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50+ Editorial

Wenn Erfahrung Zukunft baut

15.11.2025
von SMA
Hans Rupli,Präsident focus50plus & selbständiger Unternehmensberater

Hans Rupli
Präsident focus50plus & selbstständiger Unternehmensberater

Die Schweiz steht mitten in einer leisen, aber tiefgreifenden Zeitenwende. Seit 2019 treten jedes Jahr mehr Menschen in den Ruhestand, als junge in den Arbeitsmarkt eintreten. Bis 2040 wird die Zahl der Rentnerinnen und Rentner um rund 700 000 Personen steigen, während nur etwa 230 000 neue Arbeitskräfte nachrücken. Diese Entwicklung verändert die Balance zwischen den Generationen, fordert unsere Sozialwerke heraus und stellt Unternehmen, Politik und Gesellschaft vor eine gemeinsame Aufgabe: Wie sichern wir Wohlstand, Innovation und sozialen Zusammenhalt in einer alternden Erwerbsgesellschaft?

Die Schweiz steht dabei im internationalen Vergleich gut da. Bei der Erwerbsbeteiligung der über 50-Jährigen gehört sie zu den führenden Ländern – Ausdruck von Leistungsbereitschaft, Gesundheit und beruflichem Engagement. Bei den über 60-Jährigen hingegen fällt sie ins Mittelfeld zurück. Das zeigt: Wir schöpfen das Potenzial der erfahrenen Mitarbeitenden noch längst nicht aus.

Die alternde Bevölkerung ist kein Problem, sondern eine Folge des Erfolgs. Wir leben länger, gesünder und selbstbestimmter – und viele Menschen wollen auch nach dem Referenzalter aktiv bleiben. Rund die Hälfte der Erwerbstätigen ab 50 Jahren kann sich vorstellen, weiterzuarbeiten, nicht aus Zwang, sondern aus Freude, Sinn und Verbundenheit. Diese Haltung verdient gesellschaftliche und politische Unterstützung, durch flexible Arbeitsmodelle, Teilpensionierungen, projektorientierte Einsätze oder Mentoring-Programme, die Wissen und Erfahrung weitergeben.

Der demografische Wandel ist keine Krise, er ist der Prüfstein für unseren Willen, Zukunft gemeinsam zu gestalten.

Gleichzeitig gilt es, die Anreizsysteme für ein Weiterarbeiten über das Referenzalter zu verbessern. Steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Rahmenbedingungen sollten so gestaltet sein, dass sich Arbeit im höheren Erwerbsalter lohnt – für Arbeitnehmende wie für Arbeitgebende. Denn die Sicherung der Sozialwerke gelingt langfristig nur, wenn Erfahrung als wirtschaftlicher und sozialer Wert verstanden und gefördert wird.

Unternehmen, die auf dieses Potenzial setzen, gewinnen doppelt: Sie sichern wertvolles Know-how und schaffen ein Klima des Respekts und Lernens. Altersdurchmischte Teams sind produktiver, kreativer und stabiler – das zeigen zahlreiche Studien. Sie verbinden Erfahrung mit Innovationskraft, Gelassenheit mit Tempo, Überblick mit Neugier. Eine wertschätzende, gesundheitsfördernde und generationenverbindende Unternehmens- und Führungskultur ist der Schlüssel, um Menschen länger leistungsfähig und motiviert zu halten.

Die Herausforderungen des demografischen Wandels lassen sich nicht mit kurzfristigen Rezepten lösen. Sie erfordern einen neuen Blick auf Arbeit, Führung und Verantwortung. Wer in Zukunft bestehen will, muss lernen, in Potenzialen, statt in Altersgrenzen zu denken. Denn entscheidend ist nicht, wie alt jemand ist, sondern welchen Beitrag er oder sie leisten kann – heute, morgen und darüber hinaus.

Der gesellschaftliche Nutzen dieser Haltung geht weit über den Arbeitsmarkt hinaus. Wenn mehr ältere Menschen erwerbstätig bleiben, entlastet das die Sozialwerke, stärkt den Generationenvertrag und fördert das Vertrauen zwischen Jung und Alt. Ein offener Umgang mit dem Alter verändert die Kultur des Miteinanders – weg vom Defizitdenken, hin zu einer Haltung der Wertschätzung und Gemeinsamkeit.

Erfahrung baut Zukunft, wenn wir sie zulassen. Die Generation 50 plus ist kein Kapitel, das endet, sondern ein Fundament, auf dem die Schweiz ihre Zukunft bauen kann: mit Wissen, Verantwortung, Gesundheit und Mut zur Veränderung. Der demografische Wandel ist keine Krise, er ist der Prüfstein für unseren Willen, Zukunft gemeinsam zu gestalten.

Text Hans Rupli, Präsident focus50plus & selbstständiger Unternehmensberater

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