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Pflege Gesundheit

In der Covid-19-Situation unter Druck sicher arbeiten

04.07.2020
von SMA

Die Covid-19-Pandemie stellt das Gesundheitsfachpersonal vor ungekannte Herausforderungen: neue Abläufe, wenig eingespielte Teams, zu wenig Schutzmaterial und enorme Arbeitslast unter zeitlichem Druck. Eine gute Teamarbeit, Führung und Kommunikation sind deshalb zentral. Die Stiftung Patientensicherheit Schweiz hat für Vorgesetzte und Mitarbeitende Handlungsempfehlungen formuliert, die auch für andere Berufsleute hilfreich sind.

Eine gute Teamarbeit, Führung und Kommunikation erhöhen im Spital die Wahrscheinlichkeit, die Sicherheit von Personal und Patientinnen und Patienten zu gewährleisten. Dies gilt auch für andere Bereiche und Branchen, in denen gemischte Teams unter grossem Druck rasch handeln müssen.

1. Informieren Sie als Verantwortlicher das ganze Team regelmässig, selbst wenn es nur schnell und kurz ist

Ein idealer Zeitpunkt hierfür ist zu Beginn der Schicht, um ein gemeinsames mentales Modell zu entwickeln. Der Informationsaustausch ist aber auch in anderen Phasen sinnvoll. Sie als Verantwortliche wissen wahrscheinlich was getan werden muss, aber wissen das Ihre Kolleginnen und Kollegen auch?

2. Handeln Sie überlegt, auch wenn Sie unter Stress stehen

Angst und Stress können zu schnellen Handlungen führen, die in einfachen Situationen richtig sind. Die derzeitige Pandemie-Situation ist jedoch nicht einfach. Nehmen Sie sich deshalb einen Moment Zeit, um darüber nachzudenken, was zu tun ist.

3. Für Führungspersonen: Reagieren Sie offen und integrativ auf sich schnell ändernde Situationen

«Erst Fragen stellen, dann führen»: Machen Sie sich ein realistisches Bild der aktuellen Situation indem Sie den vor Ort arbeitenden Personen zuhören. So erfahren Sie, «was gerade passiert». Binden Sie Mitarbeitende aus verschiedenen Disziplinen und einem unterschiedlichen Grad an Erfahrung ein.

4. Unterstützen Sie Mitarbeitende, die mit der Arbeit nicht vertraut sind

Neue oder aushelfende Mitarbeitende, wie zum Beispiel Pensionäre oder Mitarbeitende, die normalerweise in einem anderen Bereich tätig sind, fühlen sich möglicherweise nicht ausreichend auf ihre neue Tätigkeit vorbereitet oder sind unsicher. Stellen Sie sicher, dass die Anweisungen klar sind und das Vorgehen sowie der Umgang mit der Ausrüstung erklärt werden. Wenn ausreichend Zeit bleibt, geben Sie neuen Mitarbeitenden die Möglichkeit im Rahmen von Simulationen zu üben.

5. Nutzen Sie Kontrollen, Checklisten und Gedächtnisstützen 

Handeln Sie und prüfen Sie den Output, nicht den Input! Schalten Sie beispielsweise den Sauerstoff ein und überprüfen Sie dann den Durchfluss, nicht die Position des Schalters. Machen Sie erst weiter, wenn Sie den Output überprüft oder das entsprechende Feedback erhalten haben. Versuchen Sie Unterbrechungen zu vermeiden, da diese das Auftreten von Fehlern signifikant erhöhen.

6. Ermutigen Sie das Personal zum Speak-Up

Ermutigen Sie alle Mitarbeitenden, ihre Bedenken zu äussern. Ausgesprochene Bedenken können eine Katastrophe verhindern. Ein geringes Autoritätsgefälle erleichtert jüngeren oder neuen Mitarbeitenden das Speak-Up. Stellen Sie zu diesem Zweck sicher,
dass jeder namentlich vorgestellt wird und Sie Blickkontakt herstellen.

7. Erkennen Sie leistungsmindernde Faktoren

Gute Teamplayer erkennen, wenn Mitarbeitende unter Druck stehen und unterstützen sie, indem sie die Arbeit aufteilen und emotionale Unterstützung bieten. Achten Sie auf Stressoren, welche bei Ihnen und bei anderen die Leistungsfähigkeit beeinträchtigen. Dies können zum Beispiel Müdigkeit, Sorgen, Vereinbarkeit von Beruf und Familie, unangemessenes Verhalten anderer, Krankheit, Lärm, Ablenkung und Hunger sein.

8. Machen Sie Team-Debriefings, um aus Erfahrungen zu lernen

Ihre Erfahrungen können sich auf Sie auswirken. Insbesondere wenn Sie glauben, selbst Fehler gemacht zu haben. Führen Sie am Ende einer Schicht im Team eine Nachbesprechung (Debriefing) durch und ermöglichen Sie damit einen Gedankenaustausch. Damit können Sie Lernen fördern und das psychische Wohlbefinden erhalten. Weisen Sie Ihre Mitarbeitenden auf verfügbare Unterstützungsmassnahmen hin und stellen Sie sicher, dass auch mit Fehlern adäquat umgegangen wird. Das Debriefing kann kurz und trotzdem wertvoll sein.

9. Denken Sie an Mitarbeitende aus anderen Bereichen

Alle Mitarbeitenden werden unter Druck stehen, auch das Personal am Empfang, in der Apotheke oder in den vor- und nachversorgenden Einheiten. Auch sie haben vielleicht nicht die entsprechende Ausbildung oder Erfahrung, um mit solchen Situationen umzugehen. Sie wenden sich möglicherweise an Sie, um Ideen und Unterstützung zu erhalten oder um Informationen einzubringen.

10. Reflektieren Sie Ihr Krisenmanagement

In Situationen, in denen Ressourcen knapp werden, etwa Personal, Schutzkleidung oder Geräte, ist es wichtig, bei Entscheidungen gut zu priorisieren. Um nicht nur von Tag zu Tag zu planen, können Fehler im Krisenmanagement vorausschauend antizipiert werden (premortem).

Dieser Artikel ist ein gekürzte Fassung. Das Original mit weiteren konkreten Tipps ist unter patientensicherheit.ch/events/news zu finden

Quellen

Clinical Human Factors Group 2020; www.chfg.org (Bearbeitet, adaptiert und übersetzt durch Patientensicherheit Schweiz)

Schriftenreihe Nr. 8 «Speak up: Wenn Schweigen gefährlich ist» als PDF erhältlich unter: patientensicherheit.ch/publikationen/schriftenreihe

Text Stiftung Patientensicherheit Schweiz

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