Für Dolly Parton ist Weihnachten die schönste Zeit im Jahr – und selbst im Coronajahr eine sehr produktive: Ihre Fans können sich nämlich nicht nur das neue Weihnachtsalbum «A Holly Dolly Christmas» der im Januar ihren 75. Geburtstag feiernden Country-Diva auf den Wunschzettel schreiben, sondern auch den Weihnachtsfilm «Christmas on the Square» sowie das Song-Buch «Songteller: My Life in Lyrics».
Dolly Parton, Ihr neues Album «A Holly Dolly Christmas» und das Weihnachtsmusical «Christmas on the Square» auf Netflix sind weder Ihre erste Weihnachts-CD noch Ihr erster Weihnachts-Film. Wieso mögen Sie Weihnachten so gerne?
Ich habe Weihnachten schon immer geliebt. Mir gefällt, dass man all diese tollen Lieder über die Geburt von Jesus singt. Darum geht es ja für uns Christen eigentlich während der Feiertage. Aber ich mag auch alles drum herum: die Dekoration, die Geschenke, das Essen.
Diese Weihnachten werden aber wegen Corona etwas wehmütiger oder was meinen Sie?
Es ist ein schwieriges Jahr. Ich wollte nicht einfach untätig auf dem Sofa herumliegen und habe mich an die Arbeit gemacht. Ich glaube, gerade jetzt ist das Timing ideal für ein Musical über Weihnachten, das von Gemeinschaft und Familie handelt. Und auf dem Weihnachts-Album «A Holly Dolly Christmas» habe ich alte Klassiker aufgenommen und ein paar neue Songs geschrieben, weil ich etwas Besonderes in diesem verrückten Jahr machen wollte. Wir können nämlich alle ein bisschen Weihnachten brauchen.
Ich habe Weihnachten schon immer geliebt. Dolly Parton
Wie sieht Weihnachten bei Ihnen zu Hause aus?
Wohl wie bei den meisten Leuten: Egal wo man aufgewachsen ist, ist es ein Familienfest. Ich lebe in Nashville und wenn ich an Weihnachten zu Hause bin, koche ich. Meine Schwestern kommen und bringen auch Gerichte mit. Truthahn und alles, was dazu gehört, ist bei uns Tradition. Zwischen Weihnachten und Neujahr reise ich dann auch nach Ost-Tennessee, wo der Rest meiner Familie immer noch lebt. Ich besuche da die älteren Verwandten und jene, die gesundheitlich nicht in der Lage sind, zu reisen. Und mein Mann Carl hat natürlich auch noch Familie. So sind wir normalerweise eigentlich zwei Wochen lang dauerbeschäftigt. Mal sehen, wie wir es dieses Jahr genau machen.
Was ist Ihre beste Erinnerung an Weihnachten?
Die geht in die alten Zeiten zurück. Meine Mutter hatte ein Haus voller Kinder, aber sie hatte nie einen Ehering, weil mein Vater das Geld dafür nicht aufbringen konnte. Daddy und wir Kinder schlossen uns deshalb alle zusammen und verpfändeten alles Mögliche, damit wir unserer Mutter einen Ehering kaufen konnten. Das war wirklich etwas ganz Besonderes.
Haben Sie auch Traditionen von damals beibehalten?
Ja, dazu gehören gutes Essen und so viele Familienmitglieder wie möglich dabei zu haben. Die Nichten und Neffen kommen zum Keksebacken vorbei. Es werden Geschichten bis in den Morgen erzählt. Weihnachten ist wirklich die schönste Zeit des Jahres für uns und deshalb hole ich das Meiste daraus heraus.
Weihnachten ist wirklich die schönste Zeit des Jahres für uns und deshalb hole ich das Meiste daraus heraus. Dolly Parton
Weihnachten ist auch das Fest des Gebens. Ihr Spenden haben zur Entwicklung des Covid-Impfstoffs beigetragen. Ihre Dollywood Foundation verschenkt Bücher an Kinder, welche sich keine leisten können – und das nicht nur zu Weihnachten. Woher kommt Ihr wohltätiges Herz?
