Kevin Costner hat alles erreicht in Hollywood. Doch ein Wunsch blieb bisher unerfüllt: Die Realisation seiner Wild-West-Saga «Horizon», ein Kino-Monumentalwerk in vier Teilen. Zwei Filme sind bereits fertig. Trotz heftigen Gegenwindes plant er die nächste Etappe, um sich mit dem Gesamtwerk ein cineastisches Denkmal zu setzen.
Niemand war an einem Western interessiert, als Kevin Costner 1991 «Dances With Wolves» drehte. Er setzte seinen Kopf durch und der Film gewann sieben Oscars. Der Mythos Western liess den inzwischen 69-jährigen Kalifornier nie mehr ganz los. Seit 2018 spielt er in der Serie «Yellowstone» den Patriarchen einer reichen Rancher-Familie in Montana, die sich mit Immobilien-Spekulanten und Reservatsvorständen anlegt. Die Serie ist ein Streaming-Hit in den USA. Was «Dallas» für die texanischen Ölbarone war, ist «Yellowstone» für die Viehhändler der endlosen Weiden. Die Serie spricht jenen aus dem Herzen, die angeblichem Fortschritt misstrauisch gegenüberstehen und in den Neuankömmlingen aus den Küstenstädten nur die Zerstörung alter Werte sehen. Natürlich ist die mächtige Dutton-Familie selbst auch mit allen Wassern gewaschen, schliesslich sind sie die Nachkommen der Pioniere, die unter schwersten Bedingungen einst das Land besiedelten.
«Yellowstone» hat eine Reihe von Spin-off-Serien geboren und ein über mehrere Generationen reichendes Dutton-Family-Universum kreiert. Die letzte Staffel der Mutter-Show wird derzeit gedreht – ohne Kevin Costner. Es gab Termin- und andere Probleme mit dem Serienschöpfer Taylor Sheridan. Schliesslich war für Costner der Drang, endlich sein Monumentalwerk «Horizon» zu verwirklichen, grösser als alles, was ihm die etablierte Serie bieten konnte. Die vierteilige Spielfilm-Serie, konzipiert fürs Kino, erzählt von den Vorfahren der heutigen Amerikaner, den damaligen Migranten aus aller Welt, die Stück für Stück ein Plätzchen Erde für sich beanspruchten.
Obwohl Kevin Costner in «Horizon» auch vor der Kamera hoch zu Ross unterwegs ist, gab es Finanzierungsprobleme. Er musste ins eigene Portemonnaie greifen, um das Epos mit einem Ensemble-Cast (nebst Costner: Sienna Miller, Sam Worthington, Luke Wilson, Jena Malone u. a.) aufzugleisen. Zwei Filme sind bereits realisiert, aber das Lebenswerk des Hollywood-Cowboys ist mit Stolpersteinen gespickt. Nachdem «Horizon» die amerikanischen Kinokassen nicht zum Klingeln brachte, wird der zweite Teil, der am Filmfestival von Venedig Anfang September uraufgeführt wurde, vorerst zurückgehalten. An den Festivals von Cannes und Venedig erklärte Costner, wie es mit seinem Monumentalwerk weitergeht, wieso Aufgeben keine Option ist und wie er motiviert bleibt.
Der ewige Lockruf des wilden Westens
«Wie Amerika entstand, fasziniert mich einfach. Da war das Versprechen von Amerika, wenn man es da hinschaffen würde, konnte etwas aus einem werden. Es wurde ein 300-jähriger, 400-jähriger Marsch von der einen Küste bis zur Küste auf der anderen Seite. Es waren nur Tiere und die Menschen da, die mit einem leichten Footprint seit 15000 Jahren auf dem Land lebten und es nicht aufgeben wollten. Es war ein langer Kampf, wie sich das eine Versprechen verankerte und das andere verloren ging. Es war wirklich eine schwierige Zeit. Der wilde Westen ist nicht eine Themen-Ecke im Disneyland. […] Von Zeit zu Zeit zieht es mich zum wilden Westen zurück, weil ich das Drama in der Gesetzlosigkeit spüre, in der Verwirrung der Sprachen und dem Disput um das Land. Ich wollte diese Geschichte der Welt erzählen, aber auch meine Landsleute daran erinnern, was für ein Kampf es war.»
Aller Anfang ist schwer
«Ich habe mit dem Projekt 1988 angefangen. Damals konnte ich es nicht realisieren, aber ich blieb verliebt in diese Idee. Ich habe über all die Jahre auch den Namen Hayes Ellison für die Figur, die ich spiele, beibehalten. Als vor fünfzehn Jahren mein Sohn auf die Welt kam, nannte ich ihn Hayes und schliesslich habe ich ihn sogar im Film gecastet.»
Western ist nicht gleich Western
«Ich lehne die meisten Western ab, denn sie scheinen mir nicht realistisch und die Leute darin wirken nicht authentisch. Es geht um nichts, ausser, dass es am Schluss zu einem Gunfight kommt. Dabei geht um viel mehr: Die Szene in ‹Horizon›, in der alles auf dem Spiel steht, nur weil eine Frau sich mal waschen will, ist ebenso wichtig wie die Action-Szenen. Es ist ein dramatischer Moment, in der wir uns als Publikum fragen, wie wir uns verhalten würden. In diesem Moment entscheiden wir, wer wir im Leben sein wollen.»
