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Diese 4 Scheidungsirrtümer geistern herum

12.09.2019
von Tina Spichtig

Nicht nur der emotionale, sondern auch der rechtliche Aspekt des Scheidens mag das eine oder andere Paar überfordern. Vereinbarungen wie das Sorgerecht der Kinder, die Unterhaltszahlung oder die Aufteilung des Güterstands müssen gut durchdacht sein. Da kann sich auch schnell die eine oder andere Fehlüberlegung einschleichen. «Fokus» stellt die vier häufigsten Scheidungsirrtümer klar.

Mythen sind manchmal stärker in der Gesellschaft verankert als neue Gesetzesartikel. Dies ist auch beim Thema Scheidung der Fall. Was teilweise vor 20 Jahren so war, wurde in den letzten Jahren erneuert und abgelöst. Um die Irrtümer, welche immer noch in einigen Köpfen lauern, zu beseitigen, nimmt ein Rechtsanwalt des Kantons Zürich Stellung.

Scheidungsirrtum 1: «Wenn ich heirate, schliesse ich einen Ehevertrag ab. Dann ist im Falle der Scheidung schon alles geregelt.»

Dies stimmt nicht ganz. In der Schweiz kann man im Ehevertrag nur den Güterstand bestimmen, welcher die beiden Vermögen der Ehepartner regelt. Dabei kann man die Gütertrennung oder die Gütergemeinschaft wählen. Hat man bei der Hochzeit keinen Ehevertrag abgeschlossen, gilt nach Gesetz die sogenannte Errungenschaftsbeteiligung. Jedoch kann im Ehevertrag weder die Betreuung der Kinder noch den Unterhalt oder die Teilung der Pensionskasse im Voraus geregelt werden. Deshalb ist dieser Mythos nicht korrekt. 

Scheidungsirrtum 2: «Bei einer Scheidung leben die Kinder bei der Frau und der Mann ist lediglich die Bezahlstelle.» 

Dieser Scheidungsirrtum begründet die Rollenverteilung der Geschlechter, was nicht korrekt ist. Das Schweizer Gesetz ist neutral, weshalb es kein Geschlecht bevorzugt oder benachteiligt. Bei der Scheidung orientiert sich das Gericht daran, wie die Rollenverteilung innerhalb der Ehe ausgesehen hat. Da heute immer noch vermehrt die Männer arbeiten und die Frauen mit den Kindern zu Hause sind, bleibt es nach der Scheidung, zumindest während einer gewissen Zeit, bei dieser Rollenverteilung. Für die Kinder muss die Situation bei einer Trennung möglichst stabil bleiben, da das Kindeswohl im Zentrum steht. Deshalb betreuen Mütter diese nach der Trennung in den meisten Fällen weiter, während die Väter hauptsächlich für den Unterhalt der Familie sorgen.

Bei der Scheidung orientiert sich das Gericht daran, wie die Rollenverteilung innerhalb der Ehe ausgesehen hat.

Auf der rechtlichen Ebene hat sich in den letzten Jahren einiges getan, um diese Rollenverteilung zu verändern. Es wurde die gemeinsame elterliche Sorge eingeführt. Ausserdem sind Gerichte heute verpflichtet, zu prüfen, ob die Eltern die Kinder alternierend betreuen können. Dadurch können Väter, die schon während der Ehe die Kinder mitbetreut haben, dies auch nach der Trennung tun.

Bis vor Kurzem war es so, dass die Mutter, die die Kinder betreut hat, nicht verpflichtet war, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen, wenn das jüngste Kind zehn Jahre alt wurde. Bis es 16 Jahre alt war, musste sie 50 Prozent arbeiten. Das Bundesgericht hat im letzten Herbst diese sogenannte 10/16-Regel durch das Schulstufenmodell ersetzt. Nach diesem Modell muss der betreuende Elternteil ab dem Eintritt in die obligatorische Schule des Kindes eine 50-prozentige Erwerbstätigkeit aufnehmen. Kommt das Kind in die Oberstufe, muss sie oder er das Pensum auf 80 Prozent aufstocken. Dadurch reduziert sich die finanzielle Last des nicht betreuenden Elternteils.

