organisch geformtes, geschwungenes gebäude, komplett aus holz gebaut. aufnahme aus niedriger perspektive. symbolbild nachhaltiges bauen
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Deutschland Nachhaltigkeit Bau & Immobilien

Zukunft baut sich anders

22.10.2025
von SMA

Holz statt Beton, Hightech statt Bauromantik: Die Branche erfindet sich neu. Nachhaltiges Bauen wird vom Nischenthema zum Wirtschaftsfaktor, getrieben von Klimazielen, Innovation und Kostenbewusstsein.

In Norwegen ragt mit dem Mjøstårnet eines der höchsten Holzhochhäuser der Welt in den Himmel. 85 Meter hoch und 18 Stockwerke umfassend ist es fast vollständig aus Holz gebaut und damit das Symbol einer Branche im Umbruch. Denn die Bauwirtschaft verursacht fast die Hälfte der weltweiten CO2-Emissionen. Angesichts steigender Energiepreise und strengerer Klimaziele suchen Bauunternehmen, Architekturbüros und Investoren nach neuen Wegen. Diese führen zu neuen Materialien, hybriden Bauweisen und einer Rückbesinnung auf Ressourcen, die Wirtschaftlichkeit und Klimaschutz vereinen sollen.

Beton trifft Massivholz

Die Holz-Hybrid-Bauweise gilt als vielversprechendster Ansatz. Holz, Beton und Stahl werden kombiniert, sodass jedes Material seine Stärken ausspielt: Beton für Fundamente, Holz für Decken und Wände. Die Verbindung sorgt für Stabilität, geringes Gewicht und spart CO2.

Holz wirkt als natürlicher Kohlenstoffspeicher. Eine Tonne verbautes Holz bindet rund eine Tonne CO2. Durch die leichtere Bauweise können Fundamente kleiner dimensioniert werden, was Kosten senkt. Serielle Vorfertigung in Werkhallen ermöglicht wettergeschützte, millimetergenaue Module, die auf der Baustelle nur noch zusammengesetzt werden. Das spart Bauzeit, Lärm und Abfall. Studien zeigen, dass sich Projekte auf diese Weise bis zu 30 Prozent schneller umsetzen lassen.

Die Holz-Hybrid-Bauweise gilt als viel­versprechendster Ansatz.

Inzwischen ist die Technik ausgereift, in Deutschland wächst das Interesse rasant. Hybridbauten entstehen im Wohnungs-, Büro- und Gewerbebe, immer mehr Städte schreiben Holzbau in Ausschreibungen fest. Nachhaltigkeit wird zum Standard, nicht zur Ausnahme.

Beton und Stahl werden grüner

Auch klassische Baustoffe wandeln sich. Zement, einer der größten Klimasünder, verursacht rund acht Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen. Die Branche reagiert mit CO2-reduziertem Zement mit weniger Klinkeranteil und mehr Recyclingmaterial. Zudem entstehen Verfahren, bei denen CO2 direkt im Werk abgeschieden und gespeichert wird.

Beim Stahl ersetzt Wasserstoff zunehmend Kohle im Hochofen. In verschiedenen Städten entstehen Anlagen für grünen Stahl, der laut Industrieangaben nahezu emissionsfrei ist. Damit können künftig auch tragende Strukturen klimaneutral entstehen.

Parallel erleben natürliche Baustoffe ihr Comeback. Lehm, Hanfbeton und Bambus sind lokal verfügbar, energiearm herzustellen und vollständig recycelbar. Lehm verbessert die Raumluft, Hanfbeton dämmt gut, Bambus gilt in Asien als »Naturstahl«. Solche biobasierten Materialien sind heute technologisch konkurrenzfähig und erweitern das Repertoire moderner Architekt:innen.

Eine Branche im Wandel

Skandinavien und die Niederlande zeigen, wie groß nachhaltiges Bauen werden kann, doch auch Deutschland holt auf. In Hamburg steht mit dem Hochhaus »Roots« ein Symbol der Holzbau-Renaissance, in Berlin entsteht mit dem »WoHo« der künftig höchste Holz-Hybrid-Turm Deutschlands.

Im Gewerbebau entstehen in Düsseldorf und Frankfurt erste Bürogebäude aus Holz und Beton, die konventionellen Hochhäusern ebenbürtig sind. Viele Holzgebäude in Deutschland sind heute Hybride. Dieser Pragmatismus macht nachhaltiges Bauen massentauglich.

Die Branche lernt rasant, neue Brandschutzkonzepte, digitale Planungsmethoden wie BIM und strengere Energieanforderungen fördern Innovation. Bauunternehmen investieren in Fertigungsanlagen für Brettsperrholz, Hochschulen bilden Fachkräfte aus, Banken entwickeln grüne Finanzierungen.

Natürlich bleibt es ein Balanceakt zwischen Ökologie und Ökonomie. Holzpreise schwanken, Recyclingprozesse sind aufwendig und die Umstellung kostet Zeit. Doch die Richtung ist klar: Nachhaltiges Bauen wird zur wirtschaftlichen Notwendigkeit. Unternehmen, die jetzt umstellen, sichern sich Vorteile durch niedrigere Betriebskosten, regulatorische Sicherheit und ein starkes Nachhaltigkeitsimage.

Die Bauindustrie erlebt den größten Wandel seit der Einführung des Stahlbetons. Hybride Bauweisen, grüne Materialien und digitale Prozesse verändern, wie wir planen, bauen und denken. Was früher Vision war, wird Realität: Gebäude, die CO2 speichern statt ausstoßen.

Nachhaltiges Bauen ist längst kein Idealismus mehr, sondern ein handfestes Geschäftsmodell. Denn wer heute investiert, baut nicht nur Gebäude, sondern Zukunft.

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