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Warum wir am «Tag der Arbeit» auf die Strassen gehen

26.04.2019
von Moreno Oehninger

Am 1. Mai finden in Zürich alljährlich Kundgebungen statt und die Gewerkschaften machen sich für die Arbeitnehmer stark. Oftmals ist dieser historische Tag begleitet von Ausschreitungen und Krawallen. Doch wie ist der «Tag der Arbeit» überhaupt entstanden und wofür steht er?

Jedes Jahr versammeln sich mehrere Tausend – in Zürich sogar oftmals Zehntausende – Schweizerinnen und Schweizer und nehmen an Kundgebungen, Demonstrationen und Festlichkeiten teil. Der Tag steht im Zeichen der Arbeitnehmer und setzt sich für Themen wie Lohngleichheit, soziale Gerechtigkeit, aber auch Gleichstellung von Mann und Frau ein. Historisch gesehen erinnern die Demonstrationen an die Streiks zur Durchsetzung für mehr Rechte von Arbeitern. Darum gilt der 1. Mai auch als Feiertag der Arbeitnehmer. 

Ursprung in den USA

Ein Blick auf die Geschichte zeigt, dass der «Tag der Arbeit» seinen Ursprung im Land der unbegrenzten Möglichkeiten hat – damals nannte man ihn «Kampftag der Arbeiterklasse». Damals (vor 1886) war es üblich, täglich zwölf Stunden in der Fabrik zu arbeiten und das für einen läppischen Durchschnittsverdienst von drei US-Dollar. Darum entschieden sich die US-amerikanischen Gewerkschaften im Oktober 1884 dafür, am 1. Mai 1886 zum landesweiten Streik aufzurufen. Schätzungsweise bis zu einer halben Million Menschen gingen auf die Strasse. Das Zentrum der Demonstrationen war Chicago – hier demonstrierten über 40 000 unzufriedene Arbeitnehmer, um sich für den 8-Stunden-Tag einzusetzen. Das Datum des Streiks wurde nicht zufällig gewählt, denn in den Vereinigten Staaten war der erste Tag im Mai als «Moving Day» bekannt. Es war der Tag, an dem die Arbeitsverträge ausliefen und neu unterzeichnet werden mussten.

In Chicago demonstrierten über 40 000 unzufriedene Arbeitgeber, um sich für den 8-Stunden-Tag einzusetzen.

Schon die allererste Demonstration eskalierte

Die Demonstration in Chicago und die in den folgenden Tagen damit verbundenen Ereignisse gingen als «Haymarket Affair» in die Geschichtsbücher ein. Der Streik begann am 1. Mai und wurde zwei Tage später von der Polizei aufgelöst. Dabei wurden sechs demonstrierende Arbeitnehmer erschossen. Dies hatte zur Folge, dass sich in der Nacht darauf erneut mehrere Tausend Menschen mobilisierten, um zum Haymarket Square zu marschieren. Auch hier schritt die Polizei ein, es verlief jedoch friedlich. Am 4. Mai eskalierte jedoch die Situation. Eine unbekannte Person warf eine Bombe, die in der Menge explodierte. Zwölf Menschen, darunter ein Polizist erlagen noch am Unfallort ihren Verletzungen. Bei der folgenden Schiesserei der Polizei wurden erneut mehrere Personen getötet.

Die Polizei handelte sofort und obwohl der Bombenwerfer nicht identifiziert werden konnte, wurden acht Personen, welche Mitorganisatoren der Proteste waren, verhaftet und schuldig gesprochen. Der Richter argumentierte, dass obwohl die Organisatoren in keinster Weise mit dem Anschlag zu tun hatten, die Grundlage dafür boten und sich dadurch mitschuldig gemacht haben. Sieben verurteilte man zum Tode, einer zu 15 Jahren Haft. Dies führte zu zahlreichen Protesten rund um den Globus und legte den Grundstein für den «Tag der Arbeit». Später wurden zwei der verhängten Todesurteile in lebenslange Haftstrafen umgewandelt.

Der 1. Mai in der Schweiz

Nach den ersten Protesten in den Vereinigten Staaten sollte es aber noch rund vier Jahre dauern, bis der «Kampftag der Arbeiterklasse» auch in der Schweiz Einzug hielt. Von Anfang an waren die Demonstrationen mit darauf folgenden Festlichkeiten verbunden. Bis zum 1. Weltkrieg dominierte dabei die Forderung nach dem 8-Stunden-Tag, welcher dann 1919 eingeführt wurde.

Hierzulande wird regional geregelt, welche Tage als Feiertag gelten. Dies gilt auch für den ersten Mai, welcher von Kanton zu Kanton unterschiedlich eingestuft wird. In diesen Kantonen ist der «Tag der Arbeit» ein offizieller Feiertag: Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Neuenburg, Schaffhausen, Tessin, Thurgau und Zürich. In diversen kleineren Gemeinden in Luzern oder dem Kanton Schwyz wird der erste Tag im Mai dem jeweiligen Schutzpatron gewidmet. 

Oftmals wird der 1. Mai durch Ausschreitungen und Krawallen begleitet.

Der Tag der Krawalle

Brennende Autos, eingeschlagene Scheiben und Pyrotechnik. Oftmals wird der 1. Mai durch Ausschreitungen und Krawallen begleitet. Auch Farbanschläge und Sprayereien auf der Umzugs-Route sind gang und gäbe. Diese Aktionen werden dem Schwarzen Block zugeschrieben. Der Name ist das auf eine Demonstrationstaktik zurückzuführen, bei welcher sich alle Teilnehmenden in Schwarz kleiden, um homogen zu wirken. Dies solle die Identifikation der Vermummten erschweren.

Diesjähriges Motto: «MEHR zum Leben»

Der diesjährige «Tag der Arbeit» steht gemäss dem Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB) unter dem Motto «MEHR zum Leben». Es sei Zeit für mehr Lohn, mehr Rente und mehr Lohngleichheit, wie dies der Homepage des SGB zu entnehmen ist. Ein zentrales Thema ist auch der Frauenstreik vom kommenden Juni und die Gleichstellung von Mann und Frau. Schon in den vergangenen Jahren demonstrierten Schweizerinnen und Schweizer  am 1. Mai solidarisch für Lohngleichheit von Mann und Frau (2018), die AHV-Rentenreform (2017) sowie mehr soziale Gerechtigkeit (2015). Grössere Ausschreitungen wie damals zuletzt 2011, als über 500 Personen festgenommen wurden, werden wohl nicht zu erwarten sein. Denn die Zürcher Stadtpolizei konnte in den letzten Jahren die geplanten Nachdemos konsequent unterbinden. Auch am letztjährigen Feiertag verliefen die Kundgebungen friedlich.

Text: Moreno Oehninger

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