chatbot
Digitalisierung Künstliche Intelligenz Bildung Innovation

Die digitalen Gesprächspartner von heute und morgen

21.04.2021
von Jenny Kostoglacis

Man ist auf einer Website auf der Suche nach spezifischen Informationen. Plötzlich öffnet sich unten rechts ein kleines Chat-Kästchen. Ganz von alleine. «Hallo liebe*r User*in! Wie kann ich dir behilflich sein?» 

Das Wort Chatbot ist eine Zusammensetzung aus «Chat» und «Roboter». Es handelt sich dabei um ein Computerprogramm, das mit den Nutzer*innen einer Webseite kommuniziert. In der heutigen Zeit sind sie nützliche Unterhaltungspartner, welche den Menschen die Arbeit erleichtern. Dabei existieren verschiedene Arten dieser virtuellen Konversationsagenten. «Grundsätzlich gibt es zwei Typen von Chatbots. Zum einen die regelbasierten Chatbots. Diese kann man sich folgendermassen vorstellen: Im Hintergrund liegt ein Regelwerk, das einem Baumdiagramm gleicht. Dieses gibt genau vor, wie der Chatbot Fragen stellen soll», erklärt Sophie Hundertmark, Chatbot-Expertin und Gründerin des Podcasts «Chatbot Talk with Sophie». Der Nutzende kann bei der ersten Frage beispielsweise zwischen A oder B wählen. Wurde eines der beiden gewählt, fährt der Chatbot weiter und bietet eine weitere Auswahl zwischen C und D an.

Die Chatbot-Expertin präzisiert, dass der regelbasierte Chatbot die Nutzer*innen durch festgelegte Fragen führt und so das Gespräch in eine bestimmte Richtung leitet. «Dies ganz nach dem Motto: Wer fragt, der führt.» Der Vorteil dieses Chatbots ist, dass er auf Simplizität basiert. Hier kann es eher weniger zu Missverständnissen oder Fehlern kommen. «Der Nachteil ist aber, dass dieser Chatbot Grenzen aufweist, weil die Benutzer*innen nicht einfach das eintippen können, was sie gerne möchten. Es unterscheidet sich also zum Beispiel von einer klassischen Whatsapp-Konversation», präzisiert Hundertmark. Zum anderen gibt es den intent-basierten Chatbot. «Dies sind Chatbots, welche mittels Künstlicher Intelligenz funktionierten. Sie besitzen eine Komponente des «NLU» – Natural Language Understandings. Das heisst, die Nutzer*innen können beispielsweise fragen, wie das Wetter heute aussehen wird. Der Chatbot sollte so gut programmiert sein, dass er dann genauer nachfragt oder Zusatzfragen stellt. Danach kann er aber präzisierte Antworten auf komplexe Fragen liefern», so Hundertmark.

Bis Chatbots Menschen ersetzen, dauert es noch lange 

Aktuell können Chatbots vor allem eines – den Menschen Arbeit abnehmen. «Immer dann, wenn Fragen einfach, vorhersehbar oder wiederkehrend sind, macht es Sinn, einen Chatbot zu Hilfe zu holen. Für die komplexeren Fragen ist dann der Mensch verantwortlich», erläutert Hundertmark. Die Chatbot-Expertin bemerkt, dass vor allem bei Banken und Versicherungen Chatbots vermehrt zum Einsatz kommen, da dort immer wiederholende Fragen auftauchen. «Ich sehe selber, dass gerade in ländlicheren Gegenden Bankfilialen geschlossen oder Mitarbeitende eingespart werden, weil Chatbots für die häufigsten Fragen schon Antworten liefern können», führt Hundertmark aus.

Aber auch im E-Commerce herrscht grosses Potenzial. Dort kommen ebenfalls immer wieder ähnliche Fragen auf wie: «Wo ist mein Paket?» oder «Warum liefert ihr nicht in die Schweiz?» Die Verwendung von Chatbots ist genauso sinnvoll, wenn Fragen der Kundschaft ausserhalb der klassischen Servicezeiten auftauchen. «Im Vergleich zum Menschen kann ein automatisierter Chatbot rund um die Uhr Antworten bieten. Der virtuelle Kommunikationsagent leistet auch gute Dienste, wenn man die Kundschaft einer anderen Zeitzone bedienen möchte», erklärt Sophie Hundertmark.

«Entschuldigen Sie, ich verstehe Sie nicht»

Chatbots können zwar hilfreich für das Marketing eines Unternehmens sein, dadurch, dass sie den Kauf von Apps generieren oder einfach nur sympathisch und witzig wirken. Das heisst aber nicht, dass der Chatbot keine Nachteile birgt. Es kann immer wieder zu Missverständnissen zwischen Benutzer*innen und dem virtuellen Kommunikationsagent kommen. «Bei wiederholtem Fragen oder bei einer unbefriedigenden Antwort kommt bei vielen User*innen ein Gefühl der Unzufriedenheit auf.» Daher empfiehlt Hundertmark Chatbots eher in eingeschränkten Bereichen anzuwenden. «Nehmen wir an, ein Chatbot kümmert sich nur um Privatkunden-Anfragen rund um die Kreditkarte. Ein anderer fokussiert sich auf Fragen, welche um das E-Banking gehen. Bei solch einer deutlichen Eingrenzung ist die Wahrscheinlichkeit grösser, dass man Missverständnisse aus dem Weg schaffen kann.»

Hundertmark betont dabei, dass ein guter Chatbot vor allem die Erwartungen der Benutzer*innen treffen muss. «Wichtig ist Erwartungsmanagement. Viele Chatbots starten einfach mit: ‹Wie kann ich dir helfen?› Dies erweckt bei vielen User*innen den Eindruck, dass sie den Chatbot alles fragen können, was aber nicht der Fall ist. Wenn dieser aber beschränkt auf ein Thema ist, dann kann er die Erwartungen der Kundschaft viel gezielter treffen.»

Zu viel Menschlichkeit bei den zukünftigen Chatbots? 

Wie die Zukunft der Chatbots aussieht? «Spannend! Besonders die intent-basierten Chatbots werden sich in Zukunft immer weiterentwickeln. Es gibt sogar schon Ideen, bei welchen Chatbots ganze Webseiten ablösen sollen! Aber wir werden uns zukünftig auch fragen müssen, wie viel Menschlichkeit für Chatbots angemessen ist. Zu wenig und der Chatbot wirkt unsympathisch – zu viel und schon ist er unheimlich», sagt die Chatbot-Expertin lachend.

Text Evgenia Kostoglacis 

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