andreas conzelmann
Industrie Innovation Interview

«Eine gute Zusammenarbeit lebt vom zusammen Arbeiten»

21.04.2021
von SMA

Die Trumpf Gruppe unterstützt Industriebetriebe weltweit mit Lösungen und Dienstleistungen im Bereich der Produktionstechnik. In Zeiten von Corona sowie digitaler Transformation muss auch Trumpf verstärkt agil und innovativ sein. «Fokus Erfolgreiche Industrie» wollte von Trumpf Schweiz CEO Andreas Conzelmann wissen, wie sein Unternehmen die vielfältigen Herausforderungen unserer Zeit meistert.  

Andreas Conzelmann, Trumpf ist im Feld der Produktionstechnik ein bewährter Partner für Industrieunternehmen auf der ganzen Welt. Inwiefern hat die Pandemie Ihre Prozesse verändert?

Einer der grossen Vorteile der Trumpf Gruppe sowie der Trumpf Schweiz AG besteht darin, dass wir bereits seit vielen Jahren auf digitale Werkzeuge sowie agile Methoden setzen. Darum fiel uns die beschleunigte Transformation aufgrund von Corona relativ leicht: Virtuelle Meetings, das Organisieren von länderübergreifenden Projekten über digitale Kommunikationskanäle sowie – wo möglich – mobiles Arbeiten sind bei uns mittlerweile Standard. Die grössten Herausforderungen lagen daher nicht bei unseren internen Prozessen, sondern im Bereich der Supply Chain. 

Inwiefern?

Durch die Pandemie wurde es deutlich herausfordernder, die Lieferfähigkeit sicherzustellen – wir werden von weit über tausend Lieferanten beliefert. Glücklicherweise wird Trump Schweiz als Zulieferer von Produkten für die Medizinaltechnik vom SECO als Zulieferer wichtiger Infrastruktur klassifiziert. Das eröffnet uns gewisse Vorteile, wodurch wir unsere Lieferfähigkeit aufrechterhalten können. Dennoch muss die Supply Chain mit sorgfältiger Planung und vorausschauend organisiert werden. Nicht zuletzt auch, weil der Schutz unserer Mitarbeitenden höchste Priorität hat.

Was haben Sie konkret unternommen, um die Sicherheit Ihrer Belegschaft in Pandemie-Zeiten zu gewährleisten?

Es wurden verschiedene Massnahmen ergriffen. Eine zentrale war das schnelle Einrichten eines Krisenstabs, der sich um das Erarbeiten und Ausführen aller notwendigen Schritte und Vorschriften kümmerte. Unter anderem wurden ein Zehn-Punkte-Pandemieplan sowie ein «Sicherheits-Ampel-System» eingeführt. Diese Tools haben sich bewährt und waren eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass wir im Unternehmen kaum Covid-Ansteckungen verzeichnen mussten. Natürlich hat das auch mit der Tatsache zu tun, dass sich unsere Mitarbeitenden vorbildlich an die Regeln gehalten und sich mit den neuen Voraussetzungen schnell arrangiert haben. 

Werden diese neuen Regelungen nun auch künftig ein Teil der Unternehmensstrategie bleiben?

Wir werden einen guten schweizerischen Kompromiss anstreben: Massnahmen wie etwa flexiblere Arbeitsplatzmodelle werden sicherlich auch künftig weitergeführt. Wir möchten aber nicht durch die digitale Transformation den Zusammenhalt im Unternehmen verlieren. Denn aktuell kommt das Zwischenmenschliche generell zu kurz – und der Austausch fehlt vielen Mitgliedern im Team. Ich bin der Ansicht, dass eine gute Zusammenarbeit vom «zusammen Arbeiten» lebt. Darum werden wir Sorge tragen, dass sich bei Trumpf Schweiz – nach Bewältigung der Pandemie – die Kolleginnen und Kollegen auch regelmässig «real» zu Gesicht bekommt. Wichtige Entscheidungen und Innovation gelingen im persönlichen Dialog besser.

Die Digitalisierung ist ein Megatrend, der nicht nur die Art und Weise verändert, wie ein Industrieunternehmen geführt wird, sondern auch auf das Kernbusiness direkten Einfluss hat. 

Das ist korrekt. Wir nehmen eine klare Zunahme der Komplexität, der Internationalisierung sowie der allgemeinen Prozess-Geschwindigkeit wahr. Der Druck auf unsere Kundschaft nimmt zu, wodurch wir wiederum in der Verantwortung stehen, ihnen einfachere und durchgängige Lösungen zu bieten. Diese sind notwendig, damit Industrieunternehmen den neuen Kundenanforderungen gerecht werden können. 

Wie sehen solche Lösungen aus?

Während wir früher eher einzelne Produkte entwickelten und produzierten, sind heute komplette und auf unsere Kunden zugeschnittene Lösungen gefragt. Zwar liefern wir nach wie vor einzelne Maschinen, helfen Firmen aber auch vermehrt dabei, Schritt für Schritt zu einer Smart Factory zu werden. Das Spektrum reicht dabei von Einzelmaschinen, die sich in bestehende Infrastrukturen einfügen lassen, bis hin zu vollautomatischen Fertigungszellen, die wir komplett aus einer Hand anbieten. Jede Reise beginnt mit dem ersten Schritt, und die Reise hin zur Smart Factory fängt beispielsweise mit der Vernetzung zweier Maschinen an. Wir von Trumpf Schweiz sehen uns als Begleiter von Industriebetrieben auf dieser wichtigen Reise. 

Der Druck auf unsere Kundschaft nimmt zu, wodurch wir wiederum in der Verantwortung stehen, ihnen einfachere und durchgängige Lösungen zu bieten.

