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Suchtmittel Computerspiel

19.10.2019
von Lea Zoss

Die Computerspielsucht wird ein immer grösseres Problem in unserer Gesellschaft. «Fokus» hat nachgeforscht, weshalb das so ist und wie man merkt, ob man selbst betroffen ist.

Die Computerspielsucht kommt gehäuft beim männlichen Geschlecht vor, unter anderem deshalb, weil viele Männer es mögen, zu konkurrieren. Gerade Shooter-Spiele oder Multiplayer-Spiele sind sehr beliebt. Dort treffen sich Spieler in einer virtuellen Welt und konkurrieren miteinander. Es gibt selbstverständlich auch Frauen, die von der Problematik betroffen sind. Allerdings neigen diese tendenziell eher zu einer Internetsucht, beispielsweise einer Social-Media-Sucht.

Ursachen und Auswirkungen einer Gamesucht

Stressbewältigung und falsche Problemlösestrategien eines Individuums können Ursachen einer Gamesucht sein. Kerstin Spura, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, bestätigt: «Betroffene versuchen, ein erhöhtes Stresslevel mithilfe eines Games zu minimieren.» Insbesondere Menschen, die belastende Erfahrungen machen, flüchten gerne in eine virtuelle Welt, weil dort Anerkennung und Respekt einfacher zu erreichen sind als durch die eigentlich notwendigen Konfrontationen mit der realen Umwelt.

Heutzutage sind vor allem Jugendliche und junge Erwachsene von der Gamesucht betroffen.

Heutzutage sind vor allem Jugendliche und junge Erwachsene von der Gamesucht betroffen.  Ein Grund dafür ist die ständige Verfügbarkeit der elektronischen Geräte.

Der hauptsächliche Unterschied von einer Computerspielsucht zu anderen Süchten ist, dass die Gamesucht stoffungebunden ist. Ansonsten hat die Sucht viele Gemeinsamkeiten mit anderen Süchten. «Normale Interessen rücken in den Hintergrund. Hobbies werden unwichtig, soziale Beziehungen gehen zugrunde, das ganze Leben eines Menschen bricht zusammen», meint der Psychotherapeut Daniel Gerkens. Kurz gesagt: Man verliert die Kontrolle über das eigene Leben. Genau wie bei anderen Süchten kann es auch bei der Computerspielsucht zu körperlichen Folgeschäden kommen. Dies beinhaltet die Vernachlässigung von Schlaf, Körperhygiene und Nahrungsaufnahme.

Behandlungsmöglichkeiten und Gaming-Entzug

Es gibt verschiedene Ansätze, wie man eine Gamesucht behandeln kann. Eine Möglichkeit ist, das Suchtmittel, zu beschränken oder ganz zu unterbinden. Im Falle der Computerspiel- oder Internetsucht ist das die Internetnutzung. Kerstin Spura erklärt: «Man sollte bedenken, dass die Computerspielsucht selten primär vorliegt, sondern oft eine sekundäre Erkrankung ist.» Daneben liege meist eine psychische Begleiterkrankung vor, zum Beispiel eine Depression oder eine andere Suchtkrankheit.

Wenn man viele Erfolgserlebnisse beim Gamen hat, verbindet man dieses Gefühl mit dem Computerspiel.

Bei Erfolgserlebnissen schüttet das Gehirn den Botenstoff Dopamin aus. Dieser Stoff sendet ein Signal an andere Nervenzellen, das Verhalten wird positiv verstärkt. Man erlebt ein Glücksgefühl. Wenn man viele Erfolgserlebnisse beim Gamen hat, verbindet man dieses Gefühl mit dem Computerspiel. Das führt dazu, dass man immer wieder spielen möchte. Die Sucht wird stärker.

«Entzugserscheinungen sind vielfältig und individuell unterschiedlich: Wenn sich jemand zu stark mit einer Figur im Spiel identifiziert und ihm diese genommen wird, dann wird ein Teil der Persönlichkeit negiert», erklärt Daniel Gerkens. Süchtige können demzufolge an Identitätsschwierigkeiten leiden.

Gesunder Umgang mit dem Internet

Damit ein gesunder Umgang mit Computerspielen und dem Internet allgemein möglich sind, sind Prävention und Aufklärungsarbeit notwendig. Daniel Gerkens bestätigt: «Ich denke, das Bewusstsein steigt, hinkt aber immer noch hinterher. So auch die staatlichen Massnahmen. »Gerade Eltern oder Lehrer sollten über die Thematik informiert sein, damit sie ihre Kinder oder Schüler einen gesunden Umgang lehren können. Kerstin Spura erläutert: «Die Eltern müssen ein klares Start und Stopp geben. Man braucht das Internet schliesslich, aber trotzdem muss man nicht ständig online sein. Eltern sollten ihre Kinder auch zum Rausgehen animieren.»

Das Umfeld eines Kindes oder Jugendlichen ist enorm wichtig. Es darf allerdings nicht als kontrollierendes, sondern soll als begleitendes Organ zur Seite stehen. Fragen wie: «Was machst du da genau? Erklär mir mal, wie das Spiel funktioniert» helfen dabei, soziale Kontrolle auszuüben und die Aufmerksamkeit des Kindes zu erhalten. Auch ein starkes Selbstbewusstsein ist wichtig. Wenn das vorhanden ist, werden schwierige Situationen thematisiert, und nicht ignoriert. Kerstin Spura verdeutlicht: «Ich denke, man muss jemanden an den Punkt bringen, an dem er sich selber reflektiert und merkt, ob er in einer gesunden Umwelt lebt und dort auch die meiste Zeit verbringt.» Wenn jemand sagen könne: «Ich habe stabile Beziehungen, einen stabilen Umgang im Beruf und einen intakten Freundeskreis» – dann ist auch nichts dagegen einzuwenden, wenn jemand am Computer spiele.

So geht man mit der Problematik um 

Wie bei jeder Suchterkrankung ist auch bei der Gamesucht Selbsterkenntnis der Anfang. Es ist wesentlich, dass jemand merkt: «Jetzt brauche ich Hilfe.» Wenn das passiert, dann ist das schon eine gute Basis, für therapeutische Fortschritte. Daniel Gerkens bestätigt: «Wenn alles andere rundherum nicht mehr funktioniert, dann muss man handeln.» Beispiele dafür sind soziale Kontakte, die nicht mehr funktionieren oder das Berufsleben, das Schwierigkeiten bereitet.

Sobald das Suchtverhalten höher bewertet wird, als andere Interaktionsformen, dann ist das ein Anzeichen, dass eine falsche Priorisierung vorliegt und somit eine Sucht vorhanden ist. Wenn einem dies als Aussenstehender auffällt, sollte man die betroffene Person darauf ansprechen.  Wichtig ist, dass man nicht anklagend wird, sondern eher fragend auf die Thematik zu sprechen kommt. Auf keinen Fall darf das Problem verharmlost werden.

Auch die Rückfallquote von ehemals süchtigen Personen darf nicht unterschätzt werden. Kerstin Spura erläutert: «Es wird immer eine Gefahr geben, dass jemand wieder abrutscht und in seine alten Verhaltensmuster fällt. Ziel ist aber, dass man den Patienten darauf vorbereitet, sodass er die Kontrolle über sich soweit hat und merkt, wann wieder ein Reiz entsteht und dann entsprechend handeln kann.»

Text Lea Zoss

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