Scheidungsirrtum 3: «Während der Ehe gehört das Geld uns beiden. Bei der Scheidung wird dann alles durch zwei geteilt.» 

Für den gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung ist diese Aussage falsch. Während der Ehe bleibt jeder Ehegatte allein Eigentümer seines Vermögens und verfügt darüber. Eine Einschränkung gibt es lediglich, wenn es sich bei diesem Eigentum um die eheliche Wohnung handelt. Wenn man erreichen will, dass das Vermögen beiden Ehegatten gehört, könnte man die Gütergemeinschaft wählen. Dieser Güterstand ist allerdings etwas unpraktisch, insbesondere wegen der Haftungsregelung.

Auch in der Errungenschaftsbeteiligung haftet jeder Ehegatte nur für seine eigenen Schulden.

Bei der Errungenschaftsbeteiligung wird bei der Scheidung nicht alles Vermögen geteilt, sondern nur, was die Ehegatten während der Ehe erwirtschaftet haben, die sogenannte Errungenschaft. Was die Ehegatten schon zu Beginn der Ehe hatten und was sie geerbt oder geschenkt erhalten haben, müssen sie nicht mit dem anderen Ehegatten teilen.

Scheidungsirrtum 4: «Ich möchte bei einer allfälligen Scheidung nicht für die Schulden meines Ehegatten haften, weshalb ich eine Gütertrennung vereinbaren möchte.» 

Um dieses Ziel zu erreichen, muss man keine Gütertrennung vereinbaren. Auch in der Errungenschaftsbeteiligung haftet jeder Ehegatte nur für seine eigenen Schulden. In beiden Güterständen gibt es eine Ausnahme von dieser Regel: Ein Ehegatte kann den anderen verpflichten, wenn er Schulden für die laufenden Bedürfnisse der Familie eingeht. Das wäre der Fall, wenn ein Ehegatte Kinderkleider online bestellt, aber die Rechnung nicht bezahlt. Laufende Bedürfnisse sind aber nicht, wenn ein Ehegatte einen Kleinkredit- oder einen Leasingvertrag abschliesst.

Text Tina Spichtig

An diesen Begriffen kommt man
in einer Ehe nicht vorbei

In der Ehe gibt es drei verschiedene Varianten, wie das Vermögen der Ehepartner geregelt werden kann:

  • Die Errungenschaftsbeteiligung gilt von Gesetzes wegen, ohne dass die Ehegatten etwas regeln müssen. Bei diesem Güterstand wird bei der Scheidung das Vermögen geteilt, das die Ehegatten während der Ehe erwirtschaftet haben.
  • In der Gütergemeinschaft können die Ehegatten in einem gewissen Rahmen das gemeinsame Vermögen definieren. Dieses Gesamtgut wird beim Tod eines Ehegatten hälftig geteilt. Bei der Scheidung werden die Regeln der Errungenschaftsbeteiligung analog angewendet.
  • Bei der dritten Variante, der Gütertrennung, entstehen weder bei der Scheidung noch beim Tod eines Ehegatten güterrechtliche Ansprüche.



Ehepaare können sich auf der Seite des Vereins Fachanwältinnen und Fachanwälte SAV über Themen wie Güterrecht, Scheidung oder Kinder informieren:www.scheidung-divorce.ch

2 Antworten zu “Diese 4 Scheidungsirrtümer geistern herum”

  1. Gut zu wissen, dass im Ehevertrag weder die Betreuung der Kinder noch den Unterhalt oder die Teilung der Pensionskasse im Voraus geregelt werden kann. Mein Onkel möchte mit seiner Freundin einen Ehevertrag wegen der Regelung der Güterstände vor der Eheschließung abschließen. Er wusste aber bisher nicht, dass er den Unterhalt sowie die Kinderbetreuung im Ehevertrag eigentlich nicht regeln kann.

  2. Mein Bruder lässt sich bald scheiden, daher ist es sehr hilfreich über die bekannten Scheidungsirrtümer aufgeklärt zu werden. So ist es beispielsweise gut zu wissen, dass nicht ab dem Schließen des Ehevertrages der Fall der Scheidung geregelt ist. Zusätzlich möchte sich mein Bruder noch von einem kompetenten Anwalt für Familienrecht beraten lassen.

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