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Bau & Immobilien Wohnen

Die moderne Architektur überzeugt nur bedingt

29.08.2023
von Cedric Keiser

Ein Gebäude ist nicht für jeden gleich schön. Wie eine Umfrage der Universität Zürich zeigt, haben die Architektinnen und Architekten häufig eine andere Wahrnehmung als die Laien. Gerade der Aspekt der Effizienz spaltet die Vorstellungen des optimalen Gebäudes.

Alice HollensteinCo-Managing Director Center for Urban & Real Estate Management, Universität Zürich sowie Inhaberin Urban Psychology GmbH

Alice Hollenstein
Co-Managing Director Center for Urban & Real Estate Management, Universität Zürich sowie Inhaberin Urban Psychology GmbH

Die Architekturpsychologin Alice Hollenstein von der Universität Zürich führte eine Umfrage zur ästhetischen Wahrnehmung unter den 20-Minuten-Leser:innen und den Leser:innen der Architekturzeitschrift «Hochparterre» durch. Dies ermöglichte eine Gegenüberstellung der Betrachtung durch Laien und Personen, die sich bereits mit Immobilien auskennen. Die Umfrage zeigte erkennbare Unterschiede darin, wie und welche Gebäude als «schön» wahrgenommen werden.

Altbauten werden unter Laien bevorzugt

Altbauten und neue Gebäude, die in einem klassisch zeitlosen Stil gebaut wurden, erhielten unter den Laien höhere Zustimmungswerte. Dies liegt an der Komplexität älterer Gebäude, die diesen Baustil für viele Menschen interessanter macht. Zudem finden ältere Gebäude unter verschiedenen Generationen Beliebtheit. Frau Hollenstein sagt dazu: «In mehreren Studien zeigte sich, dass ältere Generationen Altbauten nicht mehr bevorzugen, als dies bei jüngeren Leuten der Fall ist.» Interessanterweise trafen die «am schönsten gebauten Gebäude», die von verschiedenen Immobilienentwickler:innen eingesendet wurden, nicht wirklich den Geschmack der breiten Bevölkerung. Die aktuell trendige Architektur begeistert die Laien wohl nur bedingt.

Die Fassade als Innenraum des öffentlichen Raumes

Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob Gebäude gebaut werden sollen, die der breiten Bevölkerung nicht gefallen, der architektonischen «Elite» aber schon. Hollenstein meint dazu: «Jede Fassade ist eigentlich ein Innenraum des öffentlichen Raumes.» Der Baustil soll also auch den Laien gefallen, damit sie sich wohlfühlen.

Denn die Gebäude haben nicht nur einen Effekt auf die Wahrnehmung und die Bevorzugung bestimmter Häuser. Wie schön wir die Gebäude und den Raum um uns herum finden, zeigt sich auch in einer neurobiologischen Reaktion im Gehirn.

So fördern schöne Umgebungen die Ausschüttung von Glückshormonen.

Bevorzugte Formen und Materialien

Hochparterre-Leser:innen bevorzugen tendenziell schlichtere, abstraktere Gebäude als Laien. Gebäude aus Holz schneiden bei Laien und designaffinen Personen gut ab. Generell haben wir eine Affinität zu natürlichen Materialien, was möglicherweise tief in unserem Gehirn verankert ist. Jedenfalls mögen die meisten lieber Holz als Materialien wie Stahl oder Glas. Das zeigt sich auch im Holzgeruch, den beinahe alle mögen. Wir bevorzugen aber nicht nur bestimmte Materialien, sondern auch Gebäudeformen. So ist auch das Giebeldach immer noch tief in unserer Vorstellung von einem typischen Haus verankert. Dabei werden diese heutzutage gar nicht mehr viel gebaut, da dieser Baustil nicht besonders effizient ist und auch, weil nur wenige eine Wohnung unter einem Schrägdach bevorzugen.

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