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Editorial Pflege Gesundheit

Warum Patient nicht gleich Patient ist

05.12.2020
von SMA

Im Laufe unseres Lebens werden wir alle einmal zum Patienten. Eine Aussage, die kaum abzustreiten und gleichwohl nicht ganz zutreffend ist. Denn während für die meisten Menschen das Patient/-innen-Dasein temporär ist, sind andere ihr Leben lang Patient/-in. Ihnen sollte während der Pandemie unsere besondere Solidarität gelten. 

Susanne Gedamke

Susanne Gedamke

Seit Frühjahr 2020 ist ein Begriff mehr denn je Realität geworden, der für viele von uns häufig nur ein abstraktes Konzept war. Mit der Coronapandemie wurde Solidarität nicht nur zu einem politischen und medialen Schlagwort, sondern zum Anspruch an jeden einzelnen von uns. Solidarität mit Menschen, welche besonders stark von einer Infektion mit dem Coronavirus gefährdet werden können. Aber auch Solidarität mit dem Gesundheitspersonal, welches sich tagtäglich unter erschwerten Bedingungen um die bestmögliche Versorgung der Patient/-innen bemüht. Auch wenn in den vergangenen zehn Monaten unsere Solidarität immer wieder auf die Probe gestellt wurde, ist doch nochmals deutlich geworden, dass nicht nur der Zusammenhalt unserer Gesellschaft, sondern auch der unseres Gesundheitswesens auf diesem Wert beruht.

Chronisch erkrankte Patient/-innen sind von der Coronapandemie doppelt betroffen. Sie müssen sich nicht nur besonders von einer möglichen Ansteckung mit Covid-19 schützen, sondern auch möglicherweise darum bangen, ob ihre (lebens-)wichtigen Therapien weiterhin durchgeführt werden können. Therapieunterbrüche und Nicht-Inanspruchnahme medizinischer Hilfe können dramatische Folgen für die Betroffenen nach sich ziehen. Chronische Patient/-innen sind darüber hinaus sehr häufig auf pflegerische Unterstützung angewiesen, welche sie einem zusätzlichen Infektionsrisiko aussetzt.

Gesundheit und Krankheit sind nicht nur ein medizinisches Ergebnis, sondern werden auch immer durch persönliche Bewertungen und Erfahrungen geprägt. Susanne Gedamke, Geschäftsführerin, Schweizerische Patientenorganisation SPO

Psychische Auswirkungen

So viel zum medizinischen Teil. Die Auswirkungen der Pandemie für chronisch erkrankte Patient/-innen sind jedoch wesentlich vielschichtiger. Gesundheit und Krankheit sind keine statischen Zustände, sondern immer ein fliessender Übergang, der nicht nur von körperlichen, sondern auch psychischen und sozialen Faktoren beeinflusst wird. So gibt es neben den medizinischen auch noch psycho-soziale Aspekte für Menschen mit chronischen Erkrankungen in der Pandemie: Das Leben mit der Krankheit, die Selbstsorge sowie auch das soziale Netzwerk. Gesundheit und Krankheit sind nicht nur ein medizinisches Ergebnis, sondern werden auch immer durch persönliche Bewertungen und Erfahrungen geprägt.

Dass medizinische und psycho-soziale Aspekte nicht immer deckungsgleich sind, zeigt sich auch in der Pandemie. So dämpfen die geltenden Kontaktbeschränkungen unbestritten das Infektionsrisiko, bergen aber gleichzeitig die Gefahr der sozialen Isolation und Vereinsamung. Dies gilt insbesondere für ältere und pflegebedürftige Menschen.

Während der Pandemie zeigt sich deutlicher denn je, dass Patient nicht gleich Patient ist. Chronisch Erkrankte stehen während der Pandemie vor beispiellosen gesundheitlichen Herausforderungen. Schützen wir die Gesundheit besonders gefährdeter Menschen, aber tragen wir ihnen auch Sorge – mit Solidarität und der nötigen Sensibilität für ein Leben mit Krankheit.

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