Apropos Reise: Was muss die hiesige Industrie tun, um auch künftig auf der Erfolgsstrasse zu bleiben?

Drei Faktoren sind hierfür ausschlaggebend: Erstens muss die Schweiz technologisch führend bleiben. Zu diesem Zweck sind intelligente Lösungen gefragt, weswegen in Forschung und Entwicklung investiert werden muss. Zweitens müssen sich Industrieunternehmen auf die Fertigung von Produkten konzentrieren, die zum Hochpreis-Standort Schweiz passen. Hightech-Produkte, Automatisierungs- und Präzisionslösungen sind die DNA der hiesigen MEM-Industrie. Die Photonik ist dabei in den letzten 30 Jahren zu einer wichtigen Enabler-Technologie geworden. Mittlerweile werden Laser von Trumpf nicht nur zum Schneiden, Schweissen oder Markieren eingesetzt, sondern auch zur Belichtung von Halbleiterchips der neuesten Generation oder als Sensoren in Smartphones. Das zeigt: Schweizer Industriebetriebe müssen sich wie alle anderen auch stetig weiterentwickeln, dabei aber dem Hightech-Segment treu bleiben.

Und der dritte Punkt?

Wir müssen unseren Fachnachwuchs sicherstellen. Mit unserem dualen Bildungssystem verfügen wir hierzulande über eines der besten Mittel dafür. Hinzu kommt unsere ausgezeichnete Hoch- und Fachhochschullandschaft, wir haben die ETH sowie die Universitäten. Doch wir dürfen uns nicht auf dem Erreichten ausruhen, sondern müssen der nächsten Generation aktiv den Weg in die MEM-Felder ebnen.

Sie sind seit 2012 CEO von Trumpf Schweiz. Was war für Sie in dieser Zeit am prägendsten? 

Der Frankenschock im Jahr 2015 war sicherlich ein nachhallendes Erlebnis. Wir produzieren hierzulande im Hightech-Segment und exportieren 95 Prozent der hergestellten Produkte. Dank unserer Marktstellung konnten wir den Frankenschock relativ gut verkraften und den Werkplatz Schweiz erhalten und beleben. Tatsache bleibt, dass die Schweiz ein Hochpreisland ist. Umso erfreulicher ist das klare Bekenntnis unserer Inhaberfamilie zum hiesigen Denk- und Werkplatz. Der Vorteil eines Familienunternehmens besteht darin, dass wir langfristig denken und handeln können – ohne dabei den Ehrgeiz zu verlieren. Das ist auch dank der hohen Flexibilität unserer Mitarbeitenden möglich, die mich immer wieder beeindruckt. Diese Macher-Mentalität an unseren drei Standorten in der Schweiz begeistert und motiviert mich. 

Welches sind Ihre persönlichen Ziele, die Sie sich als CEO von Trumpf Schweiz gesteckt haben?

Natürlich möchte ich mit Trumpf Schweiz weiterhin einen wichtigen Beitrag für die Gruppe leisten und den Erfolg unserer Kunden fördern. Zudem wollen und müssen wir im Bereich Forschung und Entwicklung nach noch einfacheren Lösungen streben. Ein System ist immer dann am einfachsten, wenn man nichts mehr weglassen kann. Diese Systeme wollen wir entwickeln und dabei die Bedienbarkeit unserer Anwendungen und Produkte möglichst intuitiv gestalten – wie bei einem Smartphone. Und was unseren Betrieb sowie meine Teams betrifft, besteht mein Ziel darin, alle Mitarbeitenden auf dem Weg in die neue Arbeitswelt zu begleiten. Ich spüre hier eine sehr grosse Bereitschaft und freue mich auf die kommende Reise. 

Da Sie gerade von Teams sprechen: Die Industrie erlebt wie alle Branchen einen kulturellen Wandel: Gender Equality kommt mehr Relevanz zu. Wie gewichten Sie dieses Thema bei Trumpf Schweiz?

Wir wollen in diesem Feld eine Vorreiterrolle einnehmen. Uns ist nicht nur Gender-, sondern kulturelle Diversität allgemein ein zentrales Anliegen. Darum stellen wir beispielsweise Lohngleichheit durch externe Reviews sicher. Seit über 15 Jahren steht mit Frau Dr. Nicola Leibinger-Kammüller eine sehr erfolgreiche und erfahrene Unternehmerin an der Spitze unseres Konzerns und zwei der fünf Sitze im Verwaltungsrat der Trumpf Schweiz sind ebenfalls weiblich besetzt. Wir möchten Frauen fördern – allerdings bin ich kein Freund von Quoten. Denn Kompetenz ist immer das wesentlichste Kriterium, unabhängig von Geschlecht oder kulturellem Hintergrund. Wir sind uns aber bewusst, dass die Förderung der Frauen in unserer relativ männerdominierten Branche früh geschehen muss. Darum fangen wir bereits bei den Schulen mit der Aufbauarbeit an und führen regelmässig MINT-Camps durch, bei dem junge Mädchen die technischen Berufe kennenlernen können. 

Ein anderes, immer wichtiger werdendes Theman ist Nachhaltigkeit

Diesem Thema messen wir ebenfalls eine enorm hohe Wichtigkeit bei. Trumpf strebt weltweit eine CO2-neutrale Produktion an. Wir nähern uns diesem Ziel unter anderem durch immer energieeffizientere Maschinen an, die auch die Produktion unserer Kunden nachhaltiger macht. Vor einigen Wochen haben wir zudem mit der Installation einer Photovoltaikanlage auf dem Dach unseres Schweizer Standorts begonnen. Damit werden wir jährlich rund 260 Tonnen CO2 einsparen und 20 Prozent unseres Eigenbedarfes decken können.

Text SMA

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