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Mobilität

Verschiedene Antriebsmöglichkeiten im Mobilitätssektor

26.10.2023
von Cedric Keiser

Nicht nur in Deutschland ist die Elektromobilität auf dem Vormarsch. Weltweit wird dem Verbrennungsmotor der Kampf angesagt und er verliert zunehmend seine Monopolstellung. Die Mobilitätswende wird aber nur gelingen, wenn grüne Energie als Antriebsmöglichkeit genutzt wird.

Prof. Dr. Andreas HerrmannProfessor und Leiter des Mobilitätsinstituts Universität St. Gallen

Prof. Dr. Andreas Herrmann
Professor und Leiter des Mobilitätsinstituts Universität St. Gallen

Andreas Herrmann ist Professor und Leiter des Mobilitätsinstituts der Universität St. Gallen und beschäftigt sich mit dem Wandel der Städte, der Mikromobilität und der Vernetzung der Verkehrsträger. Er betont, dass sich die Mobilitätsbranche im Umbruch befindet, denn die unumkehrbare Entwicklung hin zur Elektromobilität betrifft sowohl die Hersteller als auch die Infrastruktur.

Druck auf Verbrennungsmotoren wächst

Verschiedene Autoproduzenten haben angekündigt, in den nächsten rund zehn Jahren die Produktion von Verbrennungsmotoren einzustellen und durch Elektromobilität zu ersetzen. Ebenso gibt es Städte, die in Zukunft Verbrennungsmotoren die Einfahrt in die Innenstädte verwehren wollen. Heute sind bereits rund 20 Prozent der Automobile elektrisch, die restlichen 80 Prozent werden noch mit fossilen Brennstoffen angetrieben. Dieses Verhältnis wird sich aber zunehmend zugunsten des Elektroantriebs verschieben. Schliesslich, so Herrmann, würden die Batterien der Elektroautos immer besser: «Es würde mich nicht wundern, wenn wir bald Reichweiten von 600 bis 700 Kilometern sehen.» Gerade in der Schweiz sind die durchschnittlichen Distanzen deutlich kürzer, weshalb ein Auto mit Elektroantrieb ausreichen sollte.

Elektromobilität scheint sich vorerst durchzusetzen

Die Weichen für die Elektromobilität scheinen also gestellt zu sein. Da nun die gesamte Infrastruktur auf Elektrofahrzeuge umgestellt wird, könnte ein Umstieg auf Wasserstoff oder andere synthetische Kraftstoffe in Zukunft schwieriger werden. Herrmann stellt klar: «Die Automobilindustrie verfolgt nicht zwei Technologien parallel. Deshalb ist das eine strategische Entscheidung, die hier getroffen wurde.» Ob dies langfristig die beste Lösung sei, wisse man nicht. Vorerst bleibe man aber beim Elektroantrieb, denn die Autohersteller bräuchten Skaleneffekte, also viele Fahrzeuge mit gleicher Technik und einheitlichen Produktionsstandards. Eine zweigleisige Strategie würde sich daher nicht auszahlen.

Alternative Antriebsmöglichkeiten setzen sich nur bedingt durch

Hybridantriebe sind zwar prinzipiell eine willkommene Alternative, aber die Autos enthalten dann zwei Antriebe, was das Fahrzeuggewicht erhöht und damit den Wirkungsgrad verringert. Zudem wird die Herstellung und Wartung der Autos aufwendiger und damit teurer. Der Wasserstoffantrieb gilt seit langem als nachhaltig, hat sich aber bei den Personenwagen noch nicht durchgesetzt, während bei den Lastwagen in der Schweiz bereits einige Modelle mit dem neuen Treibstoff unterwegs sind. Damit sich Wasserstoff als Treibstoff etablieren kann, braucht es aber ein flächendeckendes Tankstellennetz, dessen Infrastruktur gleichzeitig in Konkurrenz zur E-Mobilität steht.