Ich habe immer geliebt, was ich mache und wollte den Gewinn daraus mit anderen teilen. Wenn ich helfen kann, sagt mir mein Herz immer, dass ich es auch tun soll. Ich finde, wenn man in einer Position ist, in der man jemandem helfen kann, sollte man nicht untätig bleiben. Gott hat es gut mit mir gemeint. Deshalb versuche ich, auch gut zu anderen zu sein.
Sind Sie eine spirituelle Person?
Ja, ich bin eine sehr spirituelle Person. Natürlich bin ich kein perfekter Mensch, aber ich denke positiv und versuche, Wut und Schmerzen zu lindern, wo ich kann. Ich bete jeden Tag, dass Gott mich einsetzt, um seinen Ruhm zu vergrössern und meine Mitmenschen zu beflügeln.
Wenn ich helfen kann, sagt mir mein Herz immer, dass ich es auch tun soll. Dolly Parton
Wie erleben Sie die zusätzliche Zeit zu Hause während der Coronakrise?
Ich geniesse meine Zeit zu Hause. Ich habe noch nie so viel Zeit mit meinem Mann verbringen können, wie ich wollte. Denn ich war immer auf Tournee. Ich habe aber den Schaden, den Covid anrichtet, auch in meinem Umfeld gesehen. Ich habe daher versucht, produktiv zu bleiben und Gefühle auch für jene auszudrücken, die nicht wissen wie.
Und daraus sind die neuen Songs entstanden…
Genau. Ich schrieb beispielsweise den Song «When Life is Good Again». Er handelt davon, wie ich ein besserer Mensch und Freundin sein will, wenn das Leben wieder gut ist. Ich möchte nach dem Ganzen der Welt mein Herz öffnen.
Inwiefern waren «A Holly Dolly Christmas» und «Christmas on the Square» in der praktischen Ausführung vom Coronavirus beeinträchtigt?
Den Film haben wir bereits letztes Jahr gedreht. Das war also kein Problem. Bei den Videoaufnahmen von «A Holly Dolly Christmas» waren wir sehr vorsichtig. Wir taten alles wie verlangt: Social Distancing, Masken tragen – wir hatten sogar Krankenschwestern auf dem Set, die jeden Tag kamen, um unsere Temperatur zu messen und uns zu testen.
Und die eigentlichen Aufnahmen der Songs im Studio? Wie ging das vor sich?
Keine Sorge: alles nach Vorschrift. Ich habe die verschiedenen Songs an die Studios der verschiedenen Künstler geschickt, dann haben wir die Songs telefonisch besprochen und schliesslich separat in den jeweiligen Studios eingespielt. Wir sind ja keine Idioten. Oder wie ich inzwischen oft sage: Sicher ist sicher.
Zu Ihren Gästen auf der CD gehören Miley Cyrus und ihr Vater Billy Ray Cyrus. Sie scheinen eine ganz besondere Beziehung zu der Cyrus-Familie zu haben…
Ja, sie gehören zur Familie. Miley ist meine kleine Märchen-Patentochter. Ich kenne sie schon ewig. Ich bin gut mit ihrem Vater Billy Ray und ihrer Mutter befreundet und bin Mileys Patentante oder wie ich sage: Märchen-Gotte. Miley ist so smart, süss und talentiert mit einer unglaublichen Stimme. Sie ist auch verrückt, aber auf eine gute Art. Ich kann das nachvollziehen. Wir verbringen vielleicht nicht wahnsinnig viel Zeit zusammen, aber wir stehen uns sehr nahe.
Und Sie haben zusätzlich auch ein neues Buch veröffentlicht: «Songteller: My Life in Lyrics». Wie haben Sie die Songtexte für dieses Buch ausgewählt?
Ich wählte von den hunderten oder tausenden Songs, die ich geschrieben habe, 170 aus. Die Idee war, dass ich erkläre, was mich damals inspirierte, sie zu schreiben. Das entpuppte sich als sehr emotional für mich, denn ich hatte viel vergessen oder nicht mehr daran gedacht. Aber für das Buch habe ich tief in meinen Erinnerungen gegraben und sie wieder zum Leben erweckt. Es hat sich gelohnt. Songs zu schreiben, ist so wichtig für mich und daher dachte ich, die Leute lesen vielleicht auch gerne etwas darüber.
Was betrachten Sie persönlich als den Höhepunkt Ihrer Karriere?
Ach, da gibt es so viele. Mitglied der Radioshow Grand Ole Opry in Nashville zu werden, ist vermutlich eines der grössten Highlights meiner Karriere. Als Kind träumte ich davon, in die Grand Ole Opry zu gehen und da auf der Bühne zu singen. Das schaffte ich schon in jungen Jahren, aber in den Sechzigerjahren wurde ich schliesslich auch Mitglied. Das hat mir sehr viel bedeutet.
Songs zu schreiben, ist so wichtig für mich und daher dachte ich, die Leute lesen vielleicht auch gerne etwas darüber. Dolly Parton
Sie waren eigentlich immer apolitisch, aber diesen Sommer haben Sie sich für die Black-Lives-Matter-Bewegung ausgesprochen und dafür von Ihren konservativen Fans prompt Kritik eingeheimst. Bereuen Sie es im Nachhinein, Farbe bekannt zu haben?
Mein Statement war nicht politisch, sondern kam von Herzen und aus Liebe und Akzeptanz. Ich mag jedermann und möchte, dass mich auch jedermann mag. Mein Herz will alle einschliessen. Wenn mich also jemand fragt, ob ich für Black Lives Matter bin, dann sage ich natürlich ja, denn alle Leben sind wertvoll. Wir sind alle Kinder Gottes. Und wir sollten uns gegenseitig schätzen und respektieren. Wenn jemand damit ein Problem hat, und mich bestrafen will, weil ich alle Leute respektiere, dann sollen sie mich bestrafen. Das ist mir egal, denn Gott ist auf meiner Seite.
Sie geben sich oft als Blondine, die sich selber nicht so ernst nimmt, aber in Wahrheit sind Sie eine gewiefte Business-Frau. Was ist das Geheimnis dieser Kombination?
Ich bin keine Naturschönheit, deshalb habe ich meinen Look kreiert, als ich nach Nashville kam – basierend auf der Glamour-Vorstellung einer Landpomeranze. So fühlte ich mich hübsch. Am Anfang nahm man mich deswegen sicher nicht ernst. Ich nehme mich selber auch nicht so ernst, mein Talent aber schon. Ich nehme an, inzwischen ist der Look akzeptiert und man weiss, dass ich es mit dem Songwriting, Singen und Schauspielern ernst meine. Ich bin vielleicht nicht brillant, aber clever genug, um zu wissen, was das Beste für mich ist.
Ich bin keine Naturschönheit, deshalb habe ich meinen Look kreiert, als ich nach Nashville kam – basierend auf der Glamour-Vorstellung einer Landpomeranze. Dolly Parton
Sie feiern bald Ihren 75. Geburtstag…
…erst im Januar. Machen Sie mich nicht älter, als ich bin! (lacht)
Sie sind eine Wegbereiterin für die Frauen im Showbusiness. Verstehen Sie sich auch als eine Feministin?
Ich bin sehr feminin und wenn Feminismus heisst, dass man für Frauen einsteht, dann ja, dann bin ich wohl eine. Ich bin sehr stolz auf all die Jahre, die ich im Showbusiness tätig bin. Ich liebe meinen Job und hoffe, dass ich ihn noch weitere 75 Jahre ausüben kann.
Text Marlène von Arx Bilder HFPA
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