doch wieso ist der Brustkrebs bei Frauen so viel verbreiteter als bei Männern? Dr. Nik Hauser klärt auf: «Da gibt es simple Gründe, aber auch Vermutungen und anzunehmende Ursachen. Die Frau hat mehr Brustdrüsengewebe als der Mann – aber vor allem hat die Frau im Gegensatz zum Mann vor Eintritt der Menopause zyklische Hormonschwankungen mit Östrogen- und Progesteron-Peaks.» Diese Hormone stimulieren das Drüsengewebe und es fänden vermehrt Zellwachstum und Zellveränderungen statt. «Damit steigt das Risiko, dass sich normale zu bösartigen Zellen verändern und der Reparaturmechanismus, der dies im Normalfall erkennt und korrigiert, nicht funktioniert oder es das Immunsystem verpasst, die veränderte Zelle zu eliminieren», führt der Experte weiter aus. Denn wenn es im Körper vermehrt zu zyklischen Stimulationen kommt, dann ist die Wahrscheinlichkeit und somit auch das Risiko grösser, dass etwas Bösartiges entstehen kann und die Korrekturprozesse des eigenen Körpers dies nicht erkennen.

Brustkrebs ist nur selten vererbt

In nur fünf bis zehn Prozent aller Fälle von Brustkrebs ist die Erkrankung vererbt. Bei diesen Fällen liegt laut dem Experten eine Mutation in den BRCA-Genen vor, welche als Tumorsuppressorgene bekannt sind. Dadurch erhöht sich das Risiko stark, an einem Mammakarzinom zu erkranken. In manchen Fällen kann die Wahrscheinlichkeit einer Brustkrebserkrankung sogar bei über achtzig Prozent liegen.

In nur fünf bis zehn Prozent aller Fälle von Brustkrebs ist die Erkrankung vererbt.

Bei der eindeutigen Mehrheit aller Frauen liegt jedoch keine Vererbung vor und die BRCA-Gene sind intakt. Brustkrebs bei Frauen ist keine seltene Erkrankung – ganz im Gegenteil. Die Zahlen sprechen für sich: Jede achte Frau erkrankt heutzutage daran. Risikofaktoren für die Erkrankung an Brustkrebs gibt es mehrere. Eine wichtige Rolle spielen wie bereits erwähnt die Hormone, denn das Risiko einer Zellveränderung in der Brust steigt mit der zyklischen Hormonbelastung. Ab einem gewissen Alter kommt laut Dr. Nik Hauser noch ein weiterer Aspekt hinzu: «Nach der Menopause spielt zudem Übergewicht eine Rolle, da dann nicht mehr die Eierstöcke, sondern das Fettgewebe die weiblichen Hormone produziert und somit Frauen mit einem erhöhten Fettanteil einen höheren Hormonspiegel haben.» Weitere Risikofaktoren seien ausserdem das Rauchen und eine verminderte körperliche Aktivität.

Frau kennt sich selbst am besten

Wichtig für eine frühzeitige Erkennung der Krankheit ist die regelmässige Kontrolle der eigenen Brust. Der Experte führt aus: «Die Frau kennt ihre Brust am besten und heute werden immer noch bis zu siebzig Prozent aller Brusterkrankungen durch die Frau selbst erkannt.» Deshalb sei es wichtig, auf Veränderungen wie Knoten, Hauteinziehungen, Hautveränderungen, Veränderungen an der Brustwarze oder ein Auftreten einer Flüssigkeitssekretion zu achten. Wenn sich etwas verändert, dann sollte man bei der Gynäkologin oder beim Gynäkologen oder in einem spezialisierten Brustzentrum weitere Abklärungen vornehmen lassen.

Bis zu siebzig Prozent aller Brusterkrankungen erkennt die Frau selbst.

Bei einer solchen Abklärung wird man zuerst von der Frauenärztin oder dem Frauenarzt untersucht. Weiter führt man eine Mammographie oder eine Ultraschalluntersuchung zur Bildgebung durch und macht schlussendlich noch eine Biopsie der Veränderung. Dabei untersucht und beurteilt die Ärztin oder der Arzt das Gewebe unter dem Mikroskop und kann abschliessend eine Diagnose stellen.

Unterschiedliche Therapiearten

Wenn Brustkrebs diagnostiziert wurde, gibt es vier unterschiedliche Behandlungsmöglichkeiten, wobei zwei lokal an der Brust und zwei weitere auf den ganzen Körper wirken. Lokal wird das Mammakarzinom – der eigentliche Tumor – herausoperiert und danach das verbleibende Brustdrüsengewebe bestrahlt. Die Antihormon- und die Chemotherapie betrifft hingegen den ganzen Körper.

Dr. Nik Hauser erklärt, worauf man bei der Wahl der Behandlung achtet: «Es ist immer eine sehr individuelle und auf die Art des Tumors angepasste Entscheidung, welche Therapiearten eingesetzt werden können und müssen.» Man wolle möglichst gezielt therapieren und auf das Ansprechen der Tumorzellen schauen, um die Therapiestrategie für jede Patientin individuell festzulegen. Die Chancen auf Heilung stehen heutzutage sehr gut – mehr als neunzig Prozent aller Brustkrebserkrankungen können geheilt werden.

Je früher entdeckt, desto besser

Dennoch ist die Krankheit bei einer Metastasierung – dem Vorhandensein von Ablegern in anderen Organen wie der Lunge, Leber oder Knochen – in der Regel nicht mehr heilbar. Obwohl es heutzutage unterschiedliche Therapien gibt, womit man sie lange behandeln kann, wird die weitere Ausbreitung im Körper irgendwann fortschreiten.

Deshalb gilt meistens: Je früher entdeckt und behandelt, desto grösser ist die Heilungschance. Der Experte betont aber: «Auch hier darf nicht zwischen den einzelnen Arten der Brustkrebserkrankungen verglichen werden, da diese sich unterschiedlich verhalten und unterschiedliche Heilungschancen haben.» Fest steht, dass jede Veränderung der Brust weiter abgeklärt gehört – und dies so bald als möglich. «Die zusätzliche Früherkennung mittels Bildgebung entdeckt zusätzlich frühe Veränderungen, die sonst noch gar nicht sicht- und tastbar sind. Hier können wir sehr früh Veränderungen behandeln und damit haben wir die Heilungschancen nochmals deutlich erhöht», führt er weiter aus. Die Früherkennung kann somit Leben retten.

Was sind die Sorgen Krebsbetroffener in der Coronakrise? Die Antwort finden Sie hier.

Text Flavia Ulrich 

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