Dieser Wandel ist nur dann sinnvoll, wenn wir keine Kohle zur Stromerzeugung verwenden, sonst haben wir nichts gewonnen. Dann generieren wir keine Auto- sondern Kraftwerksemissionen. Die Mobilitätswende hängt zwingend mit der Energiewende zusammen.

Interessant findet Herrmann die Entwicklung von synthetischen Treibstoffen, wie sie die Firma Synhelion betreibt. Dabei wird CO2 bei sehr hohen Temperaturen verflüssigt und in Treibstoff umgewandelt. Die Herstellung ist allerdings sehr energieintensiv und derzeit noch ineffizient. «Anwendungspotenzial sehe ich im Rennsport. Aber auch Oldtimer könnten in Zukunft so angetrieben werden: Man könnte festlegen, dass Fahrzeuge ab einem bestimmten Baujahr einfach mit synthetischem Kraftstoff fahren müssen.» Auch die Luftfahrt könnte profitieren, denn Batterien sind für Passagierflugzeuge tendenziell zu schwer. Doch der Weg scheint bereits eingeschlagen: «Ich glaube einfach, dass im Pkw-Bereich die Entscheidung gegen synthetische Kraftstoffe bereits gefallen ist.» Die Infrastruktur und die Produktionsstätten seien bereits alle auf Elektromobilität umgestellt, eine weitere Umstellung in naher Zukunft sei nicht absehbar.

China setzt Deutschland unter Druck

Die Entscheidung Chinas, künftig nur noch auf Elektromotoren zu setzen, hat die deutsche Automobilindustrie hart getroffen. Die Steuerungssoftware kommt nun aus China, die deutschen Hersteller montieren die Autos nur noch und verlieren damit an Wertschöpfung. Ausserdem hat Deutschland einen Vorsprung bei Verbrennungsmotoren und möchte deshalb an dieser Antriebsart festhalten. «China wird mit Batterien und Software zu einem wichtigen Lieferanten und hat das Spiel mit dem Export eigener Elektroautos nach Europa wieder auf Null gestellt.» Gleichzeitig könne sich die deutsche Automobilindustrie nicht dagegen wehren, da 40 Prozent ihres Absatzes in China stattfindet und die chinesische Regierung damit am längeren Hebel sitze.

Mobilitätswende gelingt nur mit grüner Energie

Diese Entwicklung ist grundsätzlich begrüssenswert, jedoch funktioniert die Mobilitätswende nur dann, wenn die Automobile mit grünem Strom angetrieben werden. Herrmann meint dazu: «Dieser Wandel ist nur dann sinnvoll, wenn wir keine Kohle zur Stromerzeugung verwenden, sonst haben wir nichts gewonnen. Dann generieren wir keine Auto-, sondern Kraftwerksemissionen. Die Mobilitätswende hängt zwingend mit der Energiewende zusammen.» Zudem bedeutet die Elektromobilität eine zusätzliche Belastung für das Stromnetz, das bereits ziemlich am Anschlag ist. Lösungen für mehr Ökostrom sind daher dringend nötig, um die Mobilitätswende ökologisch und ökonomisch nachhaltig zu gestalten.

Autonome Taxis könnten Autos ersetzen

Die Entwicklung der E-Mobilität geht längst Hand in Hand mit der Entwicklung autonomer Fahrzeuge. Als vielversprechendes Unternehmen nennt Herrmann Mobileye: Das Unternehmen plant bis 2030, 30 000 autonome Taxis in Oslo zur Verfügung zu stellen. Dann bräuchte es praktisch keine Autos mehr.» Die von Mobileye eingesetzte Lidar-Technologie arbeitet mit Lasern, die eine optische Abstands- und Geschwindigkeitsmessung ermöglichen. In Zukunft sollen damit auch Lkws und Busse gesteuert werden können und das bisherige Verständnis von Verkehr komplett auf den Kopf stellen.

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