Weniger ist mehr
«Ich kenne mich nicht sehr gut mit Spezialeffekten aus. Ich weiss nur, wie man Pferde, Feuer, Fights und Liebesszenen filmt. Ich weiss nicht, wie man Schiffe zum Fliegen bringt. Meine Filme sind daher simpler aufgestellt als andere. Es war für mich auch wichtig, an diesen Originalschauplätzen zu drehen, wo es so schön, aber so schwierig war. Manchmal betrachtete ich vor Drehbeginn den Sonnenaufgang und dachte nur, wie wunderschön dieses Land ist. Aber die Leute, die vor 200 Jahren hier lebten, hielten nicht inne und bewunderten den Sonnenaufgang wie ein Postkarten-Sujet. Den Menschen damals ging es darum, das Gebiet zu erobern und darin zu überleben. Es war einfach nur hart. Ich hingegen lebe mein Wunder – obwohl ich es die ganze Zeit den Berg hinaufstossen muss.»
Money, Money Money
«Am Anfang meiner Karriere wurde ich nicht bezahlt, diesen Job zu machen. Dann wurde mir sehr viel bezahlt, diesen Job zu machen. Und jetzt bezahle ich, um diesen Job zu machen. Aber ich schwöre: Ich verdiene mein Geld auch. Jeden Tag passiert etwas, das mich glücklich macht und mir das Gefühl gibt: Heute habe ich meinen Lohn wirklich verdient. Manchmal gibt es ein Problem zu lösen oder manchmal helfe ich einem Schauspieler, seinen wichtigen Moment zu finden, oder ich verschiebe eine Szene an einen anderen Ort, was das Ganze noch besser und schöner macht. […] Ich drehte ‹Dances with Wolves› in 106 Tagen und den sicherlich imposanteren ‹Horizon› in 52 Tagen. Ich versuche mein Geld und das meines Partners nicht zu verschwenden.»
Hilfe kann überall herkommen
«Ich weiss nicht, wieso es so schwierig war, die Leute [Geldgeber, Anm. d. Red.] zu überzeugen, an den Film zu glauben. Mein Film ist vielleicht nicht besser als andere Filme, aber die anderen Filme sind sicher nicht besser als meiner. Aber ich kenne das: ‹Dances with Wolves›, ‹Bull Durham› und ‹Open Range› waren alle auch schwierig zu finanzieren. Das hat offenbar System bei mir. Und das erste Geld kam jeweils aus dem Ausland, nicht aus den USA. […] Ich versuche nun den dritten Film zu drehen. Ich habe in Cannes an jede Jacht geklopft und die Leute gebeten, ihre Scheckbücher zu zücken und mir zu helfen.»
Die Standing Ovation in Cannes nach der «Horizon»-Premiere war ein unglaublicher Moment für mich. Ich hoffe, dass alle mal ein solches Gefühl erleben wie ich an diesem Abend. – Kevin Costner
Aufgeben kommt nicht in Frage, auch wenn es schwierig ist
«Der erste Teil hat [in den USA] keinen überwältigenden Erfolg gehabt. Das war bei anderen Filmen von mir auch schon so, aber sie haben überdauert. Ich habe diese Angewohnheit: Wenn etwas nicht läuft, will ich es nur noch mehr. Vor allem, wenn ich denke, das Stück Unterhaltung, dass ich abgeliefert habe, wird den Test der Zeit bestehen. Ablehnung ist enttäuschend, da geht es mir nicht anders als anderen. Aber wenn ich nach der ersten Enttäuschung wieder klarsehe, ist mein Wunsch noch grösser weiterzumachen. Da bin ich wie ein Hund mit einem Knochen. Ich lasse nicht los.»
Wenn man an etwas glaubt, riskiert man auch etwas
«Ich hatte Glück im Leben und bin in Besitz von einigen Dingen gekommen. Zum Beispiel Land und Häuser, die mir viel bedeuten. Aber ich brauche nicht vier Häuser. Deshalb setze ich die Häuser aufs Spiel, um die Filme realisieren zu können. Ich wünschte, ich müsste das nicht tun, denn ich würde die Häuser gerne meinen Kindern hinterlassen. Aber sie werden ihr eigenes Leben leben müssen. Wer weiss: Wenn ich nicht fehlkalkuliert habe, kriegen sie die vier Häuser vielleicht doch noch.»
Nach einem Tief gibt es auch wieder ein Hoch
«Die Standing Ovation in Cannes nach der ‹Horizon›-Premiere war ein unglaublicher Moment für mich. Ich hoffe, dass alle mal ein solches Gefühl erleben wie ich an diesem Abend. Ich habe mich gewundert, wie ich überhaupt hier angelangt war. Ich wurde mit so viel Freude und so viel Liebe überhäuft. Das hatte ich nicht erwartet. Und dass meine Kinder auch da waren und das miterlebten, war sehr speziell für mich.»
Teil 2 ist in der Warteschlaufe
«Ich bin dem Filmfestival von Venedig sehr dankbar, dass sie den zweiten Teil gezeigt haben. Egal, wie es damit weitergeht: Der Film ist für die Nachwelt da und steht für sich. Er ist authentisch, unterhaltend und das Publikum wird entscheiden können, ob es das auch findet.»
Der nächste Schritt für Teil 3 und 4
«Alle Teile sind geschrieben. Ich muss mich beeilen, dass der Stein, den ich die ganze Zeit den Berg hinaufrolle, nicht wieder den Berg runtersaust. Ich muss ihn immer wieder von Neuem nach oben stemmen. Aber ich kann das Seil nicht loslassen. Momentan weiss ich nicht, wie ich den dritten Teil mache. Aber ich werde ihn machen.»
Bilder © HFPA
Schreibe einen Kommentar