Interview von Marlène von Arx

Arnold Schwarzenegger: Der Terminator ist jetzt ein Motivator

«Mit einer klaren Vision fängt es an», ist der ehemalige Actionstar überzeugt.

Bodybuilder, Action-Star, Gouverneur und jetzt Ratgeber-Autor: Arnold Schwarzenegger möchte Menschen helfen, ihre Ziele zu verwirklichen und ihrem Leben Bedeutung zu geben.

«Mach dich nützlich» – das sei der beste Ratschlag gewesen, den er von seinem Vater erhalten habe, schreibt Arnold Schwarzenegger in seinem vor Kurzem erschienenen Buch «Be Useful: Sieben einfache Regeln für ein besseres Leben». Über seinen Vater Gustav später mehr. Zuerst lassen wir einmal die Tatsache setzen, dass der 76-jährige Actionstar nun zu den Ratgeber-Autoren gehört. Überraschen sollte es einen jedoch nicht. «Arnie» hat sich immer mal wieder neu erfunden: Als Bodybuilder kam er von Österreich in die USA und erarbeitete sich eine Schauspielkarriere, die ihn mit Blockbustern wie «Terminator», «Conan, der Barbar», «Twins», «Total Recall» und «True Lies» zu einem der grössten Leinwand-Stars der Achtziger- und Neunziger-Jahre machte. Als die Action-Heroes ihren Zenit überschritten hatten, stieg er in die Politik ein und wurde zweimal zum Gouverneur von Kalifornien gewählt. Und jetzt gibt er seine gewonnenen Erkenntnisse weiter.

Der Grundstein zum Erfolg sei eine Vision: «Ich hatte das Glück, dass ich immer genau wusste, was meine Ziele sind», erklärt Schwarzenegger bereits in unserem Zoom-Interview im Corona-Sommer 2020. «Mir war schon mit zehn Jahren klar, dass ich nach Amerika gehen wollte, die Frage war nur noch wie.» Er wählt den Weg des Bodybuilders. «Ich sah mich auf der Bühne, wie ich den Mr.-Universum-Titel gewann. Ich musste nur noch die Arbeit reinstecken, damit die Vision wahr werden würde. Das heisst, fünf Stunden trainieren pro Tag, Posieren lernen, mich schlau über Ernährung machen, etc..» 1967 wurde er als 20-Jähriger der jüngste Mr. Universum und gewann den Titel danach noch dreimal. «Mit einer klaren Vision fängt es an», ist er überzeugt. «Ich verstehe, dass man nach der Schule einfach einen Job annimmt, weil man Geld verdienen will und muss. Aber wenn man beispielsweise die Vision hat, ein Immobilien-Mogul und Millionär zu werden, ist klar, wo man startet: Mit einem Job in einem Immobilienbüro, dann macht man die Lizenz als Immobilienmakler und lernt den Verkauf. So arbeitet man sich in einer guten Firma hoch und verdient schliesslich Hunderttausende Dollars im Jahr. Damit kann man dann Immobilien kaufen. Das ist der Plan. Will man Arzt werden, ist das ein 15-Jahr-Plan. Wenn man weiss, wo man hinwill und einen Plan hat, kommt man zum Ziel.»

Immer funktioniert diese Methode allerdings doch nicht: Der ehemalige Gouverneur von Kalifornien (2003-2011) hätte sich gut auch als Präsident der USA vorstellen können, aber da er nicht in Amerika geboren wurde, blieb ihm dieser Weg verwehrt – Vision hin, Plan her. Sich darüber zu grämen, ist aber nicht sein Stil: «Amerika hat mir so viele Möglichkeiten gegeben, da werde ich mich jetzt nicht über die eine Sache beklagen, die mir nicht offensteht.» Der «Governator» ist ein Kritiker seines republikanischen Partei-Kollegen Donald Trump und tendiert allgemein eher zu liberalen Themen wie Klimawandel und Chancengleichheit. «Wie kann Umweltschutz ein Thema der Linken sein?», wundert er sich, warum ihn als Konservativen die Sorge um unseren Planeten nicht betreffen sollte. «Es gibt keine linke Luft. Wir atmen alle die gleiche Luft.» Auch Steuererhöhungen für die Reichen sind für den Republikaner kein rotes Tuch: «Ich habe immer schlau genug investiert, dass ich Steuererhöhungen wettmache. Ob eine Administration die Steuern erhöht oder senkt, ist mir egal.»

Es gab nie eine erfolgreiche Bewegung, die auf Hass basierte: Nazis, die Konföderierten, der Apartheid-Staat – Losers allesamt. Seid keine Losers! Arnold Schwarzenegger

Es ärgert ihn hingegen, wie verfahren das politische System in Washington ist: «Demokraten und Republikaner in Washington müssen beide lernen, die andere Seite als Partner und nicht als Feind zu betrachten», findet er. «Aber Politiker interessiert nur, ihren Job zu behalten. Wenn sie ihre Amtszeit-Limite erreicht haben, wechseln sie in die andere Kammer oder werden Bürgermeister. Vermutlich können sie nichts anderes als politisieren. Aber Politisieren steht guter Politik nur im Weg.» Das müsste nicht so sein: Während seiner Zeit als Gouverneur stellte Schwarzenegger hinter dem Capitol-Gebäude ein Zigarrenzelt auf, um Vertreter:innen beider Parteien zum Plaudern und Paffen zusammenzubringen und eine Atmosphäre zu schaffen, in der Kompromisse ausgehämmert werden konnten. Zu seinen sieben einfachen Regeln, die das Leben verbessern, gehört neben der klaren Vision und harten Arbeit nämlich auch grosses Denken, klare Kommunikation, neugierige Offenheit und letztlich die Bereitschaft, etwas zurückzugeben. Im Schwarzenegger Institute an der Universität von Southern California USC wird nach diesem Motto nach Systemreformen geforscht. «Demokratie kann mühsam sein», meint er. «Aber es ist immer noch das beste System, das wir haben.»

Positive Vibes vermitteln

Inzwischen nutzt Arnold Schwarzenegger auch seine Social-Media-Plattform rege, um Menschen zusammenzubringen und positive Vibes zu vermitteln. Vier Tage nach dem Sturm aufs Capitol setzte er sich vor eine amerikanische und kalifornische Flagge und nahm eine Videobotschaft auf, in der er die Ereignisse vom 6. Januar 2021 mit der Kristallnacht verglich. Er erinnerte sich dabei an die gebrochenen Männer, um die er nach dem Zweiten Weltkrieg aufgewachsen ist: «Mein Vater kam betrunken nach Hause und schlug und schrie um sich herum… die Nachbarn taten dasselbe… sie litten physisch unter den Munitionssplittern in ihren Körpern und psychisch unter der Schuld, was sie gesehen oder getan hatten. Alles fing mit Lügen, Lügen und noch mehr Lügen und Intoleranz an.» Der Wahl-Kalifornier warnt vor Selbstsucht und Zynismus. Und vor Donald Trump, der in seinen Augen durch Irreführung und Lügen einen Coup anzetteln wollte. «Mein Vater und unsere Nachbarn wurden auch mit Lügen in die Irre geführt.»

Letztes Jahr veröffentlichte Schwarzenegger ein Video gegen den wachsenden Antisemitismus mit einem klaren Auftrag: «Es gab nie eine erfolgreiche Bewegung, die auf Hass basierte: Nazis, die Konföderierten, der Apartheid-Staat – Losers allesamt. Seid keine Losers!» Als Optimist glaubt er, dass Kurskorrekturen immer möglich sind. Mit positiven Posts und Feel-Good-Botschaften will er nun etwas Licht in die negativen Schlagzeilen bringen. So begleitet er seine athletischen Fans mit seiner Pump-App beim Training und lässt seine Eselin Lulu, das Schwein Schnelly, das Mini-Pony Whiskey und die drei Hunde Noodle, Dutch und Schnitzel in seinen Homevideos auftreten. Während der Pandemie lockerte er das Zoom-Interview mit Cookies für sich und seinen Mini-Zoo in seiner Küche auf. Seine Schwäche für Süsses ist ein Überbleibsel aus der Kindheit in Österreich, behauptet er: «Ich weiss, es ist nicht sehr gesund, aber ich mag Süsses: Cookies, Eis, Apfelstrudel, Krapfen, schwarze Schokolade mit Nüssen und so weiter. Wenn jemand zu Besuch kommt und etwas Süsses mitbringt, schwebe ich auf Wolke Sieben.»

Monica Barbaro und Arnold Schwarzenegger in Fubar

Monica Barbaro und Arnold Schwarzenegger in «Fubar». Bild: Netflix

Desserts und eine Zigarre pro Tag lässt sich Arnold Schwarzenegger auch von den Ärzten nicht nehmen. Er hat drei Herzoperationen hinter sich, um Herzklappen zu ersetzen. «Das hat mit einem vererbten Herzfehler zu tun, den schon meine Mutter und Grossmutter hatten.» Trotzdem will er nicht in Rente gehen. Nicht, um mehr Geld zu verdienen, sondern weil es ihm Spass macht, immer wieder etwas Neues auszuprobieren. So spielte er letztes Jahr zum ersten Mal die Hauptrolle in einer Serie: In «Fubar» verkörpert er einen CIA-Agenten, der eigentlich im Ruhestand sein sollte, aber noch einmal für einen Job auf den Plan geholt wird und dabei merkt, dass seine eigene Tochter eine Undercover-Agentin ist. Die Comedy-Serie lehnt an den Humor von «True Lies» an und schaffte es prompt an die Spitze der Netflix-Charts. Eine zweite Staffel ist in Vorbereitung. Dass er sich selbst nicht zu ernst nimmt, schätzt man an ihm. Und es ist gut fürs Geschäft: Für die Versicherung State Farm liess er sich für einen Werbespot engagieren, der im Februar während des Superbowls erstmals ausgestrahlt wurde und sich über seinen Akzent lustig macht. «Dabei hatte ich mal Unterricht, wie man einen Akzent loswird. Ich sollte wohl das Geld zurückverlangen», scherzte er in der Late Night Show «Jimmy Kimmel Live».

Neben seinen diversen Engagements halten ihn nun auch die beiden Enkeltöchter Lyla (3) und Eloise (1) auf Trab. Es sind die Kinder seiner ältesten Tochter Katherine und «Guardians of the Galaxy»-Star Chris Pratt. «Als ich Opa wurde, gratulierte man mir zum ersten Mal zu etwas, für das ich überhaupt nichts konnte», sagt Schwarzenegger schmunzelnd. «Ich freue mich sehr für Katherine, denn sie hat sich eine eigene Familie sehr gewünscht.» Die beiden Enkelinnen besuchen den Streichelzoo beim Grossvater regelmässig. Für das Ausmisten des Stalls können sie aber bisher keine Begeisterung aufbringen. Esel-, Schweine- und Pony-Mist scheint offenbar (noch) nicht zur Vision ihrer Zukunft zu gehören…

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16.03.2024
von Marlène von Arx
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