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Telemedizin: ein digitaler Arzttermin für mehr Lebensqualität

17.07.2019
von Tina Spichtig

Die Telemedizin vereint Digitalisierung mit Gesundheit. Mithilfe des Tablets oder des Smartphones können Patienten den Arzttermin bequem von zuhause aus wahrnehmen. Was das für chronisch Erkrankte bedeutet und wie sich dies auf die Behandlung auswirkt? Eine aktuelle Schweizer Studie von Dr. med. Frank Rassouli liefert Antworten.

Der Arzt sitzt in der Praxis, der Patient zuhause auf dem Sofa. Trotzdem findet gerade eine Behandlung statt. Per Videotelefon schildert der Patient seine Symptome und diskutiert das weitere Vorgehen mit dem Arzt. Die Telemedizin ist demzufolge für Personen, welche eine chronische oder unheilbare Krankheit haben, besonders wichtig. Für Routinekontrollen brauchen sie nicht den Weg zum Arzt auf sich zu nehmen, denn dieser taucht gleich virtuell im Wohnzimmer auf. Dadurch könne man die Lebensqualität laut Frank Rassouli erhöhen.

Die Wissenschaft zählt

Solche telemedizinischen Methoden seien in der Schweiz schon teilweise etabliert und gehörten zur klinischen Routine. Diese setzen aber voraus, dass der Patient nicht zwingend eine körperliche oder apparative Untersuchung benötige, meint Frank Rassouli. Jedoch seien viele Einsätze der Telemedizin noch zu wenig wissenschaftlich untersucht: «Deshalb ist es wichtig, vor dem Einsatz einer Methode die Sicherheit und Wirksamkeit zu hinterfragen.»

Patienten schätzen den engen Kontakt mit den Ärzten und die einfache Erreichbarkeit.

Weniger Notfälle dank täglichem Kontakt

In der aktuellen Schweizer Studie, welche Methoden der Telemedizin mit Lungenerkrankten untersucht, sind nebst den Universitätsspitälern Zürich und Basel die Kantonsspitäler St. Gallen, Glarus und Münsterlingen sowie die Fachkliniken Wangen im Allgäu involviert. Frank Rassouli ist Leiter der Studie und Spezialist der chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung (COPD). Bislang können die Medikamente die Erkrankten nicht heilen, sondern nur Symptome lindern. Deshalb sei es immer mehr von Bedeutung, durch digitale Fortschritte das Wohl der Patienten verbessern zu können. In der Studie nehmen 175 COPD-Erkrankte, telemedizinisch betreut über ein elektronisches Patientendossier, teil. Während sechs Monaten beantworten die Patienten systematisch Fragen zum täglichen Befinden beziehungsweise zu Beschwerden. Wenn gewisse Antworten besorgniserregend sind, erfolgt eine telefonische Kontaktaufnahme. Dieser Methode werden während sechs Monaten klassische Betreuungsformen gegenübergestellt.

Die Studie dauert noch an, jedoch zeigten sich bisher erfreuliche Zwischenresultate: Die Behandlungskosten der Patienten sanken mithilfe der Telemedizin um 44 Prozent und die Zahl der Hospitalisierungen ging um einen Viertel zurück. Der Experte über den Grund der Resultate: «Mit unserer Methode versuchen wir, akute Verschlechterungen der chronischen COPD-Erkrankten so früh wie möglich zu erkennen und zu behandeln. Dadurch versuchen wir, notfallmässige Spitaleintritte zu reduzieren. Diese sind die Treiber für die enormen Kosten.» Man geht davon aus, dass auch das Endresultat in eine positive Richtung geht.

Die Behandlungskosten der Patienten konnten mithilfe der Telemedizin um 44 Prozent gesenkt werden.

Herausforderung Datensicherheit

Wirkliche Nachteile sieht der Studienleiter bei der Telemedizin nicht: «Wobei das Thema Datensicherheit immer ein wichtiger Punkt ist, den man unbedingt beachten und schützen muss.» Dazu beteuert er: «Die Datensicherheit ist auf dem höchstmöglichen Niveau, welches in der Schweiz zur Verfügung steht. Dieser wichtige Punkt wird übrigens auch bei jeder Studie von der zuständigen Ethikkommission überprüft. Ist dies nicht gegeben, wird eine Studie nicht zugelassen.»

Patienten fühlen sich aufgehoben

Für Frank Rassouli ist es erfreulich, dass die Rückmeldungen der Patienten äusserst positiv sind. Sie schätzen den engen Kontakt mit den Ärzten und die einfache Erreichbarkeit. Durch die Beantwortung der sechs täglichen Fragen im System, die von den Ärzten angeschaut werden, fühlen sich die Patienten besser und engmaschiger betreut.

Doch reine Telemedizin ganz ohne persönlichen Kontakt geht nicht: «Insbesondere die erste Beurteilung eines Patienten kann nicht ersetzt werden.» Dies betreffe auch die Ausstellung der Rezepte, welche nicht verschrieben werden, bevor der Arzt den Patienten nicht mindestens einmal «live» gesehen und klinisch evaluiert hat.

Die Medizin der Zukunft

Für einmal steht die Zukunft nicht in den Sternen. Der Experte weiss, wohin die Reise der Medizin gehen wird: «Ich bin mir sicher, dass die Bedeutung der Telemedizin in der Zukunft stark zunehmen wird. Die Herausforderung wird sein, eine sinnvolle und effiziente Synthese zwischen konventionell-medizinischen und wissenschaftlich überprüften telemedizinischen Massnahmen zu erreichen.»

Text: Tina Spichtig

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