Vor fünf Jahren wurde ein zukunftsweisendes Projekt lanciert, das heute als funktionierendes Ecosystem für grünen Wasserstoff gilt. Die Initiative zeigt, wie sektorübergreifende Zusammenarbeit die Dekarbonisierung des Verkehrs vorantreibt.
Im Sommer vor fünf Jahren entstand ein branchenübergreifender Zusammenschluss von Unternehmen aus Produktion, Vertrieb, Tankstellenbetrieb und Transportwesen. Ziel war es, grünen Wasserstoff erstmals in der Schweiz für die Mobilität bereitzustellen. Das daraus entstandene Pionierprojekt gilt bis heute als weltweit einzigartig und setzt sich nach wie vor aktiv für die Dekarbonisierung des Verkehrssektors ein.
Produktion: Nur Strom und Wasser
Im Kanton Solothurn steht die erste Produktionsanlage ihrer Art, die seit ihrer Inbetriebnahme durch die Firma Hydrospider betrieben wird. Der Standort in Niedergösgen liegt direkt am Flusskraftwerk Gösgen von Alpiq. Der dort gewonnene grüne Strom bildet die Grundlage für grünen Wasserstoff, der emissionsfrei durch Elektrolyse hergestellt wird.
Die Anlage in Niedergösgen verfügt über eine Kapazität von zwei Megawatt und produziert jährlich bis zu 300 Tonnen nachhaltigen Treibstoff. Zusätzlich wird grüner Wasserstoff von zwei weiteren Standorten in der Ost- und Nordschweiz bezogen. Das bestehende Ecosystem reicht aus, um 100 Wasserstoff-Lastwagen zu versorgen – doppelt so viele, wie derzeit im Einsatz sind.
Schweizweites Tankstellennetz
Wasserstoff ist das leichteste Element und bei Raumtemperatur gasförmig. In der Schweiz wird er komprimiert und in speziell konzipierten Behältern vom Produktionsstandort zu den Tankstellen transportiert.
Das Tankstellennetz für Wasserstoff reicht von Chur bis Crissier am Genfersee und umfasst derzeit 18 Standorte verschiedener Betreiber. Es deckt die Hauptverkehrsachsen Ost–West sowie die Innerschweiz ab. Der Tankvorgang ähnelt dem von flüssigen Treibstoffen – auch die Zapfsäulen sind kaum unterscheidbar. Hauptabnehmer sind Lastwagen mit Brennstoffzellentechnologie von Hyundai, welche für verschiedene Logistikunternehmen im Einsatz sind. Nach einer Betankungszeit von 5 bis 15 Minuten können bis zu 500 Kilometer zurückgelegt werden.
11 000 Tonnen CO2 eingespart
Bereits zwei Jahre nach der ersten Betankung in der Ostschweiz haben die Wasserstoff-Lkw über fünf Millionen Kilometer zurückgelegt. Im Sommer 2024 lieferte Hydrospider die eintausendste Tonne grünen Wasserstoff aus. Heute wurden gemeinsam über 14 Millionen Kilometer gefahren und dadurch mehr als 11 000 Tonnen CO2 eingespart.
Wasserstoff braucht es da, wo die Elektrifizierung schwierig ist
Das bestehende Ecosystem funktioniert – nun steht die Skalierung im Fokus. Wasserstoff bietet grosses Potenzial für schwer elektrifizierbare Sektoren. Aus grünem Wasserstoff und Kohlendioxid lassen sich zudem weitere erneuerbare Energieträger synthetisieren.
Trotz ausreichender Produktionskapazitäten fehlt es derzeit an Abnehmern. Die Umrüstung der Infrastruktur ist kostenintensiv, der Anschluss an die EU-Wasserstoff-Pipeline ungewiss und Fahrzeuge sind rar. Es braucht weiterhin Zusammenarbeit zwischen den Branchen, um den Hochlauf anzukurbeln.
Um den Kilometerpreis eines Wasserstoff-Lastwagens dem eines Dieselfahrzeugs anzugleichen, wurde der Wasserstoffpreis ursprünglich an den Dieselpreis indexiert. Dies ermöglichte es den Transporteuren, vom Diesel- auf den Wasserstoffantrieb zu wechseln. Mit steigenden Stromkosten musste auch der Wasserstoffpreis angepasst werden, wodurch die Preisparität verloren ging.
Es besteht politischer Nachholbedarf
Sollten sich fossile Energieträger verteuern und der Strompreis stabilisieren, kann die Preisparität wieder erreicht werden. Politische Rahmenbedingungen können diesen Prozess unterstützen. Die Schweiz verfolgt das ambitionierte Ziel von Netto-Null-Emissionen bis 2050, verankert im Klima- und Innovationsgesetz. Ende 2024 wurde zudem eine nationale Wasserstoffstrategie veröffentlicht, die den Hochlauf des Moleküls fördern soll.
Die Branche sieht jedoch Nachholbedarf: Bestehende Förderungen werden zurückgefahren. Ab 2029 sollen elektrisch angetriebene Fahrzeuge – inklusive Brennstoffzellen – schrittweise in die Schwerverkehrsabgabe LSVA integriert werden. Dies erschwert den Hochlauf erneuerbarer Treibstoffe, welcher sich immer noch in der Anfangsphase befindet.
Angesichts zunehmender geopolitischer Unsicherheiten rückt die Versorgungssicherheit der Schweiz verstärkt in den Fokus. Eine ausschliesslich elektrische Energieversorgung kann diese Sicherheit nicht gewährleisten. Deshalb braucht es ergänzende erneuerbare Energieträger – sowohl in gasförmiger als auch in flüssiger Form. Wasserstoff bietet hierfür eine bereits verfügbare Lösung, deren Bedeutung in vielen Ländern politisch anerkannt ist.
Diversifizierung als Schlüssel zur Resilienz
Ziel ist es, den Wasserstoffmarkt konsequent auszubauen. Bis 2030 sollen 300 bis 500 Wasserstoff-Lastwagen im Ecosystem unterwegs sein. Bis 2050 könnte die Flotte rund zehn Prozent des Schweizer Schwerverkehrs abdecken. Das würde den Verkehrssektor bedeutend entlasten und zur Stärkung der nationalen Resilienz beitragen.
Die Energiewende gelingt nur durch sektorübergreifende Zusammenarbeit. Nur wenn sich die verschiedenen Energieträger nicht gegenseitig konkurrenzieren, sondern gezielt ergänzen, kann die Schweiz ihre Netto-Null-Ziele erreichen und die Versorgungssicherheit garantieren.
Weitere Informationen unter hydrospider.